Katias Kolumne

Leistbares Wohnen für Immobilienspekulanten

Wien
08.08.2018 11:55

Eine Eigentumswohnung in der lebenswertesten Stadt der Welt um 2000 Euro - wer würde da nicht schwach werden? Bei diesem Schnäppchenangebot zugeschlagen hat ein Schweizer Investor, der gleich 3000 dieser günstigen Sozialwohnungen um einen Gesamtpreis von läppischen sechs Millionen Euro über die Wohnbauvereinigung GFW erstanden hat. Während Gutachter den Deal aus Formalgründen für unzulässig und „absolut nichtig“ erklärten, bemüht sich das rot geführte Wohnbauressort nun um einen nachträglichen, abschließenden Genehmigungsstempel für den Verkauf. Ein Vorgehen nach dem Motto: Wien ist anders. Ganz anders.

Der Preisknüller dürfte sich zumindest für ein paar Wenige ausgezahlt haben, denn der tatsächliche Wert des Wohnungspakets beträgt bis zu 700 Millionen Euro, also in etwa das 116-Fache von dem, was der Schweizer Investor auf den Tisch gelegt hat. Ein weiterer, unverständlicher Schleuderpreisverkauf, der beim politisch interessierten Medienkonsumenten Erinnerungen an die Steinhof-Gründe, das Heumarkt-Projekt, das Floridsdorfer Tröpferlbad oder die Stadtpark-Meierei wachküsst. Eine Wiener Geschichte, die sich immer und immer wieder zu wiederholen scheint.

Nachträglicher Persilschein für den Klassenfeind?
Umso unverständlicher ist das Bestreben der derzeitigen Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ), die Genehmigung für diesen umstrittenen Deal im Nachhinein bei der dafür zuständigen Wiener Landesregierung durchzubringen, sind doch ausländische Immobilienspekulanten der logische Gegner, ja sogar der Klassenfeind der Sozialdemokaten. Dass nun ausgerechnet jene einen wohl wenig bedürftigen Schweizer Investor bei dem Kauf von Sozialwohnungen zum Sonderpreis von 2000 Euro pro Stück unterstützen wollen, die sich sonst für leistbares Wohnen und gegen Immobilienhaie starkmachen, ist nur schwer zu erklären.

Immerhin ist Wien eine Stadt, die robust verschuldet ist, wo gemeinnütziger Wohnraum beständig fehlt und deren Bewohner unter immer teurer werdenden Mieten ächzen. In einer solchen Großwetterlage Sozialwohnungen um einen Bettel und mit politischer Unterstützung zu verscherbeln, hat einen fahlen Beigeschmack und lässt den Verdacht aufkeimen, dass es mehr um Partikularinteressen von einigen Wenigen als um das Bestmögliche für die teuerungsgeplagten Wienerinnen und Wiener geht. BUWOG lässt grüßen.

Noch ein Koalitionszwist: Der Herbst wird heiß
Die Wiener Oppositionsparteien FPÖ und ÖVP haben sich bereits gegen eine rückwirkende Zustimmung für die Verkaufsabwicklung ausgesprochen, ebenso der Koalitionspartner, die Grünen. Angesichts der Vereinbarung, nicht gegeneinander stimmen zu wollen, reiht sich nach dem Lobau-Zwist zwischen Rot und Grün auch dieses Thema in die Liste der möglichen Koalitionsbrüche und Neuwahl-Gründe ein. In ein paar wenigen Monaten soll es in dieser Causa zu der Entscheidung der Landesregierung kommen. Es könnte also tatsächlich der angekündigte „heiße Herbst“ bevorstehen.

Katia Wagner

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