Die Stadt startet mit einem Pilotprojekt für unmündige Intensivtäter. Die „Orientierungshilfe“ soll Perspektiven geben, bevor Kinder in die Spirale von Gewalt und Kriminalität geraten. Weitere Verschärfungen sind geplant.
Sie sind kaum dem Volksschulalter entwachsen, aber schon polizeibekannt: Wiens kriminelle Kinder, die als Systemsprenger bezeichnet werden. Von 30 bis 40 solchen hochkriminellen Halbstarken gehen die Experten in Wien aus. Bandenähnliche Schlägereien, Diebstähle, Übergriffe: Immer öfter erschüttern Fälle, in denen Buben zwischen zehn und 13 Jahren die Polizei beschäftigen. Kinder, die keine Grenzen kennen und deren Wut nicht selten in Gewalt mündet.
Ohne Hilfe tickende Zeitbomben
„Kein Kind wird als Intensivtäter geboren“, betont Johannes Köhler, Chef der Wiener Kinder- und Jugendhilfe. Doch die Realität zeigt: Wenn Familie, Schule und Umfeld versagen, entwickeln sich Kinder zu tickenden Zeitbomben. Vizebürgermeisterin Bettina Emmerling (Neos) will nun die Notbremse ziehen – mit einem Fünf-Punkte-Plan, der Härte und Hilfe zugleich versprechen soll.
„Viele kennen nicht einmal Gute-Nacht-Geschichten“
Jetzt startet Wien ein Pilotprojekt: die „Orientierungshilfe für unmündige Intensivtäter“. „Wir investieren lieber in Chancen, als später in Strafen“, so Emmerling – sie will so die Spirale von Kriminalität und Verwahrlosung durchbrechen. Die Umsetzung übernimmt der Verein „Rettet das Kind“. Sozialarbeiter werden als Buddys eingesetzt – Alltagsbegleiter, die Vertrauen aufbauen sollen. „Vom gemeinsamen Essen bis zu Sport und Ausflügen – wir schaffen positive Erlebnisse, die diesen Kindern oft fremd sind“, schildert Christian Reiner, Geschäftsführer von „Rettet das Kind“. Für viele sei schon eine Gute-Nacht-Geschichte oder eine nahrhafte Mahlzeit nach der Schule etwas, das sie nie erlebt haben.
Im Justizministerium wird an einer gesetzlichen Grundlage für die Anhaltung Minderjähriger in einer geschlossenen Einrichtung gearbeitet. Wir werden darauf vorbereitet sein.

Bettina Emmerling, Vizebürgermeisterin (Neos)
Bild: David Bohmann
Bei rundem Tisch Konzept entwickelt
Das Projekt ist Teil des Fünf-Punkte-Plans gegen Jugendkriminalität. Prävention steht im Vordergrund, doch Köhler betont auch: „Wir hoffen, uns mit der Orientierungshilfe viele Plätze in geschlossenen Einrichtungen zu ersparen. Aber für eine kleine Gruppe braucht es Konsequenzen, auch zum Schutz der Gesellschaft.“
Bis zu 20 Kinder im ersten Jahr
Die Kinder nehmen freiwillig teil, doch Eltern können zur Mitwirkung gedrängt werden. „Wenn es sein muss, auch mit Obsorgeeinschränkungen“, so Köhler. Emmerling ergänzt: „Den Selbstwillen müssen wir entzünden.“ Der Startschuss fällt bereits im Oktober. Vier Fachkräfte stehen bereit, unterstützt von Erlebnispädagogen. Die Kosten: eine halbe Million Euro im ersten Jahr. Geplant ist die Betreuung von 14 bis 20 Kindern.
Geschlossene Einrichtung ab 2026?
Doch auch auf eine weitere Eskalationsstufe will man in Wien vorbereitet sein. So bereite man derzeit auch geschlossene Abteilungen für Minderjährige vor. Köhler: „Wir warten noch auf eine gesetzliche Grundlage seitens des Bundes. Im Prinzip könnte eine solche Einrichtung aber bereits 2026 in Betrieb gehen.“
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