Warum ist es wohltuend, anderen beim Scheitern zuzusehen, warum lernt man daraus vielleicht sogar etwas für sich? Und warum soll Verzicht etwas Nährendes an sich haben? Regisseur Martin Gruber spricht im Interview über das neue Stück des aktionstheaters - und damit auch über gesellschaftspolitisch relevante Entwicklungen.
„Krone“: Für das neue Stück haben Sie zwei bereits bestehenden Stücken, „Pension Europa“ und „Die große Show“, einen Remix verpasst - wie kam das?
Martin Gruber: Es gibt etwas in diesen beiden Stücken, das zusammengehört. Ein Thema, das bereits seit Jahren virulent ist: der Wunsch, wahrgenommen zu werden. Egal, um welche Art von Konflikt es geht, sei es politisch oder persönlich: Wir alle haben ein relativ großes narzisstisches Problem dabei. Wir alle schreien: Nimm mich wahr, siehst du nicht, wie´s mir geht? Da spielt auch die (inter)nationalpolitische Ebene eine Rolle: Umweltkrise, Krieg, Inflation und so weiter. Es fühlt sich doch mittlerweile so an, als ob uns die Zukunft etwas abhandengekommen wäre. Diese Sehnsucht, dass in der Zukunft immer das Besserwerden liegt, kann nicht mehr gestillt werden. So flüchten wir uns in die Selbstoptimierung, in die eigene Bubble, von der gibt es ja tausende. Dorthin, wo man sich bestätigt fühlt. Das zeigen auch beide Stücke. In „Die große Show“ trifft Babett, die es mit 60 noch einmal richtig krachen lassen möchte, auf einen Vertreter der Last Generation. Ihm geht es um Zukunft, um Hoffnung. Dann ist da noch Michaela, die auch so tut, als ob es ihr um die Zukunft ginge, in Wirklichkeit aber geht es ihr nur um sich selbst. Diese drei Generationen knallen aufeinander - und alle versuchen, etwas festzuhalten, das nicht mehr festzuhalten ist.
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