Wien Energie übernimmt „ImWind“ und setzt voll auf Ökostrom. Ein Milliardenprojekt, das die Stadt unabhängiger machen, die Preise dämpfen und die Wirtschaft ankurbeln soll.
Mit dem Kauf des niederösterreichischen Wind- und Solarpioniers hat die Wien Energie einen „historischen Schritt“ gesetzt, wie Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) betonte. Nach der Genehmigung durch die Wettbewerbsbehörde übernimmt der städtische Versorger alle Anteile – samt 52 Windrädern, vier Photovoltaik-Großanlagen und einer prall gefüllten Projektpipeline.
Alle Haushalte mit Ökostrom
Bis 2030 soll die Ökostromleistung auf 1800 Megawatt anwachsen. Das reicht laut Wien Energie, um „alle Wiener Haushalte mit Strom aus Wind, Sonne und Wasser“ zu versorgen. Zehn Jahre später, 2040, will man auf 2800 Megawatt ausbauen – genug, um zusätzlich den gesamten Verkehrssektor, also „jede Bim, jede U-Bahn, jeden E-Bus und jedes Elektroauto“ mit erneuerbarer Energie zu speisen.
Unabhängig von Gas werden
„Das Investment ist ein echter Big Bang, um unabhängig von Gas zu werden“, so Stadtwerke-Generaldirektor Peter Weinelt. „Je mehr Strom wir regional erzeugen, desto besser fürs Geldbörserl“. Ulli Sima (SPÖ), Stadträtin für Stadtentwicklung und Stadtwerke, spricht von einem „riesigen Schritt auf dem Weg raus aus Gas“ und betont: „Die Übernahme beschleunigt unser gesamtes Programm massiv.“
Wirtschaftliches Konjunkturprogramm
Für Ludwig hat das Milliardenprojekt auch wirtschaftliche Tragweite. Die Eigenproduktion von Strom sei auch ein direkter Eingriff in die Preisbildung. Wer selbst Energie erzeuge, müsse sie nicht zu Weltmarktpreisen einkaufen – und genau das entlaste langfristig die Wiener. Ludwig: „Wir haben gesehen, wie durch den Angriff Russlands auf die Ukraine die Preise explodiert sind. Im Unterschied zu anderen Ländern hat die damalige Bundesregierung keine Maßnahmen gesetzt, um in die Energiepreise einzugreifen. Das hat dazu geführt, dass die Inflation hier eine der höchsten in der EU war – und das Wirtschaftswachstum massiv gebremst hat.“
Über den Kaufpreis der „ImWind“ durch die Wien Energie und damit die Wiener Stadtwerke wurde Stillschweigen vereinbart. Sicher ist, die Stadt Wien hat damit nicht nur 52 Anlagen, sondern auch bereits genehmigte Projekte übernommen.
Wien unabhängig von autokratischen Regimen machen
Der Bürgermeister sieht in der Energiewende daher mehr als nur Klimapolitik: Sie sei auch eine Antwort auf Teuerung und Abhängigkeit. Wien produziere künftig Strom dort, wo er gebraucht werde – und das bedeute Planungssicherheit für Haushalte, Betriebe und die Stadtwirtschaft. Auch wirtschaftlich sollen die Wiener profitieren. Weinelt spricht von einem „Konjunkturprogramm“. Jeder Arbeitsplatz bei den Stadtwerken schaffe vier weitere in der Zulieferindustrie. Ludwig: „Wir stabilisieren nicht nur die Energiepreise, sondern stärken auch den Standort Wien. Eine sichere, saubere und bezahlbare Stromversorgung ist die beste Wirtschaftsförderung.“ Und: „Wir machen Wien unabhängig von fossilen Energieformen – und von autokratischen Regimen, die damit Politik machen.“
Zu den bestehenden Windparks sollen bis 2030 noch weitere 200 Standorte dazukommen. Bis zum Jahr 2040 sind dann weitere 100 in Vorbereitung.
Die Zeichen stehen auf Abschied: Die beiden fossilen Gaskraftwerke Simmering und Donaustadt sollen in den kommenden Jahren aus dem Regelbetrieb genommen werden. Wien Energie will die Standorte zwar erhalten, aber „schrittweise in die neue Energiewelt überführen“, wie Generaldirektor Peter Weinelt erklärt. Weinelt: „Ihre Lebenszeit wird mit 2040 enden – weit länger, als ursprünglich beim Bau angedacht.“ Und auch das sei nur dem unermüdlichen Einsatz und der Kreativität der Mitarbeiter zu verdanken – denn Ersatzteile suche man vielfach bereits vergeblich.
Weit über geplante Lebenszeit hinaus
Bis dahin spielen die Kraftwerke aber eine entscheidende Rolle als Rückgrat der heimischen Energiesicherheit. Denn alleine Simmering muss mittlerweile rund 250 Mal pro Jahr einspringen, um die Netzstabilität in Mitteleuropa zu gewährleisten. Technisch gesehen bleibt die Versorgung gesichert. Außerdem sollen Photovoltaik und Windkraftanlagen mit Batteriespeichern kombiniert werden, um kurzfristige Lastspitzen auszugleichen.
Grundlage für neue Technologien
Beide Anlagen – Simmering wie Donaustadt – sollen künftig in den Energiemix eingebettet bleiben, allerdings in deutlich geringerer Auslastung. Ihre Infrastruktur eigne sich für künftige Technologien, etwa Wasserstoff oder synthetische Gase. Schon jetzt laufen in der Donaustadt Tests, wie bestehende Turbinen für den Betrieb mit Grüngas beziehungsweise Wasserstoff adaptiert werden können. Weinelt: „Wir gehen Schritt für Schritt weg von fossilen Brennstoffen – aber mit der Sicherheit, die eine Millionenstadt braucht.“
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.