Dramatisches Schicksal

Sükür: „Wäre in der Türkei nicht mehr am Leben“

EURO 2020
15.06.2021 09:11

Was für eine Legende war er! Sein Tor im Bronze-Spiel von der WM 2002 ebnete den Weg zu Türkeis erster Fußball-WM-Medaille. Hakan Sükür war das Idol ein jeder türkischen Fans. Doch die Zeiten ändern sich. Jetzt dürfen er und seine Rekorde bei den EURO-Übertragungen nicht einmal erwähnt werden und  Sükür sagt, wenn er 2015 nicht geflüchtet wäre, wäre er in der Türkei nicht mehr am Leben.

Sükür gab der „Bild“ ein aufsehenerregendes Interview. Darin erzählt der in den USA lebende einstige Superstar, wie er in Erdogans Türkei zu Persona non grata wurde. Und dass ihm vorgeworfen wird, der Bewegung von Fethullah Gülen anzugehören, die in der Türkei zur Terrororganisation erklärt wurde. Er ist immer noch erst 49, aber er hat die Lebenserfahrung eines 80-Jährigen. Hier die wichtigsten Auszüge aus dem „Bild“-Gespräch mit ihm:

Dass es einmal einen Spieler namens Hakan Sükür gab, den die ganze Welt kannte, ignoriert man derzeit bei den türkischen TV-Übertragungen der EURO. Doch Sükür hat keine Illusionen „Die Politik benutzt mich als bekanntesten Spieler der Türkei, der auch im Volk populär ist, um Angst zu säen. Sie wollen zeigen, dass sie es mit jedem aufnehmen und dass jedem das passieren kann, was mir passiert ist.“

Vater verurteilt
Sein Vater wurde zu einer Haftsrafe verurteilt. Wegen seines Sohnes. Auch das muss Sükür verarbeiten können: Mein Vater wurde zu einer Haftstrafe verurteilt, ohne jemals etwas verbrochen zu haben. Ein 80-jähriger Mann! Das alles nur, weil er mein Vater ist. Sie stürzen einen schwerkranken Mann ins Elend. Sogar die Richter geben zu, dass sie nichts machen können, weil sie Befehle von oben haben. Das Verfahren liegt gerade beim Obersten Gerichtshof. Wir erwarten, dass das türkische und das internationale Recht eingehalten werden!“

Über seine Rolle, warum er als Verräter abgestempelt wurde, weiß er selbst wenig. Doch er durchlebt sehr schwere Zeiten: „Alles, was ich hatte, wurde mir weggenommen, ich wurde enteignet. Alles, was ich verdient und in mein Land investiert hatte, wurde mir vom Regime geraubt. Ich durchlebe immer noch sehr schwere Zeiten, werde schikaniert, obwohl ich nichts getan habe. Das Gleiche macht das Regime auch mit anderen Menschen, die ihnen nicht passen, die widersprechen.“

Uber-Fahrer hat Angst vor Fanatikern
Derzeit arbeite Sükür als Uber-Fahrer. Der einstige Superstar muss kämpfen, um sich über Wasser zu halten. Und in die Türkei kann er nicht zurück: „Wenn ich 2015 das Land nicht verlassen hätte, hätten sie mich nicht am Leben gelassen. Nicht das Regime selbst, sondern die fanatischen Anhänger. Wenn man sich in der Türkei gegen das Regime ausspricht, erwarten einen diese Fanatiker, die es als Pflicht ansehen, die Gegner fertigzumachen. Ich habe die AKP (die Regierungspartei von Erdogan; d. Red.) im Jahr 2013 verlassen, nachdem ich die Korruption und den Diebstahl des Regimes gesehen und erkannt hatte, dass ich damit nichts zu tun haben möchte. Danach wurde der Laden meiner Frau zur Zielscheibe, meine Kinder wurden belästigt, wir wurden bedroht.“

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(Bild: KMM)



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