Auf Vorarlbergs Alpen mussten sich Mensch und Tier heuer mitunter den Extremen stellen. Und ob man’s glaubt oder nicht: Der Dauerregen im Juli hatte gleich mehrere Vorteile für Älpler und Vieh. Dafür ging die Angst vor dem Wolf und einer TBC-Ansteckung um.
Für manche Älpler hat die Saison in der Höhe bald ein Ende, insbesondere Milchkühe werden bereits in ein bis zwei Wochen ins Tal getrieben. „Irgendwann ist auf den Alpen Schluss, das ist anders als im Tal, wo bis in den späten Herbst Gras wächst“, erklärt Christian Meusburger von der Landwirtschaftskammer. Nach einem eher trockenen Frühjahr zeigte sich der Juni von seiner hochsommerlichen Seite – bis der Regen im Juli einsetzte und für drei Wochen nicht mehr aufhören wollte. Zwar sorgte der Niederschlag im Tal bei Badefreudigen und Wanderern für wenig Begeisterung, auf der Alpe waren aber viele sehr froh: „Ohne den Regen wäre es mit der Wasserversorgung sonst auf der einen oder anderen Alpe wohl knapp geworden“, berichtet Meusburger.
Kühe geben mehr Milch
Zudem haben insbesondere Kühe ihre Freude am Regen und tieferen Temperaturen: „Da fühlen sie sich weit wohler als bei Hitze und geben zudem mehr Milch“, weiß Christoph Freuis, Geschäftsführer des Vorarlberger Alpwirtschaftsvereins. Diese natürliche Leistungssteigerung kommt wiederum der Herstellung des Alpkäses zugute. Die nasse Witterung sorgte aber auch dafür, dass die Älpler und Älplerinnen besonders bedacht vorgehen mussten, wenn sie das Vieh auf die Weide führten. Die Tiere mussten in kleinere Gruppen aufgeteilt werden, um Schäden auf den Flächen zu vermeiden, zudem wurden die Vierbeiner nicht zu lange auf einer Wiese belassen, häufigere Wechsel waren vonnöten.
Der Wolf sorgt nach wie vor für Nervosität
Ein Patentrezept gibt es für ein solches Vorgehen nicht, da jede Alpe anders beschaffen ist. Für die rund 1000 Personen, die den Sommer auf den Alpen verbringen, ist ein solches Wetter- und Viehmanagement aber Routine. Sorgen machen sie sich über Anderes. Etwa über den Wolf, der nicht nur bei ihnen, sondern auch bei den Tieren für Nervosität sorgt. Ein Exemplar ist nach etlichen Rissen in Vorarlberg derzeit zum Abschuss freigegeben – doch erst muss das Wildtier gefunden werden. Keine leichte Aufgabe. Da der Wolf extrem mobil ist und über kürzeste Zeiträume weite Strecken zurücklegen kann, ist keine Region vor einem eventuellen Riss gefeit. Sowohl Meusburger als auch Freuis sprechen davon, dass der umherstreifende Beutegreifer für Älpler durchaus zur psychischen Belastung werden kann. Für Freuis ist das Ziel klar: „Der Wolf muss scheu werden. Das gelingt nur durch Bejagung. Ohne Feind werden die Wölfe frech. Wie Kinder, die brauchen auch Regeln.“
Wegen TBC weniger Rinder auf der Alpe
Rund 40.000 Tiere genießen heuer den Sommer auf der Alpe – aber es könnten mehr sein, findet Freuis, denn der Klimawandel verlängert die Vegetationsperiode. Verbuschung ist die Folge. Früher seien mehr Tiere aus der Schweiz und aus Tirol auf die heimischen Alpen gekommen. Dass das nun nicht mehr in diesem Ausmaß geschieht, hat nach Freuis auch mit der TBC-Situation in Vorarlberg zu tun. Immer wieder stecken sich Rinder durch den (indirekten) Kontakt mit Rotwild an. „TBC ist eine Seuche, die bei Wildtierpopulationen schwer zu beherrschen ist.“ Erst vor wenigen Wochen verkündete Landesrat Christian Gantner, dass in manchen Gebieten Vorarlbergs die Abschusszahlen um bis zu 50 Prozent erhöht würden. „Wir hoffen nur, dass das auch umgesetzt wird“, betont Freuis.
Dabei ist ihm klar, dass es der Jägerschaft nicht immer leicht gemacht wird. So wirke sich etwa die zunehmende Freizeitnutzung der Wälder negativ aus. Zu einfach wäre es, den Jägern auszurichten, sie sollten doch „mehr schießen“.
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