Keine Kinder impfen

Deutsche „Blaupause“ für Österreichs Impfstrategie

Wissenschaft
09.12.2020 07:43

Dieses Dokument kann als „Blaupause“ dafür verstanden werden, wie in Österreich die Immunisierungen mit den Covid-19-Impfstoffen ablaufen könnten: Die Ständige Impfkommission (STIKO) Deutschlands hat ihren Entwurf für die Priorisierung von Personengruppen bei den Impfungen verschickt - und dieser liest sich genau wie jene Strategie, die hierzulande angedacht wird, sobald ein Impfstoff die Zulassung erhält. Dazu die Wiener Vakzinologin Ursula Wiedermann-Schmidt, Vorsitzendes des Nationalen Impfgremiums Österreichs: „Die Situation in Deutschland ist ähnlich jener in Österreich.“

Das österreichische Impfgremium arbeitet an einem Plan, der ähnlich jenem der STIKO ist. Die „Krone“ hatte über das dazugehörige Strategiepapier der Bundesregierung bereits Ende November berichtet. Ursula Wiedermann-Schmidt ist auch Mitglied des deutschen Expertenrates. Die STIKO, angesiedelt beim staatlichen deutschen Robert-Koch-Institut, ist faktisch so etwas wie ein Leitgremium in Sachen Impfungen für den deutschsprachigen Raum.

„Sehr ähnliche Situation“
„Österreich und Deutschland sind, was die Epidemiologie von Covid-19 betrifft, einander sehr ähnlich. Das gilt auch für das Gesundheits- und Sozialwesen“, erklärte die Wiener Expertin gegenüber der APA. Alle Planungen würden gemäß den anerkannten Zielen für die Covid-19-Impfung erfolgen. „An der Spitze steht der Schutz von Personen mit einem hohen Infektionsrisiko und mit dem höchsten Risiko für einen schweren Verlauf der Erkrankung und Tod. Dann geht es um Personen mit einem erhöhten Infektionsrisiko durch ihre berufliche Tätigkeit. Darauf folgt die gewünschte Reduktion der Übertragung von SARS-CoV-2 und schließlich die Impfung von Personen, welche für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur und des öffentlichen Lebens wichtig sind.“

Ein Problem, so Ursula Wiedermann-Schmidt: „Aus den bisher vorliegenden klinischen Studien wissen wir noch nicht, ob die Vakzine auch zu einer Verringerung des Infektionsrisikos führen. Primär sind die Phase-III-Studien abgelaufen, um zu beweisen, dass die Impfung Covid-19-Erkrankungen bzw. besonders die schweren Erkrankungen verhindert.“ Ob Immunisierte das Virus auch nicht mehr übertragen würden, werde sich wohl erst im Laufe der kommenden Monate herausstellen. Beim sogenannten Oxford-Impfstoff dürfte laut ersten vorläufigen Daten eine Reduktion der Übertragbarkeit von SARS-CoV-2 nur um 27 Prozent gelungen sein.

„Breite Anwendung erst Mitte 2021“
Die STIKO schlägt in ihrem Plan eine Priorisierung von Personengruppen bei den Impfungen vor. Dies geschieht laut den Experten auch unter der Prämisse, dass nicht sofort mit der Marktzulassung der ersten Covid-19-Vakzine auch genug Mengen für alle zur Verfügung stehen werden. Die Wiener Expertin (MedUni Wien): „Wichtig ist, dass die breite Anwendung des Impfstoffes sicher noch dauern wird und erst mit Mitte des Jahres, zweite Jahreshälfte erfolgen wird.“

Unterschieden wird in dem STIKO-Dokument, über das vom offiziellen Deutschen Ärzteblatt jetzt berichtet wurde, in:

  • Sehr hohe Priorität: „Bewohner von Senioren- und Altenpflegeheimen, Personen über 80 Jahre, Personal mit besonders hohem Expositionsrisiko in medizinischen Einrichtungen (z.B. Notaufnahmen, medizinische Betreuung von Covid-19-Patienten)“, Personal in medizinischen Einrichtungen mit Kontakt zu „vulnerablen Gruppen“ (Hämato-Onkologie, Transplantationsmedizin).
  • Hohe Priorität: Personen im Alter über 75 bis 80 Jahren, Personal mit Expositionsrisiko in medizinischen Einrichtungen, Personen mit einer Demenz oder geistigen Behinderungen in Institutionen, Personal zur Betreuung solcher Personen.
  • Moderate Priorität: Personen von 70 bis 75 Jahren, Menschen mit Vorerkrankungen (Risiko) und deren engste Kontaktpersonen, Personen in Asylbewerberunterkünften, Obdachlosenunterkünften, enge Kontaktpersonen zu Schwangeren, Personal mit moderatem Expositionsrisiko in medizinischen Einrichtungen, auch zur Aufrechterhaltung der Krankenhaus-Infrastruktur, öffentlicher Gesundheitsdienst.
  • Erhöhte Priorität: Personen im Alter von 65 bis 70 Jahre, Personen mit Vorerkrankungen mit moderatem Risiko und deren engste Kontaktpersonen, Menschen mit niedrigem Expositionsrisiko in medizinischen Einrichtungen. Dann kommen Lehrer, Erzieher und Personen in prekären Arbeits- oder Lebensbedingungen (Saisonarbeiter, Beschäftigte in Verteilerzentren, Fleisch verarbeitende Industrie).
  • Gering erhöhte Priorität: 60- bis 65-Jährige, Personal in Schlüsselpositionen von Landesregierungen, in der Bundesregierung, Beschäftigte im Einzelhandel und Berufsgruppen in kritischer Infrastruktur (z.B. Feuerwehr, Heer, Polizei, Abfallwirtschaft etc.).
  • Niedrige Priorität haben schließlich Personen unter 60 Jahre. Das Risiko schwerer Covid-19-Erkrankungen steigt vor allem mit dem Alter.

Regelungen bereits in Begutachung
„Die STIKO hat diese Regelungen in Begutachtung verschickt. Der Plan dürfte in Deutschland in nächster Zukunft dann beschlossen werden und gelten“, erklärte Ursula Wiedermann-Schmidt. Bei dem Papier der STIKO handelt es sich laut der Expertin um ein „living document“, das in den kommenden Wochen und Monaten ständig an die Situation bezüglich der Impfstoffe etc. angepasst werden soll.

Keine Impfempfehlung für Kinder
Keine Impfempfehlung ist in dem Entwurf der STIKO vorerst für Kinder enthalten. Ein deutsches Mitglied der STIKO hat bereits erklärt, Kinder unter 16 Jahren seien vorerst voraussichtlich ausgeschlossen. Ob Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren geimpft werden sollten, sei noch nicht entschieden.

Die wichtigste Voraussetzung ist allerdings die Marktzulassung und das Anlaufen der Erhältlichkeit von Covid-19-Impfstoffen. Die STIKO, der auch Ursula Wiedermann-Schmidt als Expertin angehört, stellt dazu fest: „Für die Impfung gegen Covid-19 wird die Zulassung und Verfügbarkeit eines ersten Impfstoffs (BioNTech/Pfizer; Anm.) in Europa Ende 2020 oder Anfang 2021 erwartet.“ Für diese Immunisierung sind dann wohl zwei Impfungen im Abstand von 21 Tagen notwendig.

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