Baumgartner-Sprung

Mission Stratos: Die unbekannte Gefahr der Schallmauer

Sport
11.07.2010 13:53
Felix Baumgartner steht bei seinem Sprung aus 36 Kilometern Höhe vor teils lebensbedrohlichen Problemen - wie reagiert sein Körper bei Mach 1?

Es ist eines der waghalsigsten Unternehmen der Menschheit. Ein Sprung aus 36 Kilometern Höhe und das erstmalige Erreichen der Schallgeschwindigkeit im freien Fall. Felix Baumgartners "Mission Stratos" ist ein einzigartiges Abenteuer, das an mehreren Punkten scheitern und sogar zu einem Kampf auf Leben und Tod werden kann. "Es geht um den größten Einsatz, den man sich vorstellen kann – um mein Leben", ist sich Baumgartner bewusst. "Aber ich denke so wenig wie möglich darüber nach. Die Faszination des Projekts überstrahlt alles."

Es gibt mehrere Punkte, an denen die "Red Bull Stratos Mission" scheitern kann. "Das erste Problem ist der Aufstieg. Der Ballon darf beim Aufbau nicht beschädigt werden." Wenn in der 0,002 Zentimeter Polyethylen-Hülle ein Riss entsteht, ist der Ballon nicht mehr zu verwenden, kann man den Aufstieg vergessen.

Gefahren wie bei Apollo 1
Problematischer wäre es, wenn auf dem Weg nach oben etwas nicht klappt. Gerade auf den ersten 200 Metern, denn in dem Bereich würde Baumgartner auch sein Fallschirm nicht helfen. Er könnte weder springen, noch würde der Rettungsschirm ganz aufgehen. In  größerer Höhe müsste er bei Schwierigkeiten überlegen, ob es sicherer wäre, mit dem Fallschirm abzuspringen oder mit der Gondel, die über einen eigens konzipierten Rettungsschirm verfügt, hinabzugleiten. Wichtig ist, dass der Sauerstoffanteil in der Kapsel, in der Baumgartner aufsteigt, nur 37 Prozent beträgt. Andernfalls wäre das "Luftgemisch" zu leicht entzündbar. Ein Funke würde reichen, um das Gefährt in Flammen aufgehen zu lassen. Das hat man leider schon bei Apollo 1 erfahren.

Sicherheit hat Vorrang
Überhaupt ist Sicherheit die höchste Prämisse der "Red Bull Stratos Mission". "Wir tun natürlich alles, damit der Sprung klappt. Alle Systeme werden mehrfach überprüft", erläutert Baumgartner. Der weiß, dass auch Glück dazugehört, damit das Projekt reibungslos abläuft. Gerade beim Ausstieg aus der Kapsel auf 36 Kilometer und dem Absprung. Während beim Ausstieg die Zeit der härteste Gegner ist, da der Sauerstoffvorrat genau bemessen ist, ist es beim Absprung wichtig, die aerodynamisch richtige Position einzunehmen. Im Sprung hat Baumgartner dort oben kein Gefühl für Geschwindigkeit, da er sich fast in einem Vakuum befindet. Es ist enorm schwierig, sich hier in die richtige Position zu bringen, da die zum Steuern benötigte Luft fast nicht vorhanden ist. Nur der Horizont dient als Orientierungspunkt.

Die größte Gefahr wartet im freien Fall. Das sogenannte "Flatspinnen". Dabei beginnt der Flugkörper, sprich Baumgartner, aufgrund einer zu großen Geschwindigkeit und einer ungünstigen Ausrichtung, in reißerischem Tempo zu rotieren. Diese Drehungen kann man bei über 1100 km/h nicht kontrollieren. Um diesem Phänomen zu begegnen, haben die Mitarbeiter der "Mission Stratos" einen zusätzlichen Bremsfallschirm entwickelt. Er öffnet sich, wenn Felix' Körper fünf Sekunden lang der dreifachen negativen Gravitation ausgesetzt ist. Was nicht viel klingt, für Menschen aber fast unerträglich ist. Im Gegensatz zur positiven Gravitation kommen sie zustande, wenn die Füße nach oben wandern. Das Blut fließt in den Kopf und presst sich dort in die Netzhaut und die Blutgefäße der Augen. Wenn der Druck zu groß würde, könnte das Blut sogar durch die Augen nach außen treten, was zum Tod führen würde.

Schneller als der Schall
Der letzte kritische Punkt ist das Durchbrechen der Schallmauer. "Da ich der Erste wäre, dem dies gelingt, haben wir keine Erfahrungswerte. Ich habe mit mehreren Wissenschaftern geredet, die meinten, da sollte kein Problem auftreten. Aber Rüdiger Kunz, ein Experte, dem ich vollkommen vertraue, sieht sehr wohl eine Gefahr." Die darin bestünde, dass sich beim Eintritt in die Schallgeschwindigkeit der Körperschwerpunkt nach vorne verschiebt, die Beine etwas sinken. Sollte das geschehen, würde sich der Drehpunkt außerhalb des Körpers befinden, und man kann nicht wie gewohnt lenken. "Das ist, wie wenn man mit 180 km/h Auto fährt und um nach rechts zu kommen, plötzlich nach links lenken muss", erläutert Baumgartner. "Ich bin nicht sicher, dass ich da meine Reflexe umstellen kann."

Einig sind sich alle, dass das Risiko beim Übergang in Mach 1 besteht. "Wenn ich in der Phase bin und die Aerodynamik passt, sollte es kein Problem geben." Und wenn auch beim Austritt alles klappt, steht einer sicheren Landung nichts im Wege.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

(Bild: KMM)



Kostenlose Spiele