Autor Robert Schneider überlegt in seine Kolumne, was es bedeutet, dass eine Frau wie Nathalie Beer von mehreren Stelen ausgezeichnet worden ist. Wo liegt die Verantwortung?
1974 erhielt die Schriftstellerin und bis zu ihrem Tod glühende Nationalsozialistin Nathalie Beer den Boga-Tinti-Preis des Presseclubs Concordia. 29 Jahre nach Kriegsende. Ein Jahr darauf das Silberne Ehrenzeichen Vorarlbergs. 1977 wurde ihr der Professortitel durch Bundespräsident Rudolf Kirchschläger verliehen. 32 Jahre nach Kriegsende. Wiederum ein Jahr später wurde die damals offensichtlich hochverehrte Autorin mit dem Ehrenring der Marktgemeinde Rankweil ausgezeichnet (2021 wieder aberkannt). Ferner mit dem Ehrenring der Gemeinde Au. 1983, also 38 Jahre nach Kriegsende, bekam sie die Franz-Michael-Felder-Medaille (der Verein hat sich zwischenzeitlich davon distanziert), und 1994 – 49 Jahre nach Kriegsende – richtete Rankweil zu Ehren der großen Tochter ein Nathalie-Beer-Museum ein. Die Schließung erfolgte erst in diesem Jahr.
Was sagen mir diese Zahlen? Offensichtlich wurde nach 29, nach 32, 38, ja sogar nach knapp 50 Jahren weder auf Gemeinde- noch auf Landesebene ernstlich über die politische Gesinnung der Beer nachgedacht. Einzig die Schriftstellerin Monika Helfer hat 1987 aus Protest gegen die nationalsozialistischen Auslassungen Beers ihre Felder-Medaille zurückgegeben.
Geschichte ist nicht reversibel. Die vielen Ehrungen hat Nathalie Beer nun mal erhalten. Kann man eben nicht mehr rückgängig machen. Dass sie jetzt aber allein die Böse ist, trifft den Nagel nicht wirklich auf den Kopf. Viel interessanter scheint mir, nach jenen zu fragen, die in den betreffenden Jurys saßen, in den Gemeindestuben, und so weiter.
Wer hat 30 Jahre danach und noch viel später Nathalie Beer geehrt? Trifft diese Persönlichkeiten nicht auch ein Stück Verantwortung? Oder haben sie es einfach nicht gewusst, wie man so schön sagt.
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