Steiner steht damit in Peking auf einer Stufe mit Weltrekord-Sprinter Usain Bolt und Schwimm-Superstar Michael Phelps. "Supersteiner" hieß es prompt am Mittwoch auf dem Titelbild der Olympia-Beilage der Tageszeitung "China Daily". Die hollywoodreife Story des in Wien geborenen Niederösterreichers bewegte am Tag nach seinem großen Sieg die Weltmedien.
Deutschland statt "Teppichland"
Steiner hatte sich nach seinem Olympia-Auftritt in Athen 2004 mit dem ÖGV so überworfen, dass er ins Nachbarland gewechselt war, nachdem man ihm in der Heimat sogar einen Start für "Teppichland" nahegelegt hatte. In Deutschland verlor der 145-Kilo-Riese, der seit dem 18. Lebensjahr wegen einer übergangenen Grippe Diabetiker ist, die gerade erst gefundene und geheiratete Lebensliebe Susann durch einen tödlichen Autounfall.
"Ich musste nur heben"
Sein Versprechen an sie, in Peking Gold zu holen, löste er am 19. August 2008 in einem von Trainer Frank Mantek trickreich gesteuerten ("Ich musste nur heben") und mitreißenden Finalkampf ein, bei dem er im Finish alles riskierte. "Ich habe das Wichtigste in meinem Leben verloren, was hätte ich noch zu verlieren gehabt?", erklärte Steiner, warum er am Ende alles auf eine Karte gesetzt hat. "Man versucht, Wut und Aggression in Motivation umzuwandeln." Steiners anschließender Jubel, das Foto seiner verstorbenen Frau in der Hand, ging um die Welt.
Besuch im Österreich-Haus
"Meine Stimme ist bald im Eimer", krächzte Steiner am Mittwoch nach nur zwei Stunden Schlaf bei der Pressekonferenz im Deutschen Haus. Zwei Stunden später hatte der sympathische und smarte Koloss statt des deutschen den österreichischen Bundesadler über sich. Aber auch bei seinem Besuch im nahen Österreich-Haus fielen keine bösen Worte. "Säge kein Sägemehl ist mein Motto. Ich habe mit Gold die Antwort gegeben", wollte sich Steiner nicht als "Vertriebener" fühlen. "Ich habe damals meine Entscheidung gefällt und den für mich richtigen Weg gewählt. Österreich ist eben ein Kulturland."
Steiner freut sich auf Mamas Sachertorte
In Deutschland hingegen seien Sport-Strukturen sehr professionell. Dort fühlt man sich wirklich wie ein Profisportler", erklärte der Olympiasieger. Seine Wurzeln, so der in Heidelberg lebende Steiner, werde er aber nie verlieren. "Ich habe 20 Jahre dort gelebt, man kommt ja nicht aus dem Nichts. So etwas prägt." Heimbesuche in Obersulz bei Mistelbach sind deshalb weiter am Plan. "Worauf ich mich jetzt am meisten freue, ist die Sachertorte meiner Mama", sagte der Hüne, der die Naturkraft angeblich vom Vater geerbt hat und selbst bei einer "kleinen" Mahlzeit an die drei Steaks und in der Vorbereitungszeit täglich an die 8.000 Kalorien verputzt. "Als Installateur war ich immer der Depp, weil ich alle schweren Sachen tragen musste."
Im österreichischen Heberverband dürfte man ähnlich mit dem Jahrhunderttalent umgegangen sein. Der anfängliche Streit um den Trainer eskalierte nach einem "Salto Nullo" Steiners bei der EM 2005. Damals hatte ÖGV-Vizepräsident Martin Schödl in einer Aussendung mitgeteilt, es sei ihm nun "egal, ob Steiner künftig für Schweden, Deutschland, Kasachstan oder Teppichland startet". Mit Gold um den Hals sah Steiner aber in Peking keinen Grund, deshalb noch böse zu sein. "Ich habe mir damals auch kein Blatt vor den Mund genommen und einige vertragen die Wahrheit eben nicht." In Deutschland würden hingegen echte Profis den Wagen ziehen. "Dass ich Gold auch als Österreicher geholt hätte, muss ich eher verneinen."
Turbulente Zeiten
Auf den stärksten Gewichtheber der Welt kommt jetzt eine turbulente Zeit nicht nur in Deutschland zu. Selbst Angebote für Showkämpfe in der Südsee liegen vor. Die WM im Herbst in Korea ist aber das nächste große Ziel. Und im kommenden Jahr trifft Steiner beim "Arnold Classic" auch auf Schwarzenegger, der wie sein Landsmann als Gewichtheber begann, ehe er es übers Bodybuilding und Schauspielen bis zum Gouverneur Kaliforniens gebracht hat. Steiner sah durchaus Gemeinsamkeiten. "Auch Arnold musste erst aus Österreich ausbrechen. Ich bin wohl ähnlich bekloppt wie er."
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