„Scheinheilig“

Wertekonflikt: Joe Biden gerät ins Stolpern

Ausland
20.03.2021 14:22

Der „Mörder“-Vorwurf von US-Präsident Joe Biden an Kremlchef Wladimir Putin lässt die diplomatischen Drähte heißlaufen. Gerät der neue Mann im Weißen Haus auf diplomatischem Parket ins Stolpern, wie erst diese Woche auf den Stufen der Air Force One? So unbedacht die Aussage war: Dahinter könnte aber Kalkül stecken. Biden verfolgt eine außenpolitische Agenda: America first.

Innenpolitisch grenzt sich Biden mit der Aussage von seinem russlandfreundlichen Vorgänger Donald Trump ab. Außenpolitisch sind die Unterschiede unwesentlicher. Biden will die alte Weltordnung wieder herstellen, mit der USA als Anführer der Demokratien. Die Aussage stellt ihm allerdings auch eine Stolperfalle: „Es war eine undiplomatische Bemerkung, die Bidens Anspruch, dass Diplomatie zurück sei, stark einschränkt. Diese Aussage deutet auf den bevorstehenden Großmachtkonflikt hin“, so US-Experte Heinz Gärtner.

Biden versteckt seine Weltmachtpolitik unter dem Deckmantel von Werten und Demokratie. Siehe Außenminister Antony Blinken, der seinem chinesischen Amtskollegen das chinesische Sündenregister vorhielt und damit beim jüngsten Treffen in Alaska für einen Eklat sorgte: der Umgang mit der Uiguren-Minderheit, die Niederschlagung der Demokratiebewegung in Hongkong, die Bedrohung von Taiwan.

„Es handelte sich dabei um den Versuch, einen Großmachtkonflikt als Wertekonflikt darzustellen. Das entbehrt nicht einer gewissen Scheinheiligkeit“, sagt Gärtner. „Denn für autokratische Verbündete der USA werden weniger strenge Maßstäbe herangezogen. Ein Bericht der Nachrichtendienste drückte die starke Vermutung aus, dass der saudische Kronprinz Mohammd Bin Salman den Mord am Journalisten Jamal Khashoggi genehmigte. Biden sprach sich aber nicht für Sanktionen gegen Bin Salman aus und bezeichnete ihn auch nicht als Mörder.“ Biden hat ihn insofern kaltgestellt, als dass er nur mit dessen Vater, dem saudischen König Salman, in Verhandlungen tritt.

Biden sendet Signal an NATO-Mitglieder
Die US-Außenpolitik ist konfrontativ. Mit dem Iran, China und Russland. Biden will verhindern, dass jemand der USA die Vorherrschaft streitig macht. „Bezüglich Putin ist es ein Signal an andere NATO-Länder, dass sie ihre Kontakte mit dem Kreml minimieren sollten“, sagt der russische Experte Wladimir Froloff. Welche Konsequenz darf man sich erwarten? Wenig, glaubt Experte Gärtner. „Weder Putin noch der chinesische Präsident Xi Jinping werden sich reumütig den US-Interessen beugen, wie etwa ihre Rüstungsprogramme einzuschränken.“

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