Brutales Vorgehen

1400 Festnahmen bei Protesten nach Nawalny-Urteil

Ausland
03.02.2021 06:40

Nachdem Kreml-Kritiker Alexej Nawalny am Dienstag zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, sind Tausende seiner Anhänger erneut auf die Straße gegangen, um zu demonstrieren. Am Abend wurden laut Nichtregierungsorganisation OWD-Info mehr als 1400 Menschen festgenommen. Allein in der Hauptstadt Moskau wurden 1116 Verhaftungen durchgeführt.

Nawalny wurde zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt - nur zwei Wochen, nachdem er in seine Heimat zurückgekehrt war. Er habe gegen Bewährungsauflagen verstoßen, hieß es zur Begründung. Die Anwälte des 44-Jährigen kündigten umgehend Berufung an. Das Verfahren galt als politisch motiviert. Seine Vertrauten riefen nach dem Urteil zu weiteren Protesten in der Hauptstadt auf. Bereits an den zwei vergangenen Wochenenden hatten im ganzen Land Zehntausende Menschen gegen den Staatschef demonstriert, über 5000 wurden festgenommen.

Polizei ging auf Demonstranten mit Gummiknüppeln los
Bei Protestzügen skandierte die Menge „Freiheit“ und „Putin ist ein Dieb!“. Die Demonstranten warfen Präsident Wladimir Putin vor, ihnen demokratische Freiheiten zu rauben. Die Sicherheitskräfte gingen brutal gegen die zumeist jungen Protestierenden vor und nahmen viele von ihnen über Stunden fest. Laut Augenzeugen prügelten die Polizisten unter anderem mit Gummiknüppeln auf die Demonstranten ein. Von russischen Medien veröffentlichte Videos zeigten, wie Demonstranten von der Polizei durch die Straßen und auch in die U-Bahn hinein verfolgt wurden. In Videos war auch sehen, dass Protestierende von Polizisten aus Taxis gezerrt wurden.

Erneut gerieten auch Journalisten ins Visier der Einsatzkräfte. Es gab mehrere Festnahmen. In einem Video war zu sehen, wie ein Beamter der auf Anti-Terror-Einsätze spezialisierten Sonderpolizei OMON auf einen Medienvertreter einschlug, der dann am Boden liegen blieb. Bereits am Sonntag gab es international Kritik wegen der Polizeigewalt.

Nawalny muss in Strafkolonie 
Ein Moskauer Gericht entschied am Dienstag, dass der nach einem Giftanschlag in Deutschland behandelte Nawalny eine bereits verhängte Bewährungsstrafe nun in einer Strafkolonie ableisten muss. Von der dreieinhalbjährigen Bewährungsstrafe wurde ihm ein früherer Hausarrest abgezogen. Laut Nawalnys Anwältin Olga Michailowa läuft dies auf „ungefähr“ zwei Jahre und acht Monate Haft hinaus. Sie kündigte an, gegen das Urteil in Berufung gehen zu wollen. Die russische Regierung wies die internationale Kritik an dem Urteil als „Einmischung“ zurück. Die Forderungen „westlicher Kollegen“ nach Freilassung Nawalnys seien „von der Realität abgekoppelt“, zitierten russische Nachrichtenagenturen eine Sprecherin des Außenministeriums.

Nawalny hatte sich in der Gerichtsanhörung vehement gegen seine Verurteilung gewehrt und die Russen zum Widerstand gegen Putin aufgerufen. Er machte den Staatschef erneut für den auf ihn verübten Anschlag verantwortlich.

Gegen Bewährungsauflagen verstoßen, während er um Leben rang
Der auf Nachforschungen zu Korruption spezialisierte Oppositionelle war 2014 wegen des Vorwurfs der Unterschlagung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, die Strafe wurde aber zur Bewährung ausgesetzt. Nun wurde dem 44-Jährigen unter anderem vorgeworfen, er habe sich während seines Aufenthalts in Deutschland nicht zweimal monatlich bei den Behörden gemeldet. Der Kreml-Kritiker bestritt vor Gericht, gegen die Bewährungsauflagen verstoßen zu haben. Er habe den russischen Behörden seine deutsche Adresse mitgeteilt, erklärte er. Nach Deutschland war Nawalny nach dem in Sibirien verübten Giftanschlag gebracht worden, durch den er beinahe getötet worden wäre.

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