Angehörige verzweifelt

Mindestpensionistin (84) muss Rezeptgebühr blechen

Steiermark
06.10.2025 16:00

Sie lebt mit Parkinson in einem Pflegeheim, zum Leben bleiben ihr 57 Euro im Monat. Doch statt Unterstützung erfährt die 84-jährige Irene L. aus dem steirischen Trofaiach nur das Gegenteil: Weil sie nach dem Heimeinzug aus der Mindestsicherung fiel, verlor sie ihre Befreiung von der Rezeptgebühr – eine Gesetzeslücke, die selbst Behörden ratlos zurücklässt.

Sie zählt jeden Morgen dieselben 18 Tabletten ab – gegen Parkinson, Bluthochdruck, Schmerzen. Was für die 84-Jährige überlebensnotwendig ist, wird für sie zunehmend unleistbar: Seit Kurzem muss sie nämlich für jedes Medikament Rezeptgebühren bezahlen – obwohl ihr von ihrer Pension nur 57 Euro „Taschengeld“ im Monat bleiben.

Bis vor Kurzem lebte die pensionierte Hausfrau, die drei Kinder großgezogen hat, noch im „Betreuten Wohnen“ in ihrer Heimatstadt Trofaiach. Als Bezieherin der Mindestsicherung war sie damals krankenversichert und automatisch von der Rezeptgebühr befreit. Nach mehreren Schlaganfällen und der Parkinson-Diagnose verschlechterte sich ihr Zustand, 2024 musste sie schließlich ins Pflegeheim übersiedeln – ins örtliche SeneCura-Sozialzentrum.

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Was würde passieren, wenn sie keine Familie hätte, die für die überlebensnotwendigen Medikamente aufkommt?

Schwiegersohn Claus Kastner

„Dort ist sie bestens betreut“, betont ihr Schwiegersohn Claus Kastner, „aber durch den Umzug ist sie aus der bisherigen Pflichtversicherung herausgefallen.“ Denn wer ins Pflegeheim zieht, verliert automatisch den Anspruch auf Mindestsicherung – und damit auch die Krankenversicherung.

BH übernimmt Versicherungskosten
Um die medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten, musste die Familie eine Selbstversicherung beantragen. Deren Kosten übernimmt zwar die Bezirkshauptmannschaft Leoben, aber laut Gesetz darf jemand, der „freiwillig versichert“ ist, nicht mehr von der Rezeptgebühr befreit werden.

Die Folgen sind dramatisch: Alle Medikamente – von der Parkinson-Therapie bis zu Schmerzmitteln – sind gebührenpflichtig. Auch der Selbstbehalt für einen Reha-Aufenthalt in der Höhe von 700 Euro wurde ihr wegen der weggefallenen Befreiung verrechnet. Monatlich summieren sich die Medikamentenkosten im Schnitt auf rund 100 Euro – Geld, das die Familie privat begleichen muss.

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Die Situation ist wirklich untragbar, aber ich habe leider keine Lösung parat. Nur eine Gesetzesänderung könnte helfen.

Sepp Harb, ÖGK

„Wie soll eine alte Frau mit 57 Euro Taschengeld ihre Medikamente bezahlen?“, fragt Kastner fassungslos. Er hat sich an sämtliche Stellen gewandt – an die Österreichische Gesundheitskasse, die Bezirkshauptmannschaft, das Land Steiermark und schließlich sogar an die Volksanwaltschaft. „Alle waren bemüht, aber niemand konnte helfen“, sagt er.

Von der ÖGK heißt es auf „Krone“-Anfrage: „Die Situation ist wirklich untragbar, aber ich habe leider keine Lösung parat“, so Sepp Harb von der steirischen Niederlassung. Nur eine Gesetzesänderung könne Abhilfe schaffen. Grundlage für die derzeitige Praxis ist eine Novelle aus dem Vorjahr und der §12 der Richtlinie AVSV 2008/0005 – der besagt, dass freiwillig versicherte Sozialhilfeempfänger keine Rezeptgebührenbefreiung erhalten dürfen.

Für Irene L. und viele andere pflegebedürftige Menschen in Österreich hat das fatale Folgen. „Es geht ja nicht nur um meine Schwiegermutter“, sagt Kastner. „Sie ist kein Einzelfall, allein in ihrem Heim gibt es drei Betroffene – und niemand fühlt sich zuständig.“ Nachsatz: „Und was wäre, wenn sie keine Familie hätte, die für die überlebensnotwendigen Medikamente aufkommt?“ 

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