Warum Freundschaften mehr Anerkennung verdienen – und was wir von ihnen lernen sollten. Am 30. Juli ist internationaler Tag der Freundschaft. Ein Anlass, genau hinzusehen.
Der Valentinstag wird groß gefeiert. Doch was ist mit der Liebe zu seinen Freundinnen und Freunden? Sie sind es, die einen meist auffangen, wenn wir uns trennen oder in Krisen sind.
Die Wiener Kulturwissenschafterin und Autorin Beatrice Frasl plädiert in ihrem aktuellen Buch „Entromantisiert euch!“ dafür, die gesellschaftliche Vormachtstellung romantischer Beziehungen zu hinterfragen – und den Blick auf die Kraft freundschaftlicher Verbundenheit zu öffnen. „Wenn wir das Wort Beziehung verwenden, ist damit meist automatisch die romantische Beziehung gemeint. Aber: Wir sind auch mit unseren Freundinnen und Freunden in Beziehung oder mit unserer Familie.“
Diese enge sprachliche Verbindung zwischen Beziehung und Romantik prägt unser Denken – und schließt andere Formen der Nähe oft aus. „Warum sprechen wir nicht von unseren besten Freunden als Partner und Lieben unseres Lebens?“
Freunde gut für das psychische Wohlbefinden
Tatsächlich belegt die Forschung, dass enge Kontakte zentrale Pfeiler psychischen Wohlbefindens sind – oft stabiler als romantische Beziehungen. Dennoch gelten sie in der gesellschaftlichen Wahrnehmung oft als „pflegeleicht“ – ein Missverständnis, das die Autorin kritisch hinterfragt. „Das zeigt, wie sehr diese Beziehungen abgewertet werden.“ Während romantische Partnerschaften mit hohem Aufwand, Verbindlichkeit und emotionaler Investition verbunden werden, erwartet man von Freundschaften oft, dass sie „einfach so mitlaufen“.
Besonders stark sind laut Beatrice Frasl Freundschaften zwischen Frauen. Sie sind Orte gegenseitiger Stärkung, Unterstützung und Solidarität – gerade in einer patriarchalen Gesellschaft, in der weibliche Erfahrungen oft stark marginalisiert werden.
Männer oft einsamer
Aber auch Männer könnten von tieferen freundschaftlichen Beziehungen profitieren – und tun es bisher oft zu wenig. Studien zeigen, dass Männer Freundschaften meist über gemeinsame Aktivitäten definieren, während emotionale Nähe häufig auf die Partnerin konzentriert ist. „Männer haben abgesehen von ihrer Partnerin oft keine relevante Beziehung – das führt zu großer Einsamkeit und einer hohen Anspruchshaltung an Frauen, all ihre emotionalen Bedürfnisse zu erfüllen“, erklärt die Wienerin. Ihre Empfehlung: Männer sollten lernen, verletzliche, intime Freundschaften aufzubauen – nicht nur als Ergänzung, sondern als zentrales Beziehungsnetz.
Langfristig wünscht sich Frasl sogar rechtliche Veränderungen: Modelle wie die sogenannte „Verantwortungsgemeinschaft“, in der auch nicht-romantische Lebensgemeinschaften juristisch anerkannt und abgesichert werden können. „Wenn wir unser Leben mit Freundinnen und Freunden teilen, wird es in manchen Punkten auch notwendig sein, sie rechtlich als Familie zu definieren.“
Psychologin Daniela Krammer erklärt, wie neue Freundschaften entstehen, warum echte Nähe mehr als gemeinsame Hobbys braucht – und wie man mit dem Schmerz umgeht, wenn eine Freundschaft zerbricht.
„Krone“: Wie knüpft man neue Freundschaften?
Daniela Krammer: Leider gibt es kein allgemein gültiges Rezept, wie Freundschaften geknüpft werden. So vielfältig wie Freundschaften sind, ist auch ihr Beginn. Was allen Freundschaften gleich ist, ist eine erste Begegnung, zwischen 2 Menschen, egal ob in der analogen oder der digitalen Welt, die neugierig macht auf den anderen. Insofern ist das Erste, was es braucht, um Freundschaften zu knüpfen, Neugier darauf, den oder die andere kennenzulernen. Gleichzeitig aber auch die Bereitschaft, sich selbst zu zeigen und somit kennengelernt zu werden. Der beste Kompass dabei ist unser Bauchgefühl.
Was tun, um eine Freundschaft am Leben zu halten?
Damit eine Freundschaft Lebensphasen und -krisen überdauert, braucht es vor allem Toleranz, Vertrauen und echte Anteilnahme am Leben des Gegenübers. Tiefe Freundschaften zeichnet aus, dass es nicht nur darum geht, gute Zeiten miteinander zu teilen, sondern auch sich in schwierigen Zeiten gegenseitig zu unterstützen. Es ist nicht die Quantität der Zeit, die man miteinander verbringt, sondern die Qualität, wie man miteinander umgeht. Die wichtigste Eigenschaft eines guten Freundes ist, zuhören und die Bedürfnisse des anderen ernst zu nehmen. Für gelingende Freundschaft braucht es diese Fähigkeiten bei allen Beteiligten
Wie geht man damit um, wenn eine Freundschaft zerbricht?
WIE eine Freundschaft endet, bestimmt unseren Umgang mit diesem Ende. Manche Freundschaften entschlafen einfach, weil man sich auseinanderlebt. In diesem Fall ist es meistens leicht, sich an die schönen Dinge zu erinnern und seinen Frieden damit zu machen. Wenn eine Freundschaft jedoch im Streit endet, ist das schwieriger. Hier gibt es Verletzungen auf beiden Seiten. Im besten Fall gibt es ein klärendes Gespräch und man kann zumindest neutral auf die gemeinsame Zeit zurückblicken. Oft ist das aber nicht möglich und man bleibt mit seinen Verletzungen und offenen Fragen alleine zurück. Die einzige Möglichkeit diese Situation für sich selbst zu lösen, bedeutet die persönliche Entscheidung zu verzeihen. Verzeihen kann man, ohne mit dem anderen nochmals Kontakt zu haben. Verzeihen bedeutet, sich von dem ungelösten Konflikt zu befreien.
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