Peinliche Niederlage

Chorherr-Freispruch: Nächste Blamage für WKStA

Gericht
25.01.2023 05:59

Zwei glatte Freisprüche in zwei großen Verfahren innerhalb weniger Tage. Es ist nicht die erste, aber eine besonders peinliche Blamage für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA).

Am Montag wurden der ehemalige Grün-Politiker Christoph Chorherr sowie alle mit ihm angeklagten Personen am Straflandesgericht Wien vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs und der Bestechlichkeit bzw. Bestechung freigesprochen.

Mangelhafte Anklage im Chorherr-Prozess
Nicht nur das: Dieses Verfahren offenbarte eklatante Fehler und Mängel seitens der Anklagebehörde. So wurde Chorherr in der Anklageschrift fälschlicherweise als Planungsstadtrat der Wiener Stadtregierung tituliert, obwohl er nur Planungssprecher seiner Partei war. Die WKStA hat es zudem in vier Jahren Ermittlungen nicht geschafft, den mitangeklagten Investor René Benko vor der Anklage einzuvernehmen, was sein Anwalt Stefan Prohaska als „sehr bestürzend“ kritisiert.

Schon vor zwei Wochen erlebte die WKStA eine beachtliche Niederlage. Im Verfahren um den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf)  wurden sowohl Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als auch der Privatklinikbetreiber Walter Grubmüller freigesprochen. Der Verdacht lautete, Grubmüller hätte für Spenden an die FPÖ von insgesamt 12.000 Euro einen - in der parlamentarischen Praxis aussichtslosen - Initiativantrag der damaligen Oppositionspartei zur Aufnahme aller Privatkliniken in den Prikraf erkaufen wollen.

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Jeder kann Rechtsmittel in einem Rechtsstaat einlegen, aber es erzeugt ein komisches Gefühl.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler

Zuerst Urteil aufgehoben, dann Freispruch
In dem Verfahren gab es zunächst in erster Instanz eine Verurteilung, gegen die Strache berufen hatte. Daraufhin wurde das Urteil wegen Widersprüchen aufgehoben und der Prozess musste wiederholt werden. Diese Wiederholung endete mit glatten Freisprüchen. Die Staatsanwaltschaft legte trotzdem Rechtsmittel ein, was wiederum bei manchen Beobachtern für Verwunderung sorgte. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler von der ÖVP meinte etwa: „Das ist jetzt auch für mich als ehemalige Richterin nicht per se sofort erklärbar. Jeder kann Rechtsmittel in einem Rechtsstaat einlegen, aber es erzeugt ein komisches Gefühl.“

Strache hat einige Verfahren am Hals, viel ist aber auch bei allen anderen noch nicht herausgekommen. Im Juli wurde er am Wiener Landesgericht vom Vorwurf der Bestechlichkeit freigesprochen, ebenso der mitangeklagte Unternehmer Siegfried Stieglitz. Strache war vorgeworfen worden, für Spenden an einen FPÖ-nahen Verein Stieglitz einen Aufsichtsratsposten in der Asfinag verschafft zu haben. Aus Sicht des Erstgerichts reichte in diesem Fall die Beweislage nicht für Schuldsprüche aus, diese Entscheidung ist allerdings nicht rechtskräftig.

Schöffen: Kein Amtsmissbrauch von Waldhäusl
Mit einem Freispruch endete im September auch der Prozess gegen den niederösterreichischen FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl und eine ehemalige Landesbedienstete. In diesem Verfahren ging es um den Vorwurf des Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit der Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in der Asylunterkunft Drasenhofen. Die WKStA hatte dem Freiheitlichen und der ehemaligen Landesbediensteten Amtsmissbrauch vorgeworfen, weil das Quartier ungeeignet für Minderjährige gewesen sei. Die Jugendlichen seien „einer ihre Persönlichkeit destabilisierenden Maßnahme unterworfen worden“. Dem Urteil des Schöffensenats zufolge war die Unterkunft dagegen „nicht per se ungeeignet“.

Auch der Prozess um den angeblichen Förderbetrug im Zusammenhang mit der Mehrzweckhalle Multiversum in Schwechat endete im März 2022 mit neun Freisprüchen und lediglich einem Schuldspruch. Ebenfalls schiefgelaufen ist die Causa rund um den Wiener Stadterweiterungsfonds. Das umstrittene Verfahren gegen Beamte im Innenministerium endete 2021 mit Freisprüchen. Die Staatsanwaltschaft hatte den vier Angeklagten - der ehemalige Geschäftsführer des Fonds sowie ein ehemaliger und zwei aktive Sektionschefs - vorgeworfen, Geld zweckwidrig verwendet zu haben. Das Wiener Landesgericht konnte den Argumenten der Anklage aber nicht folgen und sprach sie von den Vorwürfen frei.

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Der Rechtsstaat ist kein Fußballspiel, wir spielen kein Match.

Ilse-Maria Vrabl-Sanda, Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA)

Die einzige nennenswerte Verurteilung, die die WKStA erwirkt hat, liegt schon zwei Jahre zurück und ist nicht rechtskräftig. Es war dies der Buwog-Prozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der 2020 zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Einen Termin für die Berufungsverhandlung gibt es noch nicht.

Chefin wies Kritik zurück
Die Behördenleiterin Ilse-Maria Vrabl-Sanda wies vor wenigen Tag Kritik an der Arbeit der WKStA zurück. „Der Rechtsstaat ist kein Fußballspiel, wir spielen kein Match“, sondern die WKStA erfülle einen rechtsstaatlichen Auftrag. Oft würden Fälle schon im Vorfeld erledigt, ohne Verfahren. Gibt es einen „zumindest vagen Verdacht“, müsse zwingend ein Verfahren eingeleitet werden - und das sei dann „ganz der Anfang, weit weg von einem Schuldspruch“. Ein Beschuldigtenstatus sei deshalb „keine Vorverurteilung“ - und eine Einstellung eines Verfahrens auch kein Misserfolg. Vor allem dann nicht, wenn damit ein Sachverhalt aufgeklärt wurde oder Reformen (etwa die Strafbarkeit von Mandatskauf) angestoßen würden.

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