Wahltermin fixiert

Nationalratswahlen am 28. September

Österreich
09.07.2008 13:58
Der Termin für die vorgezogene Neuwahl steht fest: Im Parlament hat man sich am Dienstag auf einen Urnengang am 28. September geeinigt. Damit ist der spätere der beiden zuletzt noch genannten Termine zum Zug gekommen, zuvor war auch der 21. September als möglicher Termin überlegt worden. Laut Angaben der Statistik Austria werden beim Urnengang im Herbst rund 6,350.000 Österreicher wahlberechtigt sein.

Wie das Innenministerium mitteilte, würden die genauen Zahlen aber erst ermittelt. Erstmals sind ja bei dem vorgezogenen Urnengang auch 16- und 17-Jährige wahlberechtigt. Laut Statistik Austria gibt es derzeit rund 93.000 16-Jährige und 91.000 17-Jährige. Im Jahr 2006 waren bei den damaligen Nationalratswahlen 6,107.851 Personen wahlberechtigt gewesen.

Wahlkampf im Parlament bereits angelaufen
Im Parlament ist der Wahlkampf bereits voll angelaufen. Die Koalitionspartner bemühten sich am Dienstag nach Kräften, dem jeweils anderen die Schuld für das Scheitern der rot-schwarzen Regierung zuzuweisen. SPÖ-Sicherheitssprecher Rudolf Parnigoni warf der ÖVP vor, sich aus der Regierungsverantwortung "davongestohlen" zu haben. ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon machte dagegen offen ausgetragene Führungsdebatte der Kanzlerpartei für den schwarzen Absprung aus der Regierung verantwortlich. ÖVP-Klubobmann Schüssel sprach sogar vom Verrat der SPÖ an der eigenen Seele. Die Opposition nutzte die Gunst der Stunde und rechnete mit Rot-Schwarz ab.

Vieles wäre sicher noch zu erledigen gewesen, wir sind als Sozialdemokraten dazu bereit, aber die ÖVP hat sich aus der gemeinsamen Regierungsverantwortung davongestohlen", sagte SP-Sicherheitssprecher Parnigoni. "Das glaubt Ihnen niemand mehr in diesem Land", konterte VP-Generalsekrektär Hannes Missethon. Grund für die Aufkündigung der Regierung sei die "Führungslosigkeit und Orientierungslosigkeit innerhalb der SPÖ" gewesen. Dafür sei nicht die ÖVP verantwortlich, denn das "Gusenbauer-Bashing" sei ja innerhalb der SPÖ passiert, so Missethon.

"SPÖ-Verrat an eigener Seele"
ÖVP-Klubobmann Wolfgang Schüssel machte die SPÖ und ihren EU-Schwenk klar für das Scheitern der Koalition verantwortlich. Er habe "keine Freude daran", dass das Projekt der Großen Koalition, die er gewollt habe, gescheitert sei, erklärte der ehemalige Bundeskanzler. Mit dem neuen EU-Kurs hätten die Sozialdemokraten aber nicht nur Verrat am Regierungsprogramm, sondern auch "an der eigenen Seele" begangen. Man müsse aus Überzeugung handeln und nicht "praktisch alle Überzeugungen über Bord werfen", so Schüssel, demzufolge die SPÖ mit ihrem Schwenk "nach 18 Monaten ihren Obmann gekillt" habe.

Cap bereits in Wahlkampflaune
Bereits ganz in Wahlkampflaune präsentierte sich SPÖ-Klubchef Josef Cap: Er warnte vor dem "seelenlosen Computer" bei der Pensionsautomatik, kritisierte die parteipolitische Spielwiese der ÖVP im Innenministerium und forderte Mindestsicherung, Pflegegeld-Erhöhung und Verlängerung der Hackler-Regelung. Der ÖVP warf er vor, "mutwillig" die Zusammenarbeit zu beenden: "Es kann eine Regierung nicht funktionieren, wenn ein Partner in dieser Regierung schon ab dem Wahltag der Meinung war, es hat sich die Bevölkerung geirrt, das war alles ungerecht und eigentlich hätten wir verdient, dass wir den Bundeskanzler stellen."

Oppositionsparteien rechnen ab
Eine vernichtende Bilanz über die eineinhalb Jahre der Großen Koalition haben erwartungsgemäß die Oppositionsparteien gezogen. "Es ist wenig originell, zu sagen, dass das die schlechteste Große Koalition war, die es seit 1945 gegeben hat, in diesem Land", sagte Grünen-Chef Alexander Van der Bellen.

Er verglich die Nationalratssitzung am Dienstag mit absurdem Theater. Da werde die angeblich beste Innenministerin aller Zeiten und die angeblich fleißigste Frauenministerin aller Zeiten vorgestellt, "und gleichzeitig wissen wir, dass diese Bundesregierung wegen erwiesener Handlungsunfähigkeit abtritt und im Herbst Neuwahlen stattfinden werden". "Ionsescu seinerzeit hätte kein paradoxeres absurderes Theaterstück schreiben können", ätzte Van der Bellen, für den das Ganze ein "Sinnbild der Zeit und Energieverschwendung" dieser Regierung ist. Die letzten Monate der Großen Koalition wertete der Grünen-Chef als "verlorenes Jahr".

FPÖ kritisiert "italienische Verhältnisse"
FP-Chef Heinz-Christian Strache attestierte SPÖ und ÖVP "Regierungsunfähigkeit". Von der vorgezogenen Nationalratswahl im September erhoffe er sich eine "Abrechnung mit dieser unverantwortlichen Regierung." Strache befürchtet allerdings, dass SPÖ und ÖVP zwar Neuwahlen provozieren, danach aber gleich die Große Koalition fortsetzen wollen. "Wahrscheinlich sind da schon alle Positionen besprochen, da geht's nur noch darum, wer wird Kanzler", mutmaßte Strache.

Die ÖVP verglich er mit einer Giftspinne: "Die ÖVP ist der Hort der Instabilität. Zum dritten Mal hat die ÖVP nach 1995 und 2002 versucht, aus parteitaktischen Gründen einen Regierungspartner auflaufen zu lassen. Das Verhalten einer Schwarzen Witwe." Für Strache tragen aber trotzdem beide Regierungspartner die Verantwortung für das Scheitern der Koalition und haben die Bezeichnung staatstragende Parteien nicht mehr verdient. "Wo sind sie denn staatstragend? Italienische Verhältnisse haben sie nach Österreich gebracht durch ihr Versagen."

"Es gilt das gebrochene Wort"
"Gusenbauer - es gilt das gebrochene Wort: rotes Chaos in der EU-Politik", lautete das von BZÖ-Chef Westenthaler vorgegebene Thema während seiner Rede im Nationalrat. Westenthaler wetterte, dass man Österreich durch die eigenen internen Krisen in eine Staatskrise geführt habe. Übrig geblieben sei eine "mut- und kraftlose Regierung", die den wahren Problemen der Bevölkerung nichts entgegen habe setzen können. Gegen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer brachte das BZÖ einen Misstrauensantrag ein, da es nicht "sein kann, dass dieser noch einen weiteren Tag im Amt bleibt und Gehalt abkassiert", so Westenthaler.

Der neuen Kurs der SPÖ  - "ein Schwank und kein Schwenk"  - sei Westenthaler zufolge nicht ernst zu nehmen. Schließlich seien die Sozialdemokraten noch bis vor kurzem gegen eine Volksabstimmung gewesen, betonte er. Auch SP-Parteichef Werner Faymann habe den Reformvertrag stets verteidigt, so Westenthaler. Der ÖVP warf der BZÖ-Abgeordnete vor, nur wegen ihrer Ablehnung einer Volksabstimmung Neuwahlen vom Zaun zu brechen.

Viele Parteien wollen antreten
Im neuen Nationalrat könnte es neben den fünf Parlamentsparteien SPÖ, ÖVP, Grüne, FPÖ und BZÖ bald auch neue Gruppen geben. So hat der Tiroler ÖVP-Dissident Fritz Dinkhauser angekündigt, zumindest in Tirol fix bei den Nationalratswahlen anzutreten. Und die EU-kritische Gruppe "Rettet Österreich" um Karl Nowak will sogar bundesweit kandidieren. Der EU-Abgeordnete Hans Peter Martin überlegt noch eine eigene Kandidatur, und das LIF dürfte seine Entscheidung für ein Antreten am Wochenende fällen.

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