Höhlen und Gänseleber

Dordogne-Périgord: Zurück zu den Anfängen

Reisen & Urlaub
01.01.2019 08:00

Begegnungen mit Neandertalern, faszinierende Höhlenmalereien und die berühmte Gänseleber locken in die Region Dordogne-Périgord.

Frankreich ist immer eine Reise wert! Für all jene, die an den Ursprüngen der Menschheit, an ihren frühen künstlerischen Äußerungen interessiert sind, bietet dieses Land aber besondere Schätze. Kaum sonst wo gibt es auf engem Raum so viele Höhlenmalereien, Neandertaler-Funde und prähistorische Museen wie im schönen Tal der Vézère in der Dordogne. Um sie bestmöglich zu erkunden, bietet sich eine Studienreise der ARGE Archäologie mit kompetenten Reiseleitern an. Man trifft dabei nicht nur auf auf Menschen mit gleichen Interessen, man sieht auch Höhlen, die für den „normalen“ Reisenden nicht zugänglich oder so versteckt sind, dass man schon gute Kontakte haben muss, um sie zu finden.

Natürlich steht bei so einem Trip auch das weltberühmte Lascaux auf dem Programm, wo man in einer modernen Museums-Anlage den detailgetreuen Nachbau der legendären Höhle besuchen kann. Selbst wenn hier die Zeichnungen der so lebendig wirkenden Tiere nicht original sind, ist man zutiefst berührt von den Hinterlassenschaften der Steinzeitmenschen. Das Alter der Höhlenmalereien von Lascaux wird auf etwa 18.000 Jahre geschätzt, und doch sind sie so lebendig, als wären sie gestern erst gemalt worden.

Übertroffen wird das noch von der erst 1994 entdeckten Höhle von Chauvet, viel weiter südlich im Tal der Ardèche. Die Darstellungen – vorwiegend Löwen, Pferde, Wollnashörner und Auerochsen – werden auf kaum vorstellbare 36.000 Jahre datiert. Die Köpfe und Körper der Tiere sind dabei sehr individuell gestaltet, jedes schaut anders aus, hat seinen eigenen Charakter. Sie alle sind in Bewegung, stürmen gleichsam aus einer Quelle und faszinieren mit ihrer unglaublichen Vitalität. Auch diese Höhle darf man nicht betreten, wohl aber den höchst professionellen Nachbau in der nahen Caverne du Pont-d’Arc.

Eine der wenigen Höhlen, die man noch im Original bewundern darf, ist Font de Gaume, nahe dem Städtchen Les Eyzies-de-Tayac. Hier sieht man nicht nur dreifarbige Bisons, was sehr selten ist, sondern auch kuschelnde Rentiere. Dazu Wildpferde, Löwen und einen Bären. Neben einer menschenähnlichen Darstellung, über die man diskutieren kann, finden sich dachförmige Zeichen, über deren Bedeutung man rätselt. Der Zugang zur Höhle ist streng reguliert, mehr als zwölf Menschen pro Führung dürfen dieses Wunder nicht erleben.

Höhle der 1000 Mammuts
Sehr bekannt ist auch Rouffignac, die als Höhle der 1000 Mammuts bezeichnet wird. Ganz so viele wurden nicht in den weichen Stein geritzt, aber es sind doch mehr als 160. Allerdings beginnen diese Zeichnungen erst nach gut einem Kilometer, ein kleiner Zug bringt die Besucher in die acht Kilometer lange Grotte. Weniger bekannt ist hingegen die Grotte de Bernifal, die mitten in einem Wald liegt und die man mit Taschenlampen besucht. Die steinzeitlichen Künstler haben hier mit den natürlichen Formen der Felsen gearbeitet. Das Highlight ist eine Eselsdarstellung, und auch hier finden sich die rätselhaften Zeichen. Nicht weit entfernt stößt man auf die Höhle des Zauberers, benannt nach einer Zeichnung, die einen von Pfeilen durchbohrten Menschen zeigt, oder vielmehr zeigen könnte. Da man die Künstler nicht mehr fragen kann, ist man auf Spekulationen angewiesen. Ein Umstand, auf den unsere Reiseleiter, die österreichischen Archäologen Antia Soós und Klaus Schindl, immer wieder verweisen.

Faszinierend und fast ein wenig expressionistisch wirken die Höhlenmalereien in Pech Merle. Gepunktete Pferde und regelrechte Tierzüge beeindrucken ebenso wie die riesigen Tropfsteinformationen. Die Höhlen sind allerdings nur ein spektakulärer Anziehungspunkt im Vézère-Tal. Nicht minder beeindruckend sind die Abris, natürlich ausgewaschene Felsvorsprünge, unter denen der Steinzeitmensch Schutz gesucht hat. Viele von ihnen weisen ebenfalls Kunstwerke auf, nicht wenige wurden bis in die Neuzeit genutzt, im Mittelalter als Wohnung und bis heute als Weinkeller.

Die Reise in die Frühzeit der Menschheit hat aber nicht nur außergewöhnliche Kunsterlebnisse gebracht: Die Begegnung mit dem „Alten Mann von Chapelle“ wirft lang gepflegte Klischees über den Haufen. Das in La Chapelle-aux-Saints gefundene Skelett eines Neandertalers zeugt von einer hoch entwickelten sozialen Gesellschaft und lehrt uns außerdem, dass der Homo Sapiens – also wir – ohne eine Vermischung mit dem Neandertaler in Europa nicht überlebt hätte. Was viele erstaunen mag: Helle Haut und rotblondes Haar sind Neandertaler-Erbgut. Und bis heute trägt jeder von uns bis zu vier Prozent Neandertaler-Gene in sich.

Neben all der kompetenten Wissensvermittlung kommen auf so einer Studienreise aber auch der Spaß und der Genuss nicht zu kurz. Im Steinzeit-Erlebnis-Park in Castel Merle etwa kann man sich im Speerwerfen mit der Schleuder oder im Feuermachen versuchen. Und nicht nur im zauberhaften Städtchen Sarlat-le-Canéda, wo man während des Aufenthalts wohnt, locken die Restaurants mit der bekannt guten Küche des Périgord, die erstaunlich viele Zubereitungsarten für Ente kennt. Von der berühmten Gänseleber aus dieser Region reden wir erst gar nicht ...

Michaela Reichart, Kronen Zeitung

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