„Fake it“

Alles erreichen, ohne perfekt sein zu müssen!

Leben
10.08.2019 08:00

Männer sind Meister der Täuschung, Frauen der Enttäuschung. Ständig entlarven sie sich selbst, obwohl niemand danach gefragt hat. Die unordentliche Frisur heute, gemachte Fehler, kleine Makel, mangelnde Fachkenntnisse in Astrophysik - und dann wäre da natürlich noch die eben servierte Bratensoße, die sicher nicht so gut mundet wie sonst immer ... Während Männer oft vor Selbstüberschätzung trotzen, kämpft frau allzu oft mit Selbstzweifeln, relativiert, rechtfertigt und diffamiert - sich selbst mehr als jeden anderen. Doch: Warum eigentlich? Und wie lässt sich das ändern?

„Na dann - fake it, till you make it“ („Tu so als ob, bis du es kannst“), murmelt mir der Kollege grinsend zu. Auf diesen „Rat“ folgt zwar ein ungläubiger Blick meinerseits, der aber wird von meinem Gegenüber schon gar nicht mehr registriert wird. Irgendwie hatte ich mir doch einen etwas „gehaltvolleren“ Tipp erhofft. Eben einen, mit dem ich auch was anfangen kann. „Der hat ja auch gut reden, er steht ja nicht an meiner Stelle“, denke ich und grübele, kalkuliere Risiken, schätze Eventualitäten ein und mache mich so schon verrückt, bevor ich überhaupt angefangen habe. Dass mein Sitznachbar ebenso an dem Projekt beteiligt ist, dabei aber vollkommen sorglos zu sein scheint, entgeht mir dabei natürlich nicht. Für ihn ist das Thema erledigt, längst hat er sich erfreulicheren Dingen zugewandt. Wenn‘s nur auch für mich so einfach wäre!

Das geht doch (nicht)!
Ich beginne zu recherchieren, warum Frauen eigentlich so oft (ver-)zweifeln - mehr an sich als an anderen. Schon bald stoße ich so auf Hanna Dietz‘ Sachbuch „Fake it“ („Tu so, als ob!“). Die Autorin über ihr Werk: „,Fake it‘ zeigt, in welche Fallen wir Frauen mit unserem blind vorauseilendem Gehorsam, unserem automatischen Rechtfertigungsdrang, der Harmoniesucht und unserer Neigung zu selbstzerstörerischer Wahrheit tappen. Und wie wir durch geschickte Täuschungsmanöver besser durchs Leben kommen“. Und damit sind keine gephotoshopten Selfies auf Instagram gemeint, sondern das echte Leben. Und keine Sorge: „In diesem Buch geht es nicht darum, ein besserer Mensch zu werden. Eine Frau zu werden, die 100 Prozent an sich selbst glaubt, in jeder Situation eine superschlagfertige Antwort parat hat und sich nichts bieten lässt. Denn so was kann kein Ratgeber der Welt erreichen! Die Sache ist die: Wenn du es nicht bist, dann bist du es nicht. Aber du kannst trotzdem etwas tun. Du kannst so tun, als ob.“ Diesen Vorgang beschreibt Dietz auch als „Verhaltens-Make-up“.

Selbstbewusstsein wie Make-up auftragen
„Allein der Entschluss, mich nicht mehr verändern zu müssen, sondern nur so zu tun als ob, hat mich total erleichtert. So kann ich dem Druck, meine charakterlichen Defizite reformieren zu müssen, endlich entgehen. Ich muss nicht mehr länger schmerzhafte Ursachenforschung für meine Fehler betreiben. Ich muss nicht mehr krampfhaft versuchen, alles richtig zu machen - und enttäuscht sein, wenn es mal wieder nicht geklappt hat.“ Es ist ein bisschen so wie Make-up: Man kann sich mit Concealer die Augenringe kaschieren, den Teint mit Puder aufpolieren und den Augen mit Mascara einen dramatischen Ausdruck verleihen. „Und so stelle ich mir das vor: Fake ist nichts anderes als Verhaltens-Make-up (VMU). Damit sehe ich gleich viel besser aus.“ Vor allem aber bringt es frau in allen Bereichen des Lebens weiter. Warum Frauen weniger verdienen als Männer, seltener in die Chefetagen von Unternehmen aufsteigen? Für Dietz ist klar, warum: „Wir fordern es nicht ein. Weder mit Worten noch mit unserem Auftreten.“

Doch wie tue ich, als ob? Sieben Tipps aus dem Buch:

  • Verbergen Sie Ihre Selbstzweifel: Klar, jeder hat sie. Doch Frauen neigen dazu, ihrer Umwelt ihre Selbstzweifel auf dem Silbertablett zu servieren - ohne dass jemand danach gefragt hätte. Behalten Sie diese einfach für sich, vor allem gegenüber Vorgesetzten. Für Dietz steht fest: Frauen sind weniger oft erfolgreich, weil sie „Unsicherheit wie ein Zeichen der Unterwerfung“ vor sich hertragen. Das Kind hat die Bluse angeschmiert, der Kuchenteig ist nicht aufgegangen? Tun Sie also öfter so, als wäre es Ihnen egal. Meist können Sie sowieso gerade nichts daran ändern!
  • Sagen Sie öfter: „Klar, das kann ich!“: Ein neues Projekt steht an, doch noch ist unklar, wer es übernimmt? Falls der Chef sie ins Auge fasst, zeigen Sie sich doch ausnahmsweise mal richtig selbstbewusst. Sie sind mit der Materie vertraut und sind motiviert? Dann sagen Sie das auch so! Aber ...
  • ... reden Sie sich nicht um Kopf und Kragen! Frauen neigen dazu, sich zu rechtfertigen, zu relativieren, die eigenen Leistungen zu schmälern („Das war doch nichts Besonderes!“, “Sonst kann ich das besser“, etc.). Schluss damit: Erkennen Sie ihren Einsatz an und halten Sie damit nicht hinter dem Berg, wenn Sie danach gefragt werden!
  • Seien Sie eine Rose, kein Veilchen: Eine Rose ist stolz, wunderschön und bekommt Aufmerksamkeit - wünschen wir uns das nicht insgeheim alle? Doch eine Rose hat auch Dornen, niemand würde sie unüberlegt anfassen. Ein Veilchen hingegen steht am Wegesrand, ist bescheiden, leise und undaufdringlich - und fällt niemanden richtig auf. Dietz: „Generationen von Veilchen wurden herangezüchtet - und noch heute neigen Frauen dazu, eine Frau, die als stolze Rose auftritt, schräg anzuschauen.“ Zeit also, aufrecht durchs Leben zu gehen.
  • Seien Sie überzeugend: Um andere von etwas überzeugen zu können, müssen sie als Erstes selbst dafür brennen!
  • Sagen Sie auch einmal Nein: Sie kennen das: Ein aufdringlicher Lockvogel will Ihnen an der Wohnungstür ein Tiefkühl-Abo oder eine Mitgliedschaft im städtischen Hundeverein verkaufen. Zeit, das Kind beim Namen zu nennen, denn nett zu lächeln und Ausreden zu erfinden („Ich kann jetzt nicht, meine Suppe kocht über“) bringt Sie nicht weiter. Sagen Sie einfach: „Ich will kein Abo/Mitgliedschaft/Soßenbinder“ - und fertig.
  • Seien Sie sparsam mit Füllwörtern: „Der Weg ins berufliche Abseits ist gepflastert mit Füllwörtern“, so Dietz. Sie „verdünnen Informationen und schwächen die Aussagekraft. Es ist, als ob man Salatdressing mit Wasser streckt.“

Frauen und Selbstzweifel - eine unendliche Geschichte
„Frauen gehen regelrecht mit ihren Selbstzweifeln hausieren, als wären wir trübsinnige Staubsauger-Vertreter kurz vor der Entlassung. Das einzige prekäre Geheimnis, das eine Frau imstande ist, selbst unter CIA-Folter nicht zu verraten, ist ihr wahres Gewicht. Aber den ganzen Rest an selbstdiffamierenden Informationen plappern wir frei von der Leber weg - von dem ganzen Diät-Quatsch und Schönheitswahn, mit dem wir Frauen uns das Leben schwer machen, ganz zu schweigen.“

Doch warum verdienen Männer mehr, sind Männer erfolgreicher? Mit dem „starken Geschlecht“ hat dies nichts zu tun, so die Autorin. Sie ist sicher: Nicht weil Frauen an sich zweifeln, sind sie weniger erfolgreich im Leben. „Sondern weil wir andere in unsere Zweifel einweihen!“

Auf zur neuen Unbescheidenheit!
Zeit also, meine Unsicherheit(en) zu kaschieren und so zu tun als ob. Vielleicht hatte der Kollege eingangs ja doch nicht unrecht. „Fake it, till you make it“. Als Veilchen komme ich bei meinem Projekt jedenfalls nicht gut weiter, vielleicht probiere ich es doch einmal als Rose? Zu verlieren gibt es eigentlich nichts - also worauf warten? Ein wenig Verhaltens-Make-up aufgelegt und los geht‘s mit der neuen „Unbescheidenheit“. Ganz nach dem Motto „Ich fake, also bin ich!“

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(Bild: kmm)



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