Nach der Vorarlberger Wirtschaftsbund-Affäre droht einer weiteren Teilorganisation der ÖVP Ungemach: Der oberösterreichische Seniorenbund hat aus dem „Non Profit Organisationen-Unterstützungsfonds“ fast zwei Millionen Euro Corona-Hilfen kassiert - obwohl Parteien und ihre Teilorganisationen davon ausgeschlossen sind. Der Seniorenbund argumentiert, dass er das Geld nicht für Parteiarbeit nutze. Zudem habe das Sozialministerium empfohlen, Ausfälle so abzufedern. Das Ministerium weist diese Darstellung aber zurück. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) prüft nun Rückforderungen.
Der bei Kogler angesiedelte NPO-Fonds wurde im Frühjahr 2020 eingerichtet, um gemeinnützige Vereine und andere Non-Profit-Organisationen sowie Einrichtungen anerkannter Glaubensgemeinschaften und Freiwillige Feuerwehren durch die Corona-Krise zu bringen. Mehr als 50.000 Anträge wurden bisher ausgezahlt. Im Zuge einer parlamentarischen Anfrage der NEOS über die Auszahlungen in Oberösterreich haben sich nun Hinweise ergeben, dass der NPO-Fonds Zahlungen an Organisationen geleistet hat, die möglicherweise als Teilorganisationen der ÖVP anzusehen sind.
Darunter sind geringere Auszahlungen unter 11.000 Euro an den oberösterreichischen Wirtschaftsbund, Bauernbund, die Schülerunion und die Junge Volkspartei. Auch der Ring Freiheitlicher Jugend bekam eine Auszahlung. Der Geldfluss an den Oberösterreichischen Seniorenbund und seine Ortsgruppen sticht aber besonders ins Auge: Exakt 1.915.194,14 Euro sind für den Auszahlungszeitraum Juli 2020 bis März 2022 vermerkt. Bei einem Antrag müssen die Organisationen ausdrücklich bestätigen, dass „kein Ausschlussgrund“ gemäß NPO-Fonds-Richtlinienverordnung vorliegt. Dort ist festgehalten, dass politische Parteien laut Gesetz nicht förderungsfähig sind. Der Begriff „politische Partei“ meint demnach alle Landes-, Bezirks- und Gemeindeorganisationen sowie alle „nach thematischen Kriterien oder solchen der Interessenvertretung definierten Teilorganisationen“.
Durch Doppelexistenz getrickst?
Der oberösterreichische Seniorenbund argumentiert nun, dass er die Förderung nicht als Parteiorganisation beantragt habe, sondern für seinen gleichnamigen Verein. Laut Landesgeschäftsführer Franz Ebner führt der Seniorenbund nämlich eine Doppelexistenz als Teilorganisation der ÖVP und als gemeinnütziger Verein. In einer schriftlichen Stellungnahme betont Ebner, dass es eine strikte finanzielle Trennung zwischen beiden Organisationen gebe. Allerdings räumt er ein, dass Parteiorganisation und Verein weitgehend ident sind: Obmann ist in beiden Fällen Ex-Landeshauptmann Josef Pühringer, Geschäftsführer ist in beiden Fällen er selbst (bezahlt vom Verein, nicht von der Partei). Auch die Mitglieder sind weitgehend deckungsgleich.
Dass der Seniorenbund mit der Förderung eine Gesetzeslücke ausgenützt hat, weist Ebner dennoch zurück. „Das sehe ich nicht so, denn es gibt zwei Organisationen.“ Außerdem habe das Sozialministerium dem Seniorenrat empfohlen, Einnahmenausfälle in der Corona-Krise über den NPO-Fonds abzufedern. Und im Seniorenrat sitze eben auch der Seniorenbund. Einnahmen seien etwa ausgefallen, weil man den jährlichen Seniorenball zweimal nicht organisieren konnte, betont Ebner. Einer Prüfung sehe er gelassen entgegen, weil die Anträge gemeinsam mit den Steuerberatern korrekt eingebracht worden seien und es „strikt getrennte Kassen“ zwischen Partei und Verein gebe.
Ministerium weist Darstellung zurück
Im Sozialministerium wies man die Darstellung des Seniorenbundes gegenüber der APA am Mittwoch zurück: Der Seniorenrat als überparteiliche Organisation habe um eine Sonderförderung angesucht, um die Folgen der Corona-Krise abzufedern. Man habe den Seniorenrat dann über alle bestehenden Fördermöglichkeiten informiert - es habe „zu keinem Zeitpunkt Förderzusagen in diesem Zusammenhang“ gegeben. Zudem betonte das Sozialministerium, „dass es selbstverständlich in der Verantwortung der einreichenden Organisationen liegt, selbst sicherzustellen, dass alle Förderkriterien und -vereinbarungen eingehalten werden“.
In Koglers Ressort hegt man nach den Hinweisen nun aber jedenfalls Zweifel, ob die Förderungen an den Seniorenbund rechtmäßig waren: Das Ministerium hat die Förderbank des Bundes, AWS, über die der Fonds abgewickelt wird, mit einer Nachprüfung beauftragt. Demnach soll österreichweit bei sämtlichen Organisationen, wo es solche Anhaltspunkte gibt, geklärt werden, ob es sich um eine Teilorganisation einer Partei im Sinne des Parteiengesetzes handelt.
Falsche Angaben können strafrechtliche Folgen haben
Als Konsequenz müssten gewährte Förderungen zurückgezahlt werden. Wie es im Antragsformular außerdem heißt, können „unvollständige oder falsche Angaben“ auch zu strafrechtlichen Folgen und einem „mehrjährigen Ausschluss von allen Förderungen des Bundes“ führen.
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