Kritik an FIS

Reichelt wütend: "Wir sind komplett ungeschützt"

Sport
15.12.2017 12:41

Die Sicherheitsdebatte im alpinen Skisport scheint trotz zweier tödlicher Unfälle in diesem Winter eingeschlafen. Ansatzpunkt gebe es genug, finden zumindest die österreichischen Speed-Herren - Airbag-Weste und dickere Rennanzüge wären zwei. "Aber da läufst du gegen eine Wand", sieht Hannes Reichelt Versäumnisse beim Ski-Weltverband (FIS). "Wir sind einfach komplett ungeschützt."

"Das Einzige, was wir haben, ist der Rückenprotektor und das bei den Knien", machte Reichelt deutlich. Es brauche "erstens einmal einen viel dickeren Rennanzug, dann ein paar Lederanteile. Also einfach, dass man sich in Richtung Motorrad orientiert."

Mit dem von der Firma Dainese entwickelten und im Weltcup seit zwei Jahren verwendeten Airbag ist der Salzburger nicht mehr unterwegs. "Es ist ein aerodynamischer Nachteil, und ich krieg so schwer Luft auch", argumentierte Reichelt.

"Es müssen Vorschriften sein"
Im ÖSV-Team ist er nicht der einzige Athlet, der "oben ohne" fährt, und auch international setzen nach anfänglich positiven Signalen immer weniger auf das System. Knackpunkt sei die Freiwilligkeit, nimmt Reichelt den Ski-Weltverband FIS in die Pflicht. "Es müssen Vorschriften sein, dann hat es jeder zu machen, dann ist es für jeden gleich", betonte er.

Vincent Kriechmayr, der mit Airbag-Weste fährt, schlägt sich auf die Seite seines Teamkollegen. "Ich kann das nicht verstehen, dass darüber diskutiert wird, ob das sicher ist oder nicht. Natürlich bringt er was. Aber so lange die FIS da nicht mithilft und ein Machtwort spricht, wird sich nie was ändern", meinte der Oberösterreicher.

"Wahrscheinlich sitzen die falschen Leute dort"
Als Athletensprecher hat Reichelt zumindest Zugang zu den Prozessen innerhalb des Weltverbandes. Doch wirklich etwas bewegen könne er nicht. "Ich habe mir gedacht, ich kann was verändern, aber da läufst du gegen eine Wand", kritisierte der 37-Jährige. "Wahrscheinlich sitzen die falschen Leute dort, die so etwas entscheiden", wurde er konkreter. "Es sind verschiedene Gremien, wo solche Sachen durchlaufen müssen. Und oft ist es so, dass jeder seinen Job verteidigen möchte."

Verschiedene und widerstrebende Interessen würden eine große Rolle spielen, meinte auch ÖSV-Speedchef Sepp Brunner. "Es ist schon einmal mehr darüber geredet worden", stellte der Steirer fest. Fakt ist, dass Dainese in Konkurrenz zu anderen Firmen steht, die ähnliche Konzepte entwickeln oder bereits vorgelegt haben.

Die durch Herstellung und Marketing hohen Kosten spielen eine große Rolle. Wenn Dainese nicht im Ausrüsterpool eines nationalen Verbandes ist, kommt die Anschaffung teuer. "Wenn ein Junger stürzt und es gibt eine Auslösung, dann muss er ihn ersetzen", erklärte Brunner.

Was der Airbag und andere Protektoren bei den tödlichen Trainingsstürzen von David Poisson und Max Burkhart ausrichten hätten können, wird sich freilich nicht mehr feststellen lassen. Brunner ist prinzipiell gerade auch für Nachwuchsathleten die Schaffung von mehr permanenten Trainingsstrecken mit größtmöglicher Sicherheit ein Anliegen.

Vorbild Copper Mountain
"Für mich ist ein Vorbild Copper Mountain. Die haben das schon vor Jahren zusammengebracht. Ich glaube, in die Richtung muss man jetzt Anstöße geben", sagte er. "Man braucht ein Geld für so etwas, das ist klar. Aber der Skisport ist eine große Sportart, und der Abfahrtssport sehr wichtig, gerade für Österreich, Schweiz und Italien. Ich glaube, da ist zu wenig die letzten Jahre gemacht worden."

In Österreich sei Saalbach eine sichere Strecke, "aber man braucht vielleicht auch im Osten und im Westen irgendetwas". Grundsätzlich werde ein Restrisiko aber immer bestehen, ist sich auch Brunner bewusst.

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(Bild: KMM)



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