Wir sind in der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Genauer gesagt, am 10. Mai 1944. Eine amerikanische Bomberstaffel ist auf dem Weg Richtung Wiener Neustadt. Für einen Bomber ist allerdings über Apetlon Schluss. Er wird vom Himmel geholt. Neun Männer springen aus dem abstürzenden Flieger. Vom Zehnten fehlt bis heute jede Spur – jetzt wird nach ihm gesucht.
81 Jahre später ist man nun auf der Suche nach dem Co-Piloten, der nach dem Absturz im Flieger geblieben sein soll. In Zusammenarbeit mit der Defense POW/MIA Accounting Agency (DPAA) sind jetzt englische, deutsche und amerikanische Forscher auf einem Feld in Apetlon dabei, zu vermessen, abzustecken und zu graben. Die DPAA ist eine Dienststelle des Verteidigungsministeriums der Vereinigten Staaten und ihre Aufgabe ist es, nach Kriegsgefangenen und vermissten Soldaten der amerikanischen Streitkräfte zu suchen und sie zu identifizieren.
Von Behörden heimgeholt
Grabungsleiter Tim Fletcher erzählt, dass laut der Angaben der anderen Soldaten auf dem Feld, auf dem sie jetzt arbeiten, der Ort gewesen ist, wo der Bomber abgeschossen wurde. Dank der Angaben der Männer in den anderen Fliegern weiß man eben, dass nacheinander neun Männer mit dem Fallschirm abgesprungen sind. Einer – der Pilot William Wallace – wurde dabei getötet. Er war am Friedhof in Apetlon begraben, wurde aber von den amerikanischen Behörden bereits heimgeholt.
Die anderen Männer wurden verhaftet. Nur von Henry Towne fehlt noch immer jede Spur. Das soll sich jetzt ändern. Dafür hat man alle Aussagen der anderen Soldaten studiert, alte Luftaufnahmen zu Hilfe genommen – und jetzt wird vor Ort gesucht. Auch, wenn nur auf einem Teil des damaligen Grundstückes geforscht werden darf – der andere Teil der Brache gehört dem Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel und hier gab es keine Genehmigung –, ist man guter Dinge, den Vermissten zu finden.
Am 10. Mai 1944 flog ich, Floyd W. Burnette, eine Kampfmission über feindlichem Gebiet. Ich flog auf Position 4 des „Baker“ Fluges, zweite Angriffseinheit. Besagter Flug stand unter dem Kommando von Lt William C Wallace. Als wir uns unserem Ziel näherten, nämlich einem Flugplatz am Rande von Wiener Neustadt, wurden wir plötzlich von sechs ME-109ern, vermutlich ME-109G’s angegriffen. Der Angriff erfolgte von oberhalb der 2-Uhr-Position und die Angreifer flogen zwischen den beiden Angriffseinheiten hindurch, unmittelbar über den Weg des oben genannten Fluges. Der erste Angriff wurde von vier Kampfflugzeugen in ziemlich enger Formation durchgeführt, die etwa nebeneinander oder in einer leichten V-Form flogen. Dicht gefolgt von zwei anderen Jägern nebeneinander, feuerten die angreifenden Jäger aus mehreren Kanonen in ihren Tragflächen von dem Zeitpunkt an, als sie in Reichweite unserer Formation kamen, bis sie unterhalb unserer Formation aus meinem Blickfeld verschwunden waren. Genau im selben Moment, als die Angreifer an uns vorbeiflogen, schien Lt. Wallaces Flieger zu erzittern und leicht zu rollen, als ob es für einen Moment außer Kontrolle geraten wäre. Das Schiff driftete dann etwa 45 bis 65 Meter von unserer Formation nach rechts ab und die Türen des Bombenschachts öffneten sich, unmittelbar darauf öffneten sich auch die Türen des Bugfahrwerks.
Ich sah, wie eine Person aus dem Bombenschacht sprang, und eine Sekunde später eine weitere durch die Bugfahrwerksklappen. Ungefähr drei Sekunden vergingen, bis sich ihre jeweiligen Fallschirme vollständig öffneten, und in diesem Moment erschien eine weitere Person, die den Flieger an derselben Stelle verließ. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt verschwanden diese dritte Person und das Flugzeug selbst aus meinem Blickfeld und befanden sich unter und hinter uns. Bis das Flugzeug aus meinem Blickfeld verschwand, gab es in keinem Teil davon Anzeichen von Feuer, und es gab auch keinen erkennbaren Leistungsverlust. Bis der Flieger aus meinem Blickfeld verschwand, schien er vollständig unter Kontrolle zu sein.
Fletcher zeigt auch eine Luftaufnahme aus den 50er-Jahren, auf der man etliche Bombeneinschläge erkennt. Dahinter könnte das Flugzeug eingeschlagen sein, was aus der Luft auch recht gut zu erkennen gewesen ist.
Bis Ende Juli sind die Männer und Frauen noch hier. Sie sind weltweit unterwegs, um vermisste amerikanische Soldaten zu finden und zu identifizieren. Ingo Thaler etwa ist noch bis Ende dieser Woche in Apetlon, dann reist er zu einer anderen Grabungsstation nach Tirol.
In der kommenden Woche soll übrigens in Apetlon der Bagger zum Einsatz kommen. Damit auch Henry Towne auf heimatlichen Boden seine letzte Ruhestätte finden kann.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.