Im laufenden Brau-Union-Kartellverfahren standen am Mittwoch die Geschäftspraktiken des Unternehmens im Fokus. Ein befragter niederösterreichischer Getränkeverkäufer und Logistikpartner des Braukonzerns mit Sitz in Linz ließ sich nach eigenen Aussagen durch „glaubhafte Drohungen“ von Brau-Union-Verkaufsmitarbeitern nicht beeindrucken.
Der Getränkeverkäufer macht sich durch die Forcierung von anderen Biermarken seit einigen Jahren unabhängiger vom heimischen Bier-Marktführer, der dagegen auch nicht vorging.
Die zu Heineken gehörende Brau Union ist mit großem Abstand Marktführer in Österreich. Rund die Hälfte des hierzulande produzierten Bieres entfällt auf den Konzern. Zur Brau Union gehören Biermarken wie Gösser, Zipfer, Kaiser, Puntigamer, Schwechater, Wieselburger, Schladminger und Edelweiss. Im Fokus des Kartellverfahrens steht die Zusammenarbeit des Braukonzerns mit Getränke-Logistikpartnern und ob wirtschaftlicher Druck auf die Getränkelieferanten ausgeübt wurde. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) ortet „eine Einflussnahme auf die Aktivität der unabhängigen Getränkehändler“ durch den Braukonzern.
Hohe Kartellstrafe möglich
Brisant ist die Causa, weil potenziell eine hohe Geldstrafe möglich ist. Die Kartell-Strafrahmenobergrenze beträgt bis zu zehn Prozent des Umsatzes. Die Brau-Union-Mutter Heineken würde bei einer Geldbuße mithaften, ist aber ausdrücklich nicht von den Ermittlungen betroffen und hat laut BWB auch keine Verstöße begangen. Der Maßstab für die Geldbußenbemessung wäre der gesamte Konzernumsatz von Heineken, der zuletzt bei rund 36 Milliarden Euro lag.
Der am Mittwoch am Kartellgericht befragte niederösterreichische Getränkehändler berichtete davon, wie die seit Anfang der 1970er-Jahre bestehende amikale Geschäftspartnerschaft mit der Brau Union sich seit Mitte der 2010er-Jahre verschlechterte. Die Brau Union forciert seit einigen Jahren die Zustellung mit eigenem Fuhrpark und den Handel mit alkoholfreien Getränken.
Mehrfach bekam er Schreiben und Verträge von der Brau Union vorgelegt. „Wenn ich das Schreiben nicht unterschreibe, dann wird mir die Verkaufspartnerschaft gekündigt“, erzählte der Getränkehändler von Aussagen eines Brau-Union-Verkaufsleiters. Das wäre potenziell das wirtschaftliche Aus gewesen. Nach Beratungen mit seinem Anwalt und Steuerberater unterschrieb er nichts. Direkte Konsequenzen hatten seine Weigerung aber nicht. Er habe erst später erfahren, dass der Brau-Union-Vertriebler zu einer Kündigung der Partnerschaft gar nicht autorisiert gewesen wäre.
Getränkehändler als Partner und Konkurrent der Brau Union
Die als Logistikpartner fungierenden unabhängigen Getränkehändler liefern Bier und andere alkoholfreie Getränke auf Rechnung der Brau Union aus und bekommen dafür eine nicht näher bezifferte Logistikvergütung. Gleichzeitig können sie bei diesen „Streckenlieferungen“ für den Bierkonzern auch Getränke aus dem eigenen Sortiment an die belieferten Kunden verkaufen. Von ehemals 72 „Streckenkunden“ für die Brau Union habe er in den vergangenen Jahren 22 verloren, die nun selbst vom Braukonzern beliefert werden, berichtete der niederösterreichische Getränkeverkäufer am Mittwoch vor Gericht.
Der von der Brau Union wirtschaftlich stark abhängige Getränkehändler ortete in der Vergangenheit einen „Knebelvertrag“, den er durch angebliche Aussagen von Verkaufsleitern des Braukonzerns untermauert sah. Potenzielle Geschäftsbeziehungen mit zwei anderen Bierkonzernen unterließ der Unternehmer, weil mögliche Konsequenzen in der Brau-Union-Partnerschaft in den Raum gestellt wurden.
Unternehmer will Verhältnis mit Brau Union „glätten“
Bis vor wenigen Jahren habe er gedacht, „wenn mir die Brau Union Kunden wegnimmt, dann bin ich definitiv tot“. Das Gastronomie-Sterben habe den Umsatzanteil vom Brau Union-„Streckengeschäft“ aber reduziert und das Eigengeschäft mit Getränkelieferungen für Feste sei gestiegen. „Bis vor kurzem haben wir uns nicht getraut, anderes Bier zu verkaufen“, sagte der Getränkehändler vor dem Kartellgericht. Nun verkauft er auch Stiegl und Murauer. Seit rund einem Jahr versucht der Unternehmer, das Verhältnis mit der Brau Union wieder „zu glätten“.
Seit Hausdurchsuchung April 2022 „Stille“
Am Mittwochnachmittag wurde am Kartellgericht ein weiterer Getränkehändler befragt. Bis zum Jahr 2020 ortete der Tiroler Unternehmer „eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe“ mit der Brau Union. Zwischen Dezember 2020 und April 2022 gab der Braukonzern das Ziel aus, größter Getränkehändler in Österreich zu werden und erhöhte den Druck auf die Logistikpartner. Weil der Tiroler Getränkehändler auch viel bayrisches Bier verkauft habe, habe ihm ein Brau-Union-Verkaufsmanager mit dem Verlust von bezahlten „Streckenlieferungen“ an den Lebensmittelhandel gedroht, sagte der Unternehmer vor Gericht. „Ein Verkaufspartner macht das nicht“, hieß es damals angeblich von einem Brau-Union-Manager in Bezug auf den hohen Anteil von „Fremdbier“. Konsequenzen gab es aber nicht.
Im April 2022 wurde auf Antrag der BWB eine durch das Kartellgericht angeordnete Hausdurchsuchung bei der Brau Union durchgeführt. Seit dem Zeitpunkt sei „alles vom Tisch, was damals probiert wurde umzusetzen“, so der Tiroler Getränkehändler. Seitdem gebe es „Stille“ in der Kommunikation mit der Brau Union.

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