Eine Generation hat ihn so noch nie gesehen, eine weitere fast nur in Schwarz durch den damals sauren Regen – jetzt erstrahlt er unverhüllt in neuem Glanz. Nach einer kleinen Ewigkeit auf Erden – nämlich nach 30 Jahren – ist der Südturm des WienerStephansdoms ab heute, Sonntag, ohne Gerüst zu bewundern.
„Man muss hier oben nur kurz verweilen, um zu begreifen, was Beständigkeit und Ewigkeit bedeuten“, schildert Kunsthistoriker Franz Zehetner beim „Krone“-Lokalaugenschein, während wir durch eine ebenso dunkle wie schmale Wendeltreppe in lichte Höhen emporsteigen.
1359 hatte Rudolf der Stifter den Grundstein des Stephansdoms gelegt, 1433 wurde der Südturm unter Hans Prachatitz vollendet – 137 Meter hoch, damals der höchste Bau Europas. Das Fundament reicht vier Meter tief, und schon im Mittelalter war der Turm ein technisches Meisterstück – filigran und mächtig zugleich. Doch der helle Kalk-Sandstein aus dem Leithagebirge trug im Laufe der Zeit die Narben der Geschichte.
„Südturm ist ein gewachsenes Kunstwerk, kein bloßes Bauwerk“
„Der Südturm ist kein bloßes Bauwerk“, bestätigt Dombaumeister Wolfgang Zehetner, der Bruder von Franz. „Er ist ein gewachsenes Kunstwerk. Jede Linie, jede Figur, jede Fiale ist durchdacht. Zugleich ist er verletzlich – das Eisen rostet, Wasser dringt ein und sprengt den Stein.“
Akute Absturzgefahr von Stephansdom-Bauteilen
Die jüngste Restaurierung, begonnen 1995, offenbarte akute Absturzgefahr gewaltiger Bauteile und Risse in einer der sogenannten Riesen-Fialen, 25 Meter hoch, 50 Tonnen schwer – der untere Kern durchfeuchtet, die äußere Hülle nur dünn.
Der obere Teil musste an Stahlträgern aufgehängt, 500 Kilo schwere Steine in 115 Meter Höhe durch neue ersetzt werden. Die Restaurierung ging bis ins kleinste Detail: Skulpturen wurden gereinigt, beschädigte Steine ersetzt, mittelalterliche Farbschichten freigelegt, selbst die Risse in exponierten Teilen gesichert. Jede Nische, jede Figur erzählt wieder von Handwerk, Geduld und Geschichte. Und jetzt mit historischem Blick auf den Turm.
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