Anrainer verzweifelt

OÖ: Flüchtlingszelte stehen 2 Meter neben Siedlung

Oberösterreich
16.10.2022 09:00

Bei einem „Krone“-Lokalaugenschein in St. Georgen im Attergau in Öberösterreich gibt es nach der Entscheidung, 100 weitere Asylwerber in Thalham einzuquartieren, massive Kritik. Bevölkerung und Lokalpolitik fühlen sich von der Entscheidung der Bundesregierung überrollt, Proteste sind geplant.

„Ich habe so eine Wut. Über uns wird drübergefahren, und man degradiert uns zu Lückenbüßern. Kommunikation ist dabei nicht angesagt – sucht man Ansprechpartner, wird man überall nur abgeschasselt“, sagt Bürgermeister Ferdinand Aigner (ÖVP) aus St. Georgen/A. „Das ist nicht die feine Art“, pflichtet ihm Grün-Gemeinderat Reinhard Kaiblinger bei und übt Kritik an der Unterbringung in Zelten: „Ein Wahnsinn, bei niedrigen Temperaturen!“

Nach der Hiobsbotschaft vom Freitag aus dem Innenministerium, dass am Gelände der Erstaufnahmestelle (EAST) Thalham Zelte für bis zu 100 männliche Flüchtlinge aufgestellt werden, folgte am Samstag der nächste Schlag: Die Zelte wurden direkt neben einer Siedlung platziert.

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Sie haben uns nur zwei Meter neben der Grundgrenze die Zelte aufgestellt. Schon bisher war es so, dass ständig Müll über die Hecke geworfen wurde.

Anrainerin Monika Breitenthaller

Kinderzimmer nur 9 Meter entfernt
„Das Zimmer unseres Neunjährigen liegt nur fünf Meter entfernt. Es gab schon bisher in der Nacht einen riesigen Lärmpegel, er wacht oft auf. Jetzt sind wir am Verzweifeln. Wie sollen unsere Kinder zum Schlafen kommen?“, fragt Monika Breitenthaller (29).

Auch ihre Nachbarin Herma Pesl ist empört: „Es wird immer schlimmer, andauernd gibt es Probleme. Vom Fenster aus sehe ich, wie sie Alkohol ins Lager schmuggeln, und dann gibt es meist einen Wirbel. Meine Mieter haben ein kleines Kind, ich fürchte, sie ziehen jetzt aus.“

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Solange auch Familien einquartiert waren, hat es nie etwas gegeben. Jetzt sind fast nur junge Burschen da. Die Frauen in der Nachbarschaft haben deshalb Angst.

Anrainerin Herma Pesl

Wohnortwechsel
Barbara Fürbass (28) und ihre Familie überlegen ernsthaft, den Wohnort zu wechseln: „Wir sind extrem besorgt. Schon jetzt gibt es ständig Vorfälle im Lager, bei denen die Polizei einschreiten muss – Alkohol, Drogen und Streitereien. Manche Flüchtlinge gehen ungefragt auf Grundstücke und in Garagen oder liegen betrunken vor der Haustür.“

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Wir fühlen uns im Stich gelassen. Für die Probleme gab es schon bisher keine Lösung, jetzt kommen 100 Männer dazu.

Barbara Fürbass

Auch im Modegeschäft von Cynthia Simai (53) gab es unangenehme Vorfälle. „Ich bin schon oft genug am Gericht und bei der Polizei gesessen“, so die Unternehmerin. Gruppen, aus bis zu acht Männern, würden kommen und nichts kaufen. Sie hat eine Kamera installiert.

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Schon bei der Flüchtlingswelle im Jahr 2015 ist bei uns sehr viel gestohlen worden. Einige habe ich in flagranti erwischt

Unternehmerin Cynthia Simai

Bürgermeister Aigner plant parteiübergreifende Protestaktionen: „Notfalls sperren wir die Autobahn.“

„Krone“-Kommentar: Krisenmanagement geht anders
Es ist leider ein erbärmliches Bild, das die Bundespolitik im Fall der aktuellen Flüchtlingswelle abgibt. Seit Monaten steigen die Asylwerberzahlen sprunghaft an. Dass dringend neue Quartiere benötigt werden, war absehbar. Doch anstatt vorzubauen, legte man offenbar die Hände in den Schoß und wartete die Bundespräsidentenwahl ab. Um jetzt urplötzlich Alarm zu schreien und in einer Hauruckaktion Zelte in der EAST Thalham aufzubauen. Und das in einer Gemeinde, die in Bezug auf Flüchtlinge ohnehin seit Jahren überstrapaziert wird. Die Suppe soll halt einmal mehr die dortige Bevölkerung auslöffeln. Das nennt sich dann Krisenmanagement!

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