Italien ermittelt
Reiche Touristen als „Sniper“ im Bosnienkrieg?
Der Dokumentarfilm eines slowenischen Regisseurs hat vor drei Jahren die Welt erschüttert. In seiner „Sarajevo Safari“ erzählt Miran Zupanic über „wohlhabende ausländische Touristen“, die während der Belagerung von Sarajevo (1992-1996) angeblich dafür bezahlt haben, auf Zivilisten zu schießen. Historiker und Journalisten haben die im Film aufgestellten Behauptungen teilweise angezweifelt. Doch nun ermittelt die Staatsanwaltschaft in Mailand gegen mehrere mutmaßliche „Sniper-Touristen“.
Anlass ist eine Anzeige des Schriftstellers Ezio Gavazzeni, der sich auf Informationen einer Quelle aus der bosnischen Geheimdienstszene stützt. In seinem 17-seitigen Schreiben an die Mailänder Staatsanwaltschaft beschreibt Gavazzeni, dass Ende 1993 mindestens fünf Ausländer – darunter mindestens drei Italiener – auf den Hügeln rund um Sarajevo unterwegs gewesen seien, um auf Zivilisten zu schießen. Die damaligen Informationen seien an den italienischen Geheimdienst weitergeleitet worden. Die drei Italienern stammten aus Turin, Mailand und Triest, hieß es.
Laut der Anzeige handelte es sich bei den „Scharfschützen-Touristen“ um wohlhabende Personen, teils mit rechten politischen Ansichten und Leidenschaft für Waffen. Die Reise sei als Jagdausflug getarnt gewesen, um die Teilnehmer unauffällig nach Belgrad und in den Einsatzraum zu bringen. „Sarajevo Safari“ liefere weitere Zeugenaussagen über die Praktiken der Scharfschützen, darunter auch Hinweise auf Italiener, Amerikaner, Kanadier und Russen.
Ex-Bürgermeisterin erstattete bereits 2022 Anzeige
Die Mailänder Ermittler wollen in den kommenden Wochen die in der Anzeige genannten Personen vernehmen und die Quellen prüfen. Die Ermittlungen sind erst am Anfang. Derzeit liegen nur die Unterlagen des Schriftstellers vor. Sie werfen ein Schlaglicht auf eine bisher wenig dokumentierte Beteiligung ausländischer Kämpfer am Bosnienkrieg. Die ehemalige Bürgermeisterin von Sarajevo, Benjamina Karic, erklärte nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA, dass sie bereits 2022 Strafanzeige gegen nicht identifizierte Personen erstattet hatte, die während der Belagerung Sarajevos auf Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, geschossen hatten (siehe X-Posting unten).
Sie stehe für eine Zeugenaussage zur Verfügung, berichtete die Ex-Bürgermeisterin Sarajevos. Karic betonte, dass „ein engagiertes Team unermüdlich dafür kämpft, dass die Anzeige nicht unbeachtet bleibt. Wir geben nicht auf!“








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