Mit drei Schiffen

Erste Flüchtlinge in die Türkei abgeschoben

Ausland
04.04.2016 09:27

Zweieinhalb Wochen nach dem Beschluss des EU-Türkei-Flüchtlingspakts sind Montagfrüh die ersten Migranten von den griechischen Inseln Lesbos und Chios aus in die Türkei zurückgeschickt worden. Insgesamt drei Schiffe mit 202 Flüchtlingen an Bord legten laut den Behörden am Vormittag im Hafen des westtürkischen Küstenortes Dikili an. Die befürchteten Ausschreitungen blieben aus.

Auf dem Weg zum Hafen von Dikili wurden die Schiffe von der türkischen Küstenwache begleitet. Über dem Hafen von Lesbos kreiste ein Polizeihubschrauber. Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete, bei den meisten zurückgeschickten Flüchtlingen handle es sich um Pakistaner.

Busse hatten die von Dutzenden Sicherheitskräften begleiteten Menschen am Morgen in die Häfen von Lesbos und Chios gebracht. An Bord seien ausschließlich Männer, sagte der Sprecher des Krisenstabes, Giorgos Kyritsis. Nur zwei davon seien Syrer, die freiwillig in die Türkei zurück wollten. Alle anderen seien Flüchtlinge aus Pakistan und nordafrikanischen Staaten. Diese hätten keinen Anspruch auf Asyl, hieß es. Die Behörden hatten im Vorfeld mit Widerstand gerechnet, bei der Küstenwache war von einer explosiven Stimmung unter den Flüchtlingen die Rede. Ausschreitungen gab es dann aber keine.

Nun massenhaft Asylanträge auf Lesbos
Eine weitere Rückführung werde es am Montag nicht geben, erklärte eine Sprecherin der griechischen Polizei auf Lesbos. "Erst müssen die gestellten Asylanträge bearbeitet werden." Nach der Rückführung der ersten Flüchtlinge in die Türkei stellten Migranten auf Lesbos nun massenhaft Asylanträge, um ihre Abschiebung hinauszuzögern, sagte am Montagmorgen die Chefin der für Migration zuständigen Abteilung der griechischen Polizei, Zacharoula Tsirigoti. Von nun an gelte es, Asylanträge zu bearbeiten, bevor weitere Migranten in die Türkei zurückgeschickt werden könnten. Von der europäischen Grenzschutzagentur Frontex hieß es, wegen der Antragsflut sei es nun umso wichtiger, dass zügig Asylexperten aus europäischen Ländern nach Griechenland entsandt würden.

Chaotische Zustände auf griechischen Inseln
Vor Ort in Griechenland erleben die Behörden derweil weiterhin das Chaos: Auf Chios etwa waren am Wochenende Hunderte Flüchtlinge aus dem Hotspot ausgebrochen, in dem sie zwecks Rückführung in die Türkei festgehalten werden. Sie harren seitdem am Hafen von Chios aus, in der Hoffnung, eine Fähre nach Athen besteigen zu können. "Athen, Athen!" und "Deutschland, Deutschland!" skandieren sie immer wieder, sobald sie einen Reporter sehen.

Viele Einwohner von Chios, die den Migranten geholfen hatten, sind jetzt besorgt. "Hier hat der griechische Staat praktisch aufgehört zu existieren", sagte Giannis Tzoumas, ein Journalist aus Chios, der einen der lokalen Radio- und Fernsehsender leitet. Die Regierung habe die Übersicht verloren, die Migranten machten auf Chios, "was sie wollen". Am Wochenende und am Montag haben zudem wieder Hunderte neue Migranten aus der Türkei auf Chios und andere griechische Inseln übergesetzt.

Flüchtlingsaufnahme: Widerstände in EU-Ländern
Dem EU-Türkei-Abkommen zufolge sollen alle nach dem 20. März in Griechenland Eingetroffenen abgeschoben werden, die kein Asyl in Griechenland beantragen oder deren Anträge abgelehnt wurden. Ausgenommen von den Rückführungen sind nur Menschen, die nachweisen können, dass sie in der Türkei verfolgt werden. Für jeden aus Griechenland abgeschobenen Syrer soll ein Syrer aus der Türkei legal in der EU aufgenommen werden. Diese Regelung gilt zunächst für 72.000 syrische Flüchtlinge, die in der Türkei Zuflucht gesucht haben.

In vielen EU-Ländern gibt es gegen die Aufnahme von Syrern jedoch Widerstände. Nach Angaben aus Regierungskreisen in Berlin wollen neben Deutschland Anfang der Woche aber auch die Niederlande, Frankreich, Finnland und voraussichtlich Portugal syrische Flüchtlinge aus der Türkei aufnehmen, und zwar in derselben Größenordnung wie die Bundesrepublik. Aus dem Innenministerium in Wien hieß es zuletzt, es gebe "derzeit noch keine zeitliche Perspektive" für die Aufnahme von Flüchtlingen in Österreich.

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