Einspruch abgelehnt

VfGH gibt Ausweisung von Arigona Zogaj statt

Österreich
14.06.2010 12:09
Die Familie Zogaj hat den Kampf gegen ihre Ausweisung vor dem Verfassungsgerichtshof verloren. Das Höchstgericht hat im wohl letzten Verfahren der kosovarischen Familie erkannt, dass der Ausweisungsbescheid gegen die 18-jährige Arigona "nicht verfassungswidrig" sei. Der VfGH bestätigte zwar ein "hohes Maß an Integration", allerdings rühre dies daher, dass sich die junge Frau seit 2004 der Ausweisung widersetze. Auch Beschwerden von Nurie Zogaj und ihren Kindern wurden abgewiesen. Innenministerin Maria Fekter droht mit der Fremdenpolizei, sollte Arigona nicht ausreisen.

Dem Asylgerichtshof, gegen dessen Bescheid Beschwerde eingelegt wurde, seien bei der Beurteilung des Falles keine Fehler unterlaufen, heißt es in der 33-seitigen VfGH-Begründung, die am Montagvormittag veröffentlicht wurde. Auch eine Beschwerde von Arigonas Mutter Nurie Zogaj wurde abgewiesen, bei einer im Namen der minderjährigen Kinder eingebrachten Beschwerde haben die Verfassungsrichter die Behandlung abgelehnt. 

BH "an VfGH gebunden"
Der Spruch (siehe Originale zu allen drei Beschwerden als PDFs in der Infobox) bedeutet prinzipiell, dass die Ausweisung Arigona Zogajs, die bis zum Ende des VfGH-Verfahrens aufgeschoben worden war, nun durchgeführt werden kann. Zuständig ist dafür die BH Vöcklabruck. Bezirkshauptmann Peter Salinger meinte Montagmittag zu krone.at: "Als zuständige Polizeibehörde sind wir an die VfGH-Entscheidung gebunden." Sobald der Behörde die Erkenntnissse des Höchstgerichts vorliegen, werde man prüfen, auf welche Personen der Familie Zogaj sie sich beziehen. 

Einsprüche gegen die Ausweisung selbst sind nicht mehr möglich. Weil Arigona Zogaj bereits volljährig ist, haben auch die weiteren Schicksale ihrer noch in Österreich verbliebenen Mutter Nurie sowie der beiden minderjährigen Geschwister keinen Einfluss auf den Status der jungen Frau. Die beiden volljährigen Brüder Arigona Zogajs sind bereits vergangenes Jahr in den Kosovo zurückgekehrt.

Zumindest bei Arigona Zogaj wird es jetzt so sein, dass sie in den nächsten Tagen eine behördliche Aufforderung bekommen wird, das Land unverzüglich und aus eigenen Kräften zu verlassen. "Geschieht dies nicht, so hat die Bezirskhauptmannschaft Vöcklabruck die Vollstreckungsaufgabe", erklärt Salinger gegenüber krone.at. Soll heißen: eine Abschiebung durch die Polizei.

Fekter droht mit Fremdenpolizei
Mit genau dieser hat Innenministerin Maria Fekter am Montag gedroht. "Das Bundesasylamt und der Asylgerichtshof beim Bundeskanzleramt haben korrekt gearbeitet, das wurde durch die obersten Verfassungshüter bestätigt", sagte Fekter in einer Aussendung des Innenministeriums. "Das Innenministerium steht für Rechtsstaat und die Einhaltung der Gesetze." Jetzt gebe es einen klaren Auftrag der obersten Verfassungshüter. "Arigona Zogaj muss Österreich verlassen", betonte die Innenministerin. Grundsätzlich könne die Ausreise ohne Zwangsgewalt erfolgen, jedoch: "Wer nicht selbständig ausreist, wird von der Fremdenpolizei abgeschoben."

VfGH: Keine Bedrohungssituation im Kosovo
Zur Frage der Asylgründe für Arigona Zogaj hat der Verfassungsgerichtshof festgestellt, dass "keine konkrete, die Beschwerdeführerin individuell betreffende Bedrohungssituation geltend gemacht worden ist". Die Frage, ob vor dem Hintergrund des Artikel 8 der Menschenrechtskonvention (Recht auf Privat- und Familienleben, Anm.) angesichts der Integration Arigona Zogajs eine Ausweisung zulässig ist oder nicht, habe der Asylgerichtshof ebenfalls verfassungskonform entschieden, heißt es. Eine Ungleichbehandlung sei ebenso nicht erfolgt wie eine Nicht-Berücksichtigung von Aussagen und Dokumenten.

Die Verfassungsrichter teilen auch die Ansicht des Asylgerichtshofes, "dass ein alleine durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus dem Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention bewirken kann". Eine andere Auffassung würde sogar zu einer "Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen", so die Verfassungsrichter.

"Hohes Maß an Integration" nur durch illegalen Aufenthalt
Es sei - auch für den VfGH - unbestritten, dass von einem hohen Maß an Integration auszugehen sei. In der Beschwerde führte Zogaj-Anwalt Helmut Blum an, der Asylgerichtshof habe dies nicht berücksichtigt. Der VfGH weist dies zurück, die Asylrichter hätten diese Umstände anerkannt und in ihre Beurteilung einfließen lassen.

"Allerdings ist dieses hohe Maß an Integration auch nur deshalb möglich geworden, weil sich die im Jahr 2002 eingereiste Beschwerdeführerin im Jahr 2004 einer von ihr nicht bekämpften und daher rechtskräftigen Ausweisung widersetzt hat", heißt es im VfGH-Erkenntnis. Arigona Zogaj hätte also - bei gesetzmäßigem Verhalten (sie war damals zwölf Jahre alt, Anm.) - bereits 2004 Österreich verlassen müssen, so der VfGH.  

Keine aufschiebenden Rechtsmittel mehr
Rechtsmittel in Form von Gerichtsverfahren, die eine Aufschiebung der Ausweisung bringen könnten, hat Arigona Zogaj in Österreich keine mehr. Sie könnte nur noch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte befassen. Allerdings ändere dies nichts daran, dass eine Ausweisung rechtlich zulässig ist, so der VfGH.

Eine letzte Hoffnung für Arigona Zogaj, was ein Leben in Österreich betrifft, wäre beispielsweise ein humanitärer Aufenthaltstitel, den die Asylbehörden vergeben können. Ein solcher wurde bereits in der Vergangenheit vom Innenministerium abgelehnt. Außerdem müsste sie aber auch dann zunächst das Land verlassen.

Zogaj-Anwalt Blum derzeit in den USA
Der Linzer Anwalt Helmut Blum, der die Familie Zogaj rechtlich vertritt, zeigte sich von der Bestätigung der Ausweisung durch den VfGH am Montag enttäuscht. Die Entscheidung des Höchstgerichts sei aber "selbstverständlich zur Kenntnis zu nehmen", meinte er in einer ersten schriftlichen Reaktion. "Ich bin über den Verfahrensausgang enttäuscht, da doch gute Argumente vorlagen, dass die Familie subsidiären Schutz erhalten bzw. aufgrund der vorliegenden guten Integration die Ausweisung für unzulässig erklärt werden hätte können", meinte Blum, der sich derzeit in den USA befindet. Blum wolle nun der Familie die Konsequenzen aus dem Erkenntnis erörtern.

SPÖ und Grüne hoffen auf Lösung ohne Abschiebung
SPÖ und Grüne hoffen in Oberösterreich indes weiterhin auf eine Lösung ohne Abschiebung. Der Verfassungsgerichtshof habe lediglich festgestellt, dass dass die Entscheidung des Asylgerichtshofes rechtlich in Ordnung sei, eine Ausweisungspflicht gebe es aber nicht, so SPÖ-Vorsitzender Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Ackerl. 

Der grüne Landessprecher Landesrat Rudi Anschober zeigte sich "persönlich enttäuscht" und will eine "menschliche und rechtskonforme" Lösung suchen. FPÖ-Chef Landesrat Manfred Haimbuchner forderte, dass die Abschiebung "so schnell wie möglich" über die Bühne gehen soll. Für die FPÖ hat sich "der Rechtsstaat durchgesetzt". ÖVP-Obmann Landeshauptmann Josef Pühringer will höchstgerichtliche Entscheidungen "prinzipiell nicht kommentieren".

Volkshilfe: "Beispiel, wie Integrationspolitik nicht sein sollte"
Die Volkshilfe, die die Familie Zogaj jahrelang betreut hat, hat das VfGH-Erkenntnis am Montag "mit großem Bedauern" zur Kenntnis gebnommen. "Dieses Urteil ist Beispiel dafür, wie Integrationspolitik nicht sein sollte", sagte Präsident Josef Weidenholzer. Es sei "traurig, dass in Fällen wie bei der Familie Zogaj die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt". In einem Rechtsstaat sei das Urteil zwar selbstverständlich zu akzeptieren, betonte Weidenholzer. Er sei aber "persönlich tief betroffen, es tut mir außerordentlich leid, dass die Familie Zogaj ausgewiesen wird".


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