Und in Frauenzelle?

Nach Geschlechtswechsel darf SIE früher in Pension

Dieser Fall stellt die Genderpolitik auf den Kopf. Walter änderte sein Geschlecht auf weiblich und könnte dadurch rund vier Jahre früher in Pension gehen. Mehr noch: Er könnte eine fällige Haftstrafe durch den Geschlechtswechsel nun sogar im Frauengefängnis absitzen. Die „Krone“ zeigt die ganze unglaubliche Geschichte.

Mit Glatze, Militärhose und einem markanten Bizeps sitzt Waltraud (sic!) vor krone.tv-Infochefin Katia Wagner. Den Bart, einen auffälligen Schnauzer, den er auf seinem Ausweisfoto trägt, hat er aber mittlerweile rasiert. „Aber nur, weil er weiß geworden ist und ich keine Lust aufs Färben hatte“, sagt Waltraud mit einem spitzbübischen Lächeln.

Ex-Rotlicht-Boss, jetzt eingetragene Frau
Dass Walter nun als Waltraud vor der krone.tv-Kamera sitzt, ist durchaus skurril. Der ehemalige Stundenhotel-Betreiber, der sich selbst als eine Art „Staatsverweigerer“ sieht, kam nach einem Schreiben zum Haftantritt auf die Idee, sein Geschlecht zu ändern. Der Wiener hatte gefälschte Silbermünzen verkauft und drei Monate Haft ausgefasst. „Ich dachte mir: Dann gehe ich eben ins Frauengefängnis“, erklärt er den Grund für den Geschlechtswechsel.

„Hallo, ich bin Waltraud“, stellt sich die Wienerin vor.
„Hallo, ich bin Waltraud“, stellt sich die Wienerin vor.(Bild: Urbantschitsch Mario)

„Ich freue mich besonders aufs gemeinsame Duschen und Spazierengehen mit den Frauen. Ich mache mir dort mit den Damen eine gute Zeit“, sagt sie augenzwinkernd.

Am Magistrat: „Wie muss eine Frau denn aussehen?“
Als sein Freund dagegen gewettet hat, wollte er es wissen. Am Magistrat hatte man ihn erst weggeschickt, da sein Äußeres keine besonders weiblichen Merkmale hatte. „Ich empfand das als sexistisch. Denn wie muss eine Frau aussehen? Braucht es lange blonde Haare, falsche Wimpern und einen Minirock, um eine Frau zu sein?“, entgegnet Walter.

Wenig später kam er mit einem psychiatrischen Gutachten wieder. „Ich habe damit gerechnet, dass ich zum Amtsarzt muss oder es ein Gegengutachten gibt. Aber nein. Es ging ruckzuck und binnen einer Woche war ich eine Frau mit allen entsprechenden Ausweisdokumenten als Waltraud“, erzählt Waltraud vom Ablauf am Magistrat.

Auf dem Ausweisbild trug Waltraud noch einen Schnauzer.
Auf dem Ausweisbild trug Waltraud noch einen Schnauzer.(Bild: Krone KREATIV/urbantschitsch mario)

Waltraud will in Mehrbettzelle ins Frauengefängnis
Als es mit dem Haftantritt ernst wurde, war Walter längst eine eingetragene Frau. Das Angebot der Behörden einer Fußfessel lehnt die nunmehrige Sie ab – sie wolle ihre Strafe in einem Frauengefängnis absitzen. Und zwar in einer Mehrbettzelle mit anderen Frauen! „Ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon ein zweites Gutachten gemacht, dass ich nicht allein liegen kann“, sagt sie mit einem Schmunzeln.

„Wenn es vielleicht der Brad Pitt wäre, würden sich die Mitinsassinnen vielleicht freuen, aber so bin es halt nur ich“, sagt sie. Die Behörden würden bis heute versuchen, ihr die Fußfessel schmackhaft zu machen: „Eine typisch österreichische Lösung, um das Problem zu umgehen“.

Frühere Pension nur „netter Nebeneffekt“
Als überraschenden, „netten Nebeneffekt“ bekam Waltraud nach dem Geschlechtswechsel ein Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt. Er dürfe als nunmehrige Frau jetzt vier Jahre früher – nämlich mit 61 statt 65 Jahren als Mann – in Pension gehen! „Damit habe ich nicht gerechnet. Das war nicht mein Ziel und nicht mein Plan“, sagt sie. Sie habe eigentlich nur die Justiz ärgern und die Haftstrafe im Frauengefängnis absitzen wollen.

Sie legt „Krone“-Journalistin Katia Wagner das Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt, adressiert an „Frau P.“, vor.

Waltraud legt „Krone“-Journalistin Katia Wagner das Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt ...
Waltraud legt „Krone“-Journalistin Katia Wagner das Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vor, wonach sie als Frau nun schon mit 61 Jahren in Pension gehen darf.(Bild: Krone KREATIV/Katia Wagner)

Das Justizministerium erklärt auf Anfrage der „Krone“, dass sich mit dem Thema eines „identitätskonformen Lebens von LGBTQ+-Personen im Vollzug“ eine eigene Arbeitsgruppe beschäftigt hat. Diese hätte festgelegt, dass Transpersonen nicht diskriminiert werden dürfen. Wo sie untergebracht werden, ist eine Einzelfallentscheidung.

Pensionsversicherungsanstalt möchte nun noch einmal genau prüfen
Die Pensionsversicherungsanstalt schreibt auf Nachfrage, dass die Berechnung des früheren Pensionsstichtags von Waltraud auf der Eintragung im Zentralen Personenstandsregister basiert. Am Pensionsstichtag würde bei Zweifeln der Einzelfall erneut geprüft werden. Wenn Waltraud also am Stichtag nicht wie eine Frau aussehe, könnte sich noch ein anderes Antrittsalter ergeben. Doch wer legt fest, wie eine Frau auszusehen hat?

Ein Gespräch unter Frauen: Waltraud mit „Krone“-Journalistin Katia Wagner
Ein Gespräch unter Frauen: Waltraud mit „Krone“-Journalistin Katia Wagner(Bild: Urbantschitsch Mario)

Wer wann in Pension gehen darf

  • Für Männer beträgt das Alter, um in Regelpension zu gehen, 65 Jahre.
  • Für Frauen variiert das Pensionsantrittsalter je nach Geburtsdatum zwischen 60 und 65 Jahre
  • Bis Ende 2023 lag das Pensionsantrittsalter für Frauen bei 60 Jahren. Seit 2024 wird es schrittweise angehoben. Derzeit beträgt es 61,5 Jahre und wird bis Mitte 2033 auf 65 Jahre steigen.
  • Für den Pensionsantritt zählt das eingetragene Geschlecht im Personenstandsregister zum Stichtag.

Wehrpflicht könnte man mit Geschlechtswechsel umgehen
Dazu gibt es in der österreichischen Rechtsprechung keine eindeutigen Kriterien. In einem anderen, aber ähnlich gelagerten Fall wurde der frühere Pensionsantritt verwehrt. Ein Wiener hatte nur wenige Wochen nach seinem Geschlechtswechsel den Antrag auf einen früheren Pensionsantritt als Frau eingereicht. Die PVA lehnte ab, da die Person keine „äußeren Zeichen der Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht“ zeige und – anders als bei Waltraud – kein psychiatrisches Gutachten vorlegen konnte.

Derzeit wird der Fall vor Gericht verhandelt. Der Rechtsanwalt der Klägerin, Dr. Florian Knaipp, sieht mit der unsicheren Rechtslage auch einen anderen Themenkomplex aufkeimen. „Wenn es gar keine Kriterien gibt, kann ich mir vorstellen, dass sich so mancher junge Mann mit 17 als Frau eintragen lassen wird, um die Wehrpflicht zu umgehen“, so der Jurist. Der Gesetzgeber sei gefragt, festzulegen, was eine Frau und was einen Mann definiert.

Rechtsanwalt Dr. Florian Knaipp vertritt in einem ähnlichen Fall eine Klientin nach dem ...
Rechtsanwalt Dr. Florian Knaipp vertritt in einem ähnlichen Fall eine Klientin nach dem Geschlechtswechsel.(Bild: Urbantschitsch Mario)

So funktioniert der Geschlechtswechsel

  • Um sein Geschlecht zu wechseln, muss man eine Änderung im Personenstandsregister vornehmen. Das kann bei jedem Standesamt in Österreich beantragt werden.
  • Damit erfolgt im Ehe-, Sozial- und Pensionsrecht eine Gleichstellung mit Menschen desselben Geschlechts.
  • Der Verwaltungsgerichtshof urteilte im Jahr 2009, dass dafür keine operative Geschlechtsumwandlung notwendig ist.
  • Ein psychiatrisches Gutachten ist rein rechtlich nicht notwendig, um eine Änderung durchzuführen. Es fällt allerdings den Standesämtern zu, eigenständig über Anträge zu entscheiden. In Wien ist ein Gutachten Voraussetzung.
  • In Deutschland gilt seit November 2024 ein neues Gesetz, das die Geschlechtsänderung erleichtert. Es reicht eine einfache Erklärung, vorher mussten für eine Änderung Gutachten von zwei verschiedenen Sachverständigen eingeholt werden und ein Gericht entscheiden.

„Ich bin lesbisch“
Waltraud – oder Walter – scheint sich mit seinem neuen Geschlecht jedenfalls pudelwohl zu fühlen. „Natürlich fühle ich mich als Frau“, stellt sie mit einem breiten Grinsen klar. Darauf angesprochen, dass sie – oder er – bereits seit 24 Jahren mit einer Frau verheiratet ist und zwei jugendliche Kinder hat, erklärt sie mit tiefer Stimme: „Ich bin eben eine lesbische Transsexuelle.“ Was ihre Ehefrau dazu sagte, dass der Mann, den sie geheiratet hat, nun weiblich sei? „Meine Frau ist einiges von mir gewohnt“, sagt Waltraud.

Die Reportage zu Waltraud sehen Sie Sonntag und Montag um 20.15 Uhr auf krone.tv; den Podcast „Der Fall Waltraud – wie ein Mann die Republik narrt“ finden Sie überall, wo es Podcasts gibt!

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