Prostituiertenmorde

Geiger: “Serienkiller sind etwas ganz Seltenes”

Burgenland
27.07.2010 12:16
Skeptisch wird Ernst Geiger dieser Tage, wenn er hört, dass ein Serienmörder in Österreich Frauen tötet und anzündet. Denn: "Serienkiller sind etwas ganz Seltenes", erklärte der Abteilungsleiter für Ermittlungen, Allgemeine und Organisierte Kriminalität im Bundeskriminalamt. Denn sicher sind sich die Kriminalisten nur, dass die beiden Fälle in Niederösterreich vom August 2007 und Mai 2010 zusammengehören.

"Bei den jetzigen Fällen ist es so, dass Anzünden etwas ganz Ungewöhnliches ist", betonte der Kriminalist. Von 410 getöteten Frauen seit 1960 wurden nur sieben angezündet, allerdings fünf davon seit 2005. Neben den beiden in Wien tätigen Prostituierten Katerina Vavrova sowie Petya Filkova, die im Weinviertel ermordet und angezündet aufgefunden worden waren und bei denen aller Wahrscheinlichkeit nach derselbe Täter am Werk war, gab es drei weitere Fälle: Zwei bisher nicht identifizierte Frauenleichen 2005 an der A2 in der Steiermark und bei Völkermarkt in Kärnten 2008 sowie die in der Vorwoche bei Nickelsdorf verbrannte Frauenleiche.

Geiger: "Wir wissen noch zu wenig"
Beim Kärntner Fall wird derzeit ausgeschlossen, dass es Zusammenhänge gibt, auch im steirischen Fall spricht mehr dagegen als dafür - bei der burgenländischen Leiche ist noch alles offen. "Wir wissen noch zu wenig", sagte Geiger. Die Ermittler versuchen derzeit, über Herkunft von Kleidung, Schmuck, Schuhen und Zahnprothese, der Identität der Toten näherzukommen.

Zwar gibt es laut dem Experten auch bei den niederösterreichischen Opfern kleinere Unterschiede, doch die Gemeinsamkeiten überwiegen. Geiger erklärte das so: "Man teilt diese Morde immer in drei Phasen ein: Vor, während und nach der Tat. Vor der Tat betrifft zunächst einmal die Auswahl der Opfer. Wobei Frauen aus dem Straßenstrichmilieu bei vielen ausgewählt werden. [...] Der Straßenstrich ist die gefährlichste Form der Prostitution. Es gibt auch dahingehend Schwierigkeiten, dass man in diesem Milieu nur begrenzt etwas präventiv tun kann", sagte Geiger.

Keine näheren Details zur Spurenlage
Aktuell wählte der Täter Straßenprostituierte in den Wiener Bezirken Fünfhaus und Leopoldstadt aus. Doch die beiden Opfer waren einander nicht unbedingt ähnlich. Ernst Geiger sprach auch den Fall einer ermordeten Wiener Prostituierten an, die 1987 umgebracht, bei Hausleiten im Bezirk Korneuburg abgelegt und angezündet wurde. "Es gibt viele Übereinstimmungen. Dagegen spricht die lange Zeitspanne, die dazwischen liegt." Zur Spurenlage wollte sich der Kriminalist nicht äußern: "Jack Unterweger hat mich das auch gefragt, als er mich für den ORF interviewt hat."

Bei der zweiten Phase, der Tötungshandlung selbst, gibt es zwischen Filkova und Vavrova Geiger zufolge "Gemeinsamkeiten und Unterschiede". Gemeinsam sei den beiden Fällen, dass es massive Gewalt gegen den Kopf gab. Doch während Vavrova mit einem Messer malträtiert wurde, hat der Mörder Filkova erschlagen. Gemeinsam war beiden Fällen, dass es "eine lange Aufrechterhaltung der Kontrolle über das Opfer gab und der Auffindungsort nicht der Tatort ist". Geiger: "Die Tatphase reicht von der Aufnahme des Opfers bis zu seiner Tötung." Massive Fesselungsspuren habe es aktuell aber nicht gegeben, auch trotz des Anzündens sei das teilweise noch erkennbar gewesen.

Hände-Abschneiden wirft Fragen auf
Die dritte Phase betrifft die Handlungen des Täters nach dem Mord. In den Mordfällen Vavrova und Filkova - auch bei der burgenländischen Toten, wenn die dazugehören sollte - wählte er Ablageorte im Freien, nicht im dichten Wald. Katerina Vavrova schnitt er die Hände ab. "War das eine pragmatische oder eine Bedürfnishandlung?", formulierte Geiger die zusammenhängenden Fragen. Wollte der Mörder die Identifizierung durch das Entfernen der Fingerabdrücke auf diese Art erschweren oder eine Art Signatur hinterlassen? Im Fall einer Bedürfnishandlung könnte es durchaus sein, dass er dieses Bedürfnis bei Filkova nicht mehr hatte. Das Opfer vom Mai 2010 hatte seine Hände noch.

"Der Täter wollte auch, dass sie gefunden werden", attestierte Geiger. Filkova und Vavrova wurden "eher nur im Kopfbereich angezündet", sagte der Kriminalist. "Auch das kann eine pragmatische Handlung oder eine Bedürfnishandlung sein." Pragmatisch wäre es etwa gewesen, wenn der Täter die Spuren eines Oralverkehrs verwischen wollte. Klar sei jedenfalls, dass der Killer an den Fundorten nicht gestört worden sei - "darauf gibt es keine Hinweise". Hätte der Mörder alle Spuren beseitigen wollen, hätte er seine Opfer wohl ganz angezündet.

Schlägt Täter wieder zu?
Ob der Mörder Vavrovas und Filkovas wieder zuschlägt? "Wenn es ein Serientäter ist, dann ja, wenn es keiner ist, dann nicht", so Geiger. Die These, dass Serienkiller in immer kürzeren Abständen morden, quasi die Dosis erhöhen, "muss nicht stimmen". Als Beispiel brachte Geiger einen Fall, in dem der Täter aufhörte. Seine Lebensumstände hatten sich so verändert, dass er seine Bedürfnisse nicht mehr auf diese Weise befriedigen musste.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Burgenland Wetter
3° / 12°
bedeckt
4° / 11°
bedeckt
2° / 11°
bedeckt
4° / 13°
stark bewölkt
2° / 10°
bedeckt



Kostenlose Spiele