Sein Leben ist – und war – die Musik. Der gebürtige Golser war seit 1978 der Kapellmeister des Nickelsdorfer Musikvereins. Besser bekannt – vor allem bei Nova-Rock-Besuchern – als „Wendi’s Böhmische Blasmusik“.
Den Namen bekam der Musikverein tatsächlich erst in den 80er-Jahren, als die Gruppe bei Koch Records für drei Jahre unter Vertrag genommen wurde, um CDs zu produzieren. „Es war eine reine Verkaufspolitik der Plattenfirma, weil der Name besser klang“, schmunzelt Namensgeber Werner „Wendi“ Wendelin.
Er selbst kam blutjung zur Musik. Nämlich mit neun Jahren – als sein Vater ihn ins Gasthaus Schranz mitnahm und ihm erklärte: „Such dir ein Instrument aus.“ Die Wahl des Buben fiel auf Klarinette. Mit zwölf Jahren trat er dann zum ersten Mal auf. War bei den „Golser Buam“ genauso dabei wie in anderen Formationen. Denn in seinen besten Jahren war Wendelin mit mehreren Musikgruppen unterwegs. Seine erste Hochzeit spielte der Klarinettist etwa im Februar 1973. „Das war beim Knöblwirt in Halbturn. Da war ich noch keine 14 Jahre alt“, erinnert sich der Musikant gerne zurück.
Auch hauptberuflich zog es ihn zur Musik. Mehr als 40 Jahre war er bei der Militärmusik, seine letzten 17 Arbeitsjahre als Musikmeister. Mit „Wendi’s Böhmische Blasmusik“ hat sich Wendelin einen Lebenstraum erfüllt. „Ich bereue keine Sekunde davon, aber irgendwann muss Schluss sein“, meint er und nimmt seinen Taktstock.
Übernommen hat er die Gruppe 1978 mit gerade einmal 19 Jahren. Das Durchschnittsalter der Truppe damals: etwa 13 Jahre. Trotzdem, oder wahrscheinlich gerade deshalb, entwickelte sich aus der Kapelle eine Gemeinschaft und Kameradschaft, deren musikalische Leistungen schon bald über die Gemeinde- und Bezirksgrenzen hinaus bekannt wurden.
Viel erlebt, viel gereist
Worauf „Wendi“ besonders stolz ist: „Wir haben unseren Musikern zwar keine Gagen ausbezahlt, sind aber dafür gemeinsam auf Musikreisen gegangen und haben so wirklich viel von der Welt gesehen“, so Wendelin. Man war gemeinsam in Russland, Australien, Tschechien, Deutschland und der Schweiz, um nur einige Destinationen zu nennen. Seine starke rechte Hand war Cousin Norbert. „Er war der Motor des Vereins, ich sein musikalisches Werk“, betont der Musiker. Jetzt hören beide auf.
Aber warum? Was war der Grund, dass gerade jetzt Schluss ist? Der Vollblutmusiker lacht. „Ich kann noch gerade auf die Bühne gehen und wir werden überall gerne gehört. Das muss ich ausnutzen. Außerdem habe ich mich gefragt, was gut für mich ist. Ich werde am 29. September 66 Jahre alt und keiner weiß, wie viel Zeit im Leben ihm noch bleibt. Ich möchte jetzt wertvolle Stunden mit meiner Familie verbringen. Sie hat ohnehin immer recht wenig von mir gehabt“, ist Werner Wendelin ehrlich.
Der Golser hat eine Frau (er lernte seine Gisi mit 17 Jahren kennen und heiratete sie mit 20), zwei Töchter und vier Enkerl. Zwei davon leben mit ihrer Familie in Apetlon, zwei auf Gran Canaria. Er fand zwar bis dato immer Zeit mit seiner Gisi auch nach Spanien zu reisen, jetzt soll das aber alles leichter werden. „Für mich ist es Zeit“, unterstreicht er noch einmal. Und meint, wenn etwas Altes geht, kommt immer etwas Neues nach. „Ich habe Angst gehabt, etwas zu zerstören, aber die Buben machen weiter. Zwar wahrscheinlich unter anderem Namen, aber sie werden es großartig machen“, ist er überzeugt.
Zwei von drei Verabschiedungen erledigt
Ein großes Abschiedskonzert wird es noch in der Vila Vita Pannonia in Pamhagen geben – wer hier aber noch glaubt Tickets dafür zu bekommen, der irrt. Das Konzert am 18. Oktober ist restlos ausreserviert. Am 20. Oktober steigt er mit seiner Frau ins Flugzeug und verschwindet für drei Wochen auf die Canaren. Übrigens genauso wie am 6. Januar. „Da gibt‘s allerdings nur ein One-Way-Ticket“, lacht er. Zurück soll es irgendwann im Februar gehen. Das genau Datum bleibt aber offen.
Abschied Nr. 1
Das erste „Adieu“ gab es bereits im Juni beim Nova Rock in Nickelsdorf. Hier spielte die Gruppe seit vielen Jahren den Frühschoppen am letzten Tag. Und man glaubt es kaum: Wendi‘s Böhmische war beim Rockfestival absoluter Kult. Tausende Jugendliche und jung gebliebene „rockten“ mit der Blasmusik den Vormittag. „Das war natürlich immer ein großartiges Erlebnis“, freut sich Wendelin. Begonnen hatte man ganz klein am Grillplatz, wo man anfangs vor 1500 bis 2000 Gästen spielte. Allerdings musste die Truppe in einem Jahr auf die große Bühne „umziehen“, weil es so geschüttet hatte, dass der Grillplatz nicht bespielbar war. Ein Umzug, der bis heuer so blieb – und die Massen begeisterte.
Abschied Nr. 2
Teil 2 der Verabschiedung erfolgte am Golser Volksfest. Seit dem Jahr 1998 gehörte es zur Tradition, dass Wendi‘s Böhmische Blasmusik den musikalischen Schlusspunkt des Golser Volksfests setzte. Wer das im kommenden Jahr übernehmen wird? Man weiß es noch nicht. Politische und volksfestliche Gemeinde sagten auf jeden Fall „Herzlichen Dank“.
Und was sagt Werner „Wendi“ Wendelin? „Ich danke dem Herrgott für diese großartige Zeit“, ist er demütig. „Ich durfte mein Leben lang das machen, was ich liebe – nämlich Musik. Darauf bin ich stolz und wirklich dankbar dafür.“ Sorgen, dass die Blasmusik aussterben könnte, hat er nicht. „Das zeigt allein das Woodstock der Blasmusik, bei dem wir übrigens auch schon gespielt haben“, schmunzelt er. Gibt's vielleicht doch noch eine Kehrtwende? So gerne, wie er Musiker ist?
„Nein!“ Wendelin lacht und zieht – imaginär – den Hut. „Jetzt ist Schluss. Spielen werde ich nur mehr für Freunde. Engagierbar bin ich nicht mehr!“
Na dann: Wünschen wir eine schöne, lange Pension! „Xund“ bleiben! Und sagen: „Hasta pronto“ (bis später). Denn so gerne, wie er und seine Frau unter Menschen sind, wird man sicherlich nicht komplett auf die beiden verzichten müssen.
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