Koalition gespalten

Wien: ÖVP-Chefin Marek für Einsatz der Militärstreife

Österreich
08.06.2010 16:05
Die Koalition ist uneins über einen Vorschlag der Wiener ÖVP-Chefin Christine Marek, Militärpolizisten als Sicherheitskräfte in Wien einzusetzen. Der zuständige Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) lehnte einen solchen Assistenzeinsatz am Dienstag regelrecht entrüstet ab. ÖVP-Innenministerin Maria Fekter hingegen hält alles, was Wiens Sicherheit dient, für unterstützenswert.

Marek hatte angeregt, 200 Militärpolizisten aus dem Verteidigungsministerium zur Polizei zu überstellen und nach entsprechender Ausbildung zur Botschaftsbewachung und eventuell auch zur Kriminalitätsbekämpfung einzusetzen. Denn laut der ÖVP-Chefin müsse die Exekutive in Wien sehr viele Aufgabe übernehmen, die ihr die Politik aufhalse - und das überfordere die Polizei und binde Ressourcen.

Die Militärstreife bzw. Militärpolizei ist in Österreich in erster Linie als militärinterner Sicherheitsdienst gedacht, die Soldaten werden auch als Personenschützer bei Staatsbesuchen eingesetzt. Dadurch treffen sie relativ selten auf die zivile Bevölkerung, meist nur bei Veranstaltungen oder Festakten des Bundesheeres, wo die MP zusammen mit der Polizei Verkehrs- und Ordnungsdienste übernehmen kann. Befugnisse gegenüber Zivilpersonen beschränken sich aber auch dann meist nur auf die militärische Sicherheit.

Bei Truppentransporten und Überstellungen werden die Soldaten als Eskorte eingesetzt. Im Auslandseinsatz kann eine österreichische Militärpolizeieinheit im Einsatzland durchaus die Funktionen einer herkömmlichen Exekutive, der Justizwache oder sogar einer Kriminalpolizei übernehmen.

Darabos: "Für den Assistenzeinsatz prügelt man mich"
"Ich halte von dem Vorschlag nichts", betonte Verteidigungsminister Darabos am Dienstag. Die Militärstreifen seien durch die Bundesheerreform 2010 neu aufgestellt worden (die Militärpolizei besteht nur noch aus dem Kommando, drei Einsatzkompanien, der Lehrabteilung und einer Personenschutz-Einheit, Anm.), und das Heer habe "keine Kapazitäten", um Polizei nach Wien zu entsenden.

"Es ist interessant, dass man mich für den Assistenzeinsatz prügelt und plötzlich mit diesem Vorschlag auftaucht", so der Minister, der kürzlich im burgenländischen Wahlkampf für seine Unterstützung des umstrittenen Einsatzes kritisiert wurde. Außerdem wehrte er sich gegen eine "Zurufpolitik": "Man hat nicht mit mir geredet."

Fekter: Beim Bundesheer "1.000 Personen überzählig"
Innenministerin Fekter hingegen erklärte: "Alles, was der Sicherheit in Wien förderlich ist, ist in meinem Interesse." Sie würde so viele Personen aus dem Verteidigungsressort übernehmen, wie Darabos entbehren kann. Die Innenministerin wies darauf hin, dass beim Bundesheer über 1.000 Personen "überzählig" seien. Man müsse sich anschauen, ob diese Wien eingesetzt werden können.

Von Vorteil wäre nach Ansicht der Innenministerin, dass die Militärpolizisten Erfahrung im Personen- oder Objektschutz vorweisen und mit der Waffe umgehen könnten. Es wäre keine umfangreiche Schulung nötig, meinte Fekter. "Wir sind erst am Anfang der Diskussion, aber ich halte den Vorschlag für klug."

Die Qualifikationen müsse man sich im Detail anschauen. Sie rechnet mit konkreteren Gesprächen und verwies auch darauf, dass Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek mit einzubinden sei.

BH-Gewerkschaft: Diskussion "entbehrlich"
Der Vorsitzende der Bundesheergewerkschaft, Christgewerkschafter Wilhelm Waldner, hält die derzeitige Diskussion für "verfrüht und entbehrlich". Die Reformmaßnahmen beim Heerespersonal würden erst in den nächsten Monaten wirken. Erst dann stehe fest, welches Personal im Verteidigungsressort überzählig ist, erklärte Waldner.

"Was für die Personalvertretung jedoch unter keinen Umständen infrage kommt, wäre der Einsatz von Militärpolizisten im Zuge eines Assistenzeinsatzes in der Bundeshauptstadt Wien", betonte der Gewerkschafter am Dienstag. Dies stelle eine "demokratiepolitisch bedenkliche Vermengung" von innerer und äußerer Sicherheit dar. Hierzu werde man "sicherlich" keine Zustimmung erteilen.

Die Personalvertretung begrüße zwar jede ressortübergreifende Maßnahme, überzähliges Personal mit neuen, sinnvollen Aufgaben zu versehen. "Wir sind aber strikt gegen übereilte Maßnahmen, nur um Statistiken zu verschönern", hielt Waldner fest.

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