Hochwasserkatastrophe
Deutschland: Trotz Warnungen wurde nicht evakuiert
Die Hinweise rund um ein Behördenversagen im Zuge der Hochwasserkatastrophe in Deutschland verdichten sich zunehmend. Nachdem bereits Experten des Europäischen Hochwasser-Warnsystems von einer durch Deutschland „unterschätzten“ Prognose sprachen, stellte sich nun heraus, dass betroffene Landkreise durchaus präzise vor den enormen Wassermassen gewarnt wurden.
Bereits am Nachmittag des 14. Juli veröffentlichte das Landesumweltamt demnach Prognosen, die einen Pegelstand der Ahr von deutlich mehr als dem vorherigen Höchststand von 3,7 Metern vorhersagten, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtete. Am Abend seien dann mehrere automatisierte Mails sowie weitere Online-Informationen der Landesbehörde eingegangen.
Konkret war dabei etwa von einem erwarteten Pegelstand von fast sieben Metern die Rede. Dennoch habe der Landkreis erst gegen 23 Uhr den Katastrophenfall ausgerufen und Evakuierungsmaßnahmen eingeleitet.
Fehlender Voralarm „unerklärlich“
Der Krisenforscher Frank Roselieb erhob in der „Rhein-Zeitung“ schwere Vorwürfe gegen Landrat Jürgen Pföhler. Das Katastrophenschutzmanagement gehöre zur Kernfunktion jedes Kreischefs und jedes Oberbürgermeisters, sagte der Kieler Wissenschaftler. Dass im Kreis Ahrweiler kein Voralarm ausgelöst worden sei, halte er für unerklärlich.
Die Auslösung eines Voralarms hätte laut Roselieb bereits am frühen Abend des 14. Juli erfolgen können, „um Notmaßnahmen einleiten zu können“. Tatsächlich wurde der Katastrophenfall mit Warnstufe 5 laut der „Rhein-Zeitung“ erst um 23.15 Uhr ausgerufen. Zu dieser Zeit erging demnach auch die Meldung, die Gebäude 50 Meter rechts und links der Ahr zu evakuieren. Zu dieser Zeit seien bereits Häuser von den Wassermassen mitgerissen worden.
Feuerwehren fordern Konsequenzen
Konsequenzen aus der Flutkatastrophe forderte unterdessen auch der Deutsche Feuerwehrverband. „Wir werden uns mit Einsatzleitern, Vertretern der Feuerwehr-Landesverbände, aber auch mit Landkreisen und Kommunen zusammensetzen und darüber reden, welche Lehren wir aus dieser Katastrophe ziehen können“, sagte Verbandspräsident Karl-Heinz Banse der „Heilbronner Stimme“. Auch der Einsatz spontaner Helfer müsse besser koordiniert werden.
In Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hatte extremer Starkregen vor mehr als zwei Wochen verheerende Überschwemmungen ausgelöst. Viele Gemeinden, insbesondere im rheinland-pfälzischen Ahrtal, wurden verwüstet. Rheinland-Pfalz meldete bisher 135 Tote, 59 weitere Menschen werden dort noch vermisst. In Nordrhein-Westfalen gab es 47 Todesopfer. Am Samstag wurde in Bad Neuenahr eine erste Behelfsbrücke des Technischen Hilfswerks über die Ahr eröffnet, weitere sind demnach geplant.
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