Soldat in SS-Uniform

Wegen Milderungsgründen nur Geldstrafe beantragt

Österreich
14.10.2022 13:27

Im Fall des Unteroffiziers, der trotz Tragens einer SS-Uniform weiter im Heer tätig sein darf, hat der Disziplinaranwalt des Verteidigungsministeriums im Verfahren nur eine Geldstrafe und keine Entlassung beantragt. Das geht aus der Entscheidung der Bundesdisziplinarbehörde hervor. Dem Soldaten wurden mildernde Gründe angerechnet. Künftig soll jede rechtskräftige Verurteilung nach dem Verbotsgesetz bei Beamten automatisch zu einem Amtsverlust führen, und zwar unabhängig von allfälligen disziplinarrechtlichen Schritten, kündigten Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Freitag an.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) hatte am Donnerstagabend im Nationalrat angekündigt, dass sie nächste Woche eine Kommission zum Thema der „Bekämpfung von staatsfeindlichen Tendenzen“ einrichten werde. Dies soll zur Vermeidung derartiger Fälle die nötigen gesetzlichen Maßnahmen - Änderung des Beamten-Dienstrechts und des Strafgesetzbuches - ausarbeiten.

Tanners „Reumütigkeit“ komme „viel zu spät“, befand SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer am Freitag. „Die Ministerin hätte viel früher eingreifen und dem Disziplinaranwalt eine Weisung zukommen lassen müssen, um eine Entlassung des Beamten zu fordern“, meinte er. „Die Ministerin hatte ihre Chance, sich einzusetzen.“ Eine Gesetzesänderung sei notwendig, „weil man sich offensichtlich nicht darauf verlassen kann, dass gewisse Minister*innen ihre Hausaufgaben erledigen“, meinte Laimer.

Gesetzesänderung geplant
Um solchen Diskussionen künftig vorzubeugen, plant die Regierung nun eine Gesetzesänderung. Zadić und Edtstadler rückten am Freitagnachmittag aus, um per Aussendung zu verkünden, dass man gemeinsam einen Vorschlag für eine Gesetzesänderung erarbeiten werde. Ziel ist es, dass künftig jede rechtskräftige Verurteilung nach dem Verbotsgesetz bei Beamten automatisch zu einem Amtsverlust führt, und zwar unabhängig von allfälligen disziplinarrechtlichen Schritten.

„Wer nach dem Verbotsgesetz verurteilt ist, hat im Staatsdienst nichts zu suchen“, unterstrich Zadić. „Nationalsozialistische Wiederbetätigung widerspricht allem, wofür wir als Österreich stehen“, erklärte auch Edtstadler. Die Novellierung des Verbotsgesetzes sei sowohl in der „Nationalen Strategie gegen Antisemitismus“ als auch im Regierungsprogramm vorgesehen. „Die Umsetzung dieser Maßnahme hat höchste Priorität.“

Die in der Kritik stehende Verteidigungsministerin Tanner bekräftigte in einer Stellungnahme, dass sie für derartiges Fehlverhalten „überhaupt kein Verständnis“ habe und sie eine Kommission zur Bekämpfung staatsfeindlicher Tendenzen einrichten wolle. Nun gehe man einen Schritt weiter, denn der Fall zeige, „wie wichtig die Nachschärfung bei legistischen Maßnahmen in diesem Bereich ist“.

Die Bundesdisziplinarbehörde erkannte den Oberstabswachtmeister - wie berichtet - am 15. September „schuldig“ der nationalsozialistischen Wiederbetätigung. Der Oberstabswachtmeister wurde daraufhin im November des Vorjahres „mit sofortiger Wirkung (...) vorläufig vom Dienst enthoben“, der Akt wurde der Disziplinarbehörde vorgelegt, wie aus der Entscheidung der Bundesdisziplinarbehörde hervor, die der APA vorliegt. Im Juli wurde der Soldat vor einem Landesgericht rechtskräftig zu zehn Monaten bedingter Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe von 1200 Euro verurteilt. Die Disziplinarbehörde setzte nach der Disziplinaranzeige ein mündliche Verhandlung für Mitte September an.

„Reumütiges Geständnis“
Dort legte der Beschuldigte laut dem Entscheid „ein umfassendes und reumütiges Geständnis ab“. „Er beteuerte glaubhaft, dass es ihm sehr leidtue und ein derartiges inakzeptables Verhalten nicht mehr vorkommen würde.“ Die Tathandlungen seien unter Alkoholeinfluss erfolgt, behauptete der Soldat, „er distanziere sich von den Gräueltaten des Nationalsozialismus und habe damit nichts zu tun“. Die Knallkörper habe er „wohl versehentlich nach einer Übung mit nach Hause genommen und vergessen“. Der Bataillonskommandant attestierte dem Beschuldigten im Verfahren eine „zufriedenstellende Dienstleistung“, bisher habe es keine disziplinären Verfehlungen gegeben.

Der vom Ressort bestellte Disziplinaranwalt verwies auf die Möglichkeit einer Entlassung, beantragte schließlich aber nur eine Geldstrafe von knapp 5000 Euro: „In den Schlussworten führte der Herr Disziplinaranwalt beim BMLV (DiszAnw) aus, dass der Disziplinarbeschuldigte durch seine Tathandlungen vorsätzlich gegen seine Dienstpflichten verstoßen habe“, heißt es in der Entscheidung. „Nach der Rechtsprechung des VwGH komme aufgrund des Treueverlustes die Disziplinarstrafe der Entlassung in Betracht. Aus generalpräventiven Gründen sowieso, allerdings sei in diesem Fall eine Geldstrafe ausreichend.“ Das Strafgericht, argumentierte der Disziplinaranwalt, hätte bereits durch eine mehr als einjährige Freiheitsstrafe den Amtsverlust bewirken können, nahm aber davon Abstand.

Positive Zukunftsprognose geortet
Bei der Strafbemessung sei „von einer sehr schweren Dienstpflichtverletzung auszugehen“, da von Dienstgeberseite nationalsozialistische Wiederbetätigung nicht geduldet werde, argumentierte der Disziplinaranwalt demnach weiter. Doch die spezialpräventiven Aspekte würden ob des einsichtigen Verhaltens und der ehrlich gemeinten Besserungsabsicht in den Hintergrund treten, zudem liege eine positive Zukunftsprognose vor.

Mehrere Milderungsgründe
Die Disziplinarbehörde folgte schließlich dieser Argumentation. Die Kommission wertete „mehrere Dienstpflichtverletzungen“ als „straferschwerend“, führte aber auch einige Milderungsgründe an: ein reumütiges Geständnis, Distanzierung, Unbescholtenheit, die bisherige Dienstleistung und positive Zukunftsprognose. Bei der Höhe der Geldstrafe wurde auf die „angespannte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“, Sorgepflichten für fünf Kinder und die schwere Erkrankung seiner Ehefrau, verwiesen. Der Soldat wurde letztlich zu einer Geldstrafe in der Höhe von 4320 Euro (und einem Kostenbeitrag von 360 Euro) verurteilt. Er „möge die milde Bestrafung als Vertrauensvorschuss sehen, dass er in Zukunft derartige Dienstpflichtverletzungen unterlässt.“

Der Betroffene wird laut Ministerium nunmehr „in einer nicht militärischen Funktion im Rahmen seines Beamtendienstverhältnisses verwendet“.

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