„Historisch“

Ukraine jetzt offiziell Beitrittskandidat zur EU

Ausland
23.06.2022 22:51

Wie die „Krone“ vor Ort erfahren hat, verlieh der EU-Gipfel in Brüssel am Donnerstag der Ukraine und Moldau offiziellen EU-Beitrittskandidatenstatus. Es habe auch eine Klärung bezüglich der Beitrittsbestrebungen des Westbalkans und von Georgien gegeben. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach indessen via Twitter von einem einzigartigen und historischen Moment in den bilateralen Beziehungen.

Während vorerst von einer langen Debatte ausgegangen wurde, ging es dann doch recht schnell mit der Entscheidung: „Es war eine intensive Debatte, die dreieinhalb Stunden gedauert hat“, berichtet Kanzler Karl Nehammer der „Krone“.

EU-Ratspräsident Charles Michel twitterte kurz nach dem Entschluss: „Ein historischer Moment. Heute ist ein entscheidender Schritt auf Ihrem Weg in Richtung EU. Michel gratulierte dem ukrainischen Premier Wolodymyr Selenskyj und der moldauischen Präsidentin Maia Sandu und den Völkern der Ukraine und Moldaus. „Unsere Zukunft ist zusammen."

Der EU-Kandidatenstatus ist noch keine Entscheidung über die Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen. Dazu ist wieder ein einstimmiger Beschluss der EU-Staaten erforderlich. Österreich hat eine Gleichbehandlung der Westbalkanstaaten verlangt, insbesondere von Bosnien-Herzegowina, das auch noch keinen offiziellen Kandidatenstatus hat - laut „Krone“-Informationen wurde Bundeskanzler Karl Nehammer bei diesem Thema auch sehr deutlich.

Österreich drängte auf Reformen
Nicht ohne Erfolg. Bosnien und Herzegowina wurde in Aussicht gestellt, dieses Jahr noch den Beitrittskandidatenstatus zu bekommen. Dafür ist aber eine Wahlrechts- und Verfassungsreform nötig. Die restlichen Westbalkan-Staaten, die Gipfel-Thema waren, mussten ergebnislos abreisen.

Europäische Perspektive für Georgien
Michel teilte außerdem mit, der Gipfel habe Georgien eine europäische Perspektive gegeben. Die EU sei bereit, dem Land den Kandidatenstatus zu verleihen, sobald es die von der EU verlangten Prioritäten angehe. „Georgiens Zukunft liegt in der EU“, twitterte der EU-Ratschef.

Selenskyj hocherfreut
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich naturgemäß erfreut über die Entscheidung: „Die Zukunft der Ukraine liegt in der EU“, schrieb er auf Twitter. Auch er sprach von einem „historischen Moment“.

Karas: „Intensivste Zeit seit 1945“
EU-Parlamentsvizepräsident Othmar Karas sagte zu österreichischen Journalisten, dass in diesen Tagen „historische Entscheidungen getroffen werden. Wir leben in der intensivsten Zeit seit 1945.“ Von der EU erwarte man sich, so Karas sinngemäß, dass sie ihre Versprechungen einhalte. Er befürworte die Verleihung des Kandidatenstatus für die Ukraine und die Republik Moldau.

Versprechen an Ukraine sind nicht einzuhalten
Einige Fragen bleiben aber weiterhin unbeantwortet. Schon Tage vor dem Gipfel war in Brüssel ein immenser Optimismus vernehmbar, dass die Ukraine und die Republik Moldau den Beitrittskandidatenstatus erhalten werden. Obwohl etwa einige Länder, wie eben auch Österreich, große Bedenken haben.

Der Kanzler sagte zuletzt, dass eine Zustimmung Österreichs an Bedingungen geknüpft sei, wie ein Ende der Ungleichbehandlung der Westbalkan-Länder. Was hat seine Meinung geändert? Es sei nicht nur seine Meinung gewesen, sagte der Kanzler in einer ersten Reaktion, sondern eben auch anderer Mitglieder.

Aber: „Die EU-Kommission hat einen Evaluierungsberichtabgeliefert. Und dieser besagt, dass für die Ukraine und die Republik Moldau dieser Status gerechtfertigt ist. Das heißt nicht, dass über einen Beitritt verhandelt wird.“ Und: „Es bedeutet nicht, dass wir in den Kriegin der Ukraine reingezogen werden.“

Zudem ist nicht absehbar, wie lange der Krieg in der Ukraine noch dauern wird und wer ihn gewinnen wird. Sowohl ein russischer Sieg als auch eine Teilung der Ukraine machen einen EU-Beitritt obsolet. Und solange Krieg im Land herrscht, ist davon ohnehin nicht zu reden. Warum man der Ukraine ein Versprechen gibt, das man im Grunde nicht wird halten können, ist unklar.

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