Präsident bestätigt

78,9% für Fischer – historisches Tief bei Wahlbeteiligung

Österreich
25.04.2010 22:33
Bundespräsident Heinz Fischer ist am Sonntag wie erwartet in seinem Amt bestätigt worden. Laut dem vorläufigen Endergebnis ohne Wahlkarten erreicht Fischer 78,94 Prozent der Stimmen. Auf die FPÖ-Kandidatin Barbara Rosenkranz entfallen 15,62 Prozent, Christen-Kandidat Rudolf Gehring holt 5,44 Prozent. Die Wahlbeteiligung ist niedriger als in den düstersten Prognosen befürchtet: Sie hat einen historischen Tiefpunkt von 49,17 Prozent erreicht, der nach derzeitiger Sicht selbst durch die Wahlkarten nur auf maximal 53 Prozent ansteigen kann. Der Anteil ungültiger Stimmen ist mit 7,26 Prozent nicht signifikant hoch.

2004 waren insgesamt noch 71,6 Prozent der Wahlberechtigten zur Urne geschritten, was aber damals schon einem neuen Negativrekord entsprach. 2010 ist die Wahlbeteiligung quer durch alle Bundesländer auf ein historisches Tief gesunken. Der Anteil der "Ungültigen" an den abgegebenen Stimmen beträgt dabei 7,26 Prozent nach 4,22 Prozent im Jahr 2004, liegt aber unter dem historischen Höchstanteil von 7,29 Prozent im Jahr 1980. Der "Weißwähl-Boom" fand also nicht wirklich statt. 

Hier die Länderergebnisse im Detail:

Wien, das um 18.45 Uhr als letztes Bundesland die vollständige Auszählung meldete, verzeichnet eine Wahlbeteiligung von 46,2 Prozent nach 64,7 Prozent im Jahr 2004. Fischer siegt überlegen mit 82,5 Prozent vor Rosenkranz mit 14,1 und Gehring mit 3,4 Prozent. Von den abgegebenen Stimmen waren 5,7 Prozent ungültig.

In der Steiermark liegt im vorläufigen Endergebnis eine extrem niedrige Wahlbeteiligung von 44,2 Prozent vor. Fischer erreicht 78,2 Prozent der gültigen Stimmen, Rosenkranz rund 16 Prozent, Gehring 5,9 Prozent. Der Anteil der ungültigen Stimmen an den abgegebenen liegt mit 6,3 Prozent nur geringfügig höher als 2004.

Das vorläufige Endergebnis für Oberösterreich zeigt die Wahlbeteiligung bei 52,2 Prozent nach 72,8 Prozent bei der letzten Hofburg-Wahl. Bundespräsident Fischer gewinnt mit 78,9 Prozent der gültigen Stimmen vor Rosenkranz mit 15,3 und Gehring mit 5,8 Prozent. Der Anteil der ungültigen Stimmen beträgt 7,2 Prozent.

In Salzburg beträgt die Wahlbeteiligung 48,3 Prozent nach rund 67 Prozent im Jahr 2004. Fischer erreicht 77,8 Prozent der gültigen Stimmen, Rosenkranz 15,9 und Gehring 6,3 Prozent. Der Anteil der "Ungültigen" ist von 4,8 Prozent auf 6,9 Prozent gestiegen.

Das Burgenland verzeichnet mit 64,1 Prozent die höchste Wahlbeteiligung (2004: 88,3). Fischer vereint 79 Prozent der gültigen Stimmen auf sich, Barbara Rosenkranz 15,6, Rudolf Gehring 5,4 Prozent. Der Anteil der "Ungültigen" an den abgegebenen Stimmen liegt mit 10,8 Prozent deutlich über dem Bundesniveau.

In Niederösterreich, dem Heimatbundesland von Rosenkranz und Gehring, beträgt die Wahlbeteiligung im vorläufigen Endergebnis 59,9 Prozent. Sie liegt damit deutlich niedriger als 2004 (87,1 Prozent). Die Verteilung entspricht dem Bundestrend, wobei Rosenkranz mit rund 17 Prozent besser abschneidet. Amtsinhaber Fischer erreicht 77,8 Prozent, Gehring kommt nur auf 5,2 Prozent.

Ihr bestes Ergebnis hat die FPÖ-Kandidatin überraschend in Kärnten eingefahren, wo es eine Wahlempfehlung der ehemaligen BZÖ-Landesgruppe (jetzt FPK) für die freiheitliche Kandidatin gab. Das vorläufige Endergebnis aus dem südlichen Bundesland zeigt 20,8 Prozent der Stimmen für Rosenkranz. Amtsinhaber Fischer gewinnt mit 73,4 Prozent, Rudolf Gehring landet bei 5,8 Prozent. Die Wahlbeteiligung beträgt 46,43 Prozent (2004: 67,2 Prozent).

Im ÖVP-dominierten Westösterreich - die Volkspartei hat ja bekanntlich keinen eigenen Kandidaten aufgestellt und ihren Wählern auch keine Wahlempfehlung gegeben - blieben Bürger den Wahllokalen in Scharen fern. In Vorarlberg kamen nach Auszählung aller Gemeinden nur 34,3 Prozent der Wahlbeteiligten zu den Urnen, wobei dort schon 2004 mit 55,3 Prozent nur knapp mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten ihre Stimme abgab. Fischer gewinnt mit mehr als 80 Prozent vor Christen-Kandidat Gehring, der im Ländle 10,8 Prozent der Stimmen erreicht. FPÖ-Kandidatin Rosenkranz kommt auf 8,11 Prozent.

Ähnlich die Lage in Tirol: Für das ÖVP-regierte Bundesland weist das vorläufige Endergebnis eine Wahlbeteiligung von 37 Prozent aus - dies bedeutet eine Halbierung der Wahlbeteiligung gegenüber 2004. Damals war sie noch bei 70,6 Prozent gelegen, wobei vor sechs Jahren in diesem Bundesland noch eine formale Wahlpflicht bestand, die heuer erstmals österreichweit nicht mehr galt. Fischer erhält 80,9 Prozent der Stimmen, Rosenkranz 13, Gehring 6,2 Prozent. Von den abgegebenen Stimmen waren nur 3,9 Prozent ungültig.

Reaktionen: "ÖVP ist schuld an niedriger Wahlbeteiligung"
Die mickrige Wahlbeteiligung dominierte am Sonntag die Reaktionen aus den Wahl- und Parteizentren. Fischers Kampagnenleiter Wolfgang Bachleitner verkündete einen "Tag der Freude", angesichts der Tatsache, dass der Bundespräsident "eindrucksvoll im Amt bestätigt" worden sei. Die beiden Mitbewerber Rosenkranz und Gehring hätten ihre Ziele nicht erreicht (Gehring wollte in die Stichwahl mit Fischer, Rosenkranz das bisher beste Hofburgergebnis der FPÖ von 17 Prozent übertreffen). Für die niedrige Wahlbeteiligung sieht er die ÖVP verantwortlich. Diese habe ihre Wähler zum Zuhausebleiben angehalten. 

Bundespräsident Fischer selbst wollte sich die Freude über seinen Wahlsieg durch die geringe Wahlbeteiligung nicht trüben lassen. Es habe diesmal eben "die besondere Situation" gegeben, dass eine große Partei keinen eigenen Kandidaten aufgestellt habe, sagte Fischer am Sonntagabend mit Blick auf die ÖVP: "Da wird's sicher Diskussionen geben, aber ich bin einfach glücklich über die 78 Prozent", strahlte das wiedergewählte Staatsoberhaupt im Medienzentrum in der Hofburg.

Die SPÖ-Spitze mühte sich, den Spagat zwischen Respektierung der überparteilichen Kampagne Fischers und dessen langjähriger SPÖ-Mitgliedschaft zu schaffen. Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter sieht im Wahlergebnis "ganz wichtigen Rückenwind" für seine Partei, auch wenn sich die SPÖ den Wahlsieg Fischers keineswegs auf die Fahnen schreibe. Fischer habe aber einen "eindrucksvollen Erfolg" in "historischer Dimension" eingefahren, so Kräuter. Die niedrige Wahlbeteiligung sei hingegen allein Schuld der ÖVP. Die Volkspartei habe die Wahlbeteiligung "systematisch nach unten gedrückt" und damit "fehlende staatspolitische Verantwortung" gezeigt.

Grünen-Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner freute sich, dass "die Kampagne von Rosenkranz mit dem wahren Gesicht der FPÖ die Wähler abschreckt". "Das ist ein gutes Ergebnis für Österreich und für Fischer, wozu man ihm gratulieren kann", stellte Wallner fest, dessen Partei als Statement gegen Rosenkranz eine Wahlempfelung für Fischer abgab. Die Gründe für die geringe Wahlbeteiligung ortet auch er im "verantwortungslosen Handeln" der ÖVP.

Rosenkranz "durchaus zufrieden" - BZÖ ortet VP-Strategie
Enttäuschung machte sich bei den Freiheitlichen breit, auch wenn Barbara Rosenkranz ihr Ergebnis als "durchaus respektabel" bezeichnet hat. "Ich bin nicht glücklich, aber durchaus zufrieden", sagte sie in einer ersten Reaktion. Sie gratulierte auch dem Wahlsieger Fischer, obwohl die geringe Beteiligung beim Urnengang "demokratiepolitisch erschütternd" sei.

Der freiheitliche EU-Abgeordnete Andreas Mölzer kritisierte, dass der Wahlkampf Rosenkranz' "nicht wirklich vorbereitet" gewesen sei. Auch die FPÖ müsse erkennen, "dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, weil die Gegner nicht schlafen", so Mölzer.

"Heinz Fischer wird der erste Minderheitspräsident der Zweiten Republik werden", meinte BZÖ-Obmann Josef Bucher. Es sei aber wohl Teil der ÖVP-Strategie gewesen, Fischer durch ein Nichtantreten zu einem "schwachen Präsidenten" zu machen. 

Gehring "außerordentlich zufrieden"
Der christliche Präsidentschaftskandidat Gehring ist mit seinem Wahlergebnis "außerordentlich zufrieden". Es handle sich um ein "sehr hervorragendes Ergebnis", denn man habe bei Null begonnen, und deshalb sei jede Stimme ein Erfolg, erklärte Gehring Sonntagnachmittag bei seiner Wahlfeier in Wien-Döbling. Der christliche Kandidat bedankte sich bei seinen Helfern, den Wählern und "den vielen, die im Gebet mit mir verbunden waren".

Die Verfehlung seines Wahlziels schiebt er auf die Nichtwähler. Er habe nicht damit gerechnet, dass die Wahlbeteiligung so katastrophal niedrig sein würde. Dass die Wähler offenbar zu wenig mobilisiert wurden, schiebt Gehring auf die anderen Parteien. Die niedrigeBevölkerung. 

ÖVP-Spitze weist Schuld von sich - Karas kritisch
Für ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger hat die Bundespräsidentenwahl ein "unspektakuläres Ergebnis nach einem sehr unspektakulären Wahlkampf" gebracht. Er verteidigte dabei einmal mehr die Entscheidung der ÖVP, keinen eigenen Kandidaten aufzustellen. Ein amtierender Bundespräsident sei nicht zu schlagen, die Wahl sei daher eigentlich bereits bei der ersten Kür Fischers 2004 entschieden worden. Dafür, dass Fischer "erwartungsgemäß wiedergewählt worden ist", wolle er dem Amtsinhaber allerdings "aufrichtig gratulieren".

FPÖ-Kandidatin Rosenkranz sei dagegen deutlich unter ihren Erwartungen geblieben: "Ich nehme das mit Genugtuung zur Kenntnis." Dass die ÖVP mit ihrem Verzicht auf einen eigenen Kandidaten Mitschuld an der niedrigen Wahlbeteiligung trage, wies Kaltenegger zurück. Für die Wahlbeteiligung seien die jeweiligen Kandidaten sowie die Mobilisierungsfähigkeit der Parteien ausschlaggebend: "Dieser Vorwurf trifft nicht die ÖVP."

Auch Klubobmann Karlheinz Kopf hat den Vorwurf, die ÖVP habe Mitschuld an der geringen Wahlbeteiligung, schlicht als "Unsinn" bezeichnet. Vielmehr sei Fischer eben "SPÖ-Kandidat" gewesen, und der SPÖ sei es "einmal mehr nicht gelungen zu mobilisieren". 

Der ÖVP-EU-Abgeordnete Othmar Karas sah das anders. Demokratiepolitisch dürfe man jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen, forderte Karas, denn die niedrige Wahlbeteiligung "muss aufrütteln". "Alle Parteien haben versagt, was die Mobilisierung und die Thematisierung betrifft", stellte Karas fest, der die ÖVP lieber auf einer Linie "nominieren oder positionieren" gesehen hätte. Bundespräsident Heinz Fischer könne sich zwar über die Wiederwahl freuen, müsse aber auch den Arbeitsauftrag erkennen.

Nahtloser Übergang am 8. Juli - Wahlkarten am Freitag
Mit der Wiederwahl Fischers wird es in der Hofburg nun einen nahtlosen Übergang geben. Fischers erste Amtszeit läuft am 8. Juli 2010 aus, am selben Tag wird er von der Bundesversammlung für die zweite angelobt werden. Eine der ersten Amtshandlungen der zweiten Amtszeit wird es sein, dass Fischer den Rücktritt der Regierung ablehnt. Denn es ist politische Usance, dass der Kanzler dem Bundespräsidenten zu Beginn einer neuen Amtszeit die Demissionierung der gesamten Regierung anbietet - und dass das Staatsoberhaupt diese ablehnt. 

Die Stimmen aus Briefwahl und Wahlkarten müssen bis zum kommenden Freitag um 14.00 Uhr ausgezählt sein. Innenministerin Maria Fekter wird dann am Abend ein weiteres vorläufiges Endergebnis verkünden. Das endgültige amtliche Endergebnis wird erst um den 10. Mai herum, nach der Sitzung der Bundeswahlbehörde, vorliegen.

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