Die EU-Kommission will nun gegen Österreich ein Strafverfahren wegen zu hoher Neuverschuldung einleiten (siehe Video oben). Die Reaktionen der Parteien fallen naturgemäß unterschiedlich aus. Während es für die SPÖ „kein Weltuntergang“ sei, sieht die FPÖ seitens der Dreierkoalition ein „zentrales Versprechen“ gebrochen ...
Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) hatte bereits vergangene Woche im Bundesrat erklärt, er habe vor dem Defizitverfahren „überhaupt keine Angst“.
SPÖ: „Es bringt auch Chancen für Österreich“
SPÖ-EU-Abgeordnete Evelyn Regner ist Mitglied im Wirtschaftsausschuss und bekräftigt die Aussagen des Finanzministers: „Ein Defizitverfahren ist bei weitem kein Weltuntergang und heißt vor allem Koordination, nicht Kontrolle. Es bringt auch Chancen für Österreich mit sich, insbesondere wenn nachhaltig investiert wird, wie im neuen Budgetplan vorgesehen. Bereits im letzten Frühjahr haben wir uns auf EU-Ebene für flexiblere Regeln beim Schuldenabbau eingesetzt, das heißt mehr Raum für Investitionen, um unseren Wirtschaftsstandort zu stärken.“
Ein Defizitverfahren ist bei weitem kein Weltuntergang.
Die EU-Abgeordnete Evelyn Regner (SPÖ)
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Außenministerin um Beruhigung bemüht
Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) sagte, dass die Regierung einen „sehr ambitionierten Budgetplan“ vorgelegt habe. Es wäre ihr lieber gewesen, ein Defizitverfahren zu vermeiden. Aber „wir biegen das gerade“. Sie freue sich auch sehr auf die kommende Landeshauptleutekonferenz, weil die Budgetkonsolidierung eine „enorme gemeinsame Kraftanstrengung“ brauche, erklärte sie am Mittwochnachmittag.
Wir biegen das gerade.
Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS)
Bild: APA/GEORG HOCHMUTH
FPÖ übt scharfe Kritik an Regierung
Kritik kam dagegen von der FPÖ. Die Regierung steuere das Land „geradewegs und sehenden Auges unter die Kuratel der Brüsseler EU-Zentralisten“ und breche damit ein zentrales Versprechen aus ihrem Regierungsprogramm, in dem sie noch ein Defizitverfahren verhindern wollte, polterte der freiheitliche Generalsekretär Michael Schnedlitz und warnte vor „sozialen Kahlschlägen und massiven Protesten“ wie in Frankreich, Spanien, Portugal oder Griechenland.
Stocker, Babler, Meinl-Reisinger und Co. liefern die Österreicher an die EU-Zentralisten aus.
FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz
Bild: APA/HELMUT FOHRINGER
Der frühere EU-Budgetkommissar Johannes Hahn (ÖVP) gab sich hingegen zuversichtlich. „Es geht ja auch um Reformen, es geht nicht nur um die Konsolidierung des Budgets. Es geht auch um nachhaltige Investitionen, die Europa insgesamt und daher auch Österreich wettbewerbsfähiger und widerstandsfähiger machen in einer zunehmend globalisierten und aber auch disruptiveren Welt.“ Er sei „zuversichtlich“, dass „wir das auf die Reihe kriegen werden“.
Brunner: Rahmenbedingungen sind herausfordernd
Der frühere Finanzminister und aktuelle EU-Kommissar Magnus Brunner (ÖVP) sagte zu dem Defizitverfahren: „Die Rahmenbedingungen sind herausfordernd.“ Die aktuelle wirtschaftliche Situation sei in ganz Europa mit einem durchschnittlichen Wachstum von 1,1 Prozent sehr herausfordernd. Es gebe Unsicherheiten im globalen Handel und in der Wirtschaft. „Die österreichische Bundesregierung hat sich jetzt dazu entschieden, diesen Weg zu gehen und das ist zu akzeptieren.“
Die Rahmenbedingungen sind herausfordernd.
Der frühere Finanzminister und aktuelle EU-Kommissar Magnus Brunner (ÖVP)
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Grund für das EU-Defizitverfahren ist, dass Österreich mit seinem Budgetdefizit von 4,7 Prozent des BIP im vergangenen Jahr und den geplanten 4,5 Prozent heuer klar über der erlaubten Grenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung der sogenannten Maastricht-Kriterien der EU liegt.
Österreichs Plan liegt bereits in Brüssel
Den mittelfristigen Fahrplan, um dieses Defizit wieder zu korrigieren, hat Österreichs Bundesregierung bereits im April bei der EU-Kommission eingereicht. Ist das Verfahren einmal eröffnet, werden sämtliche für das Budget relevanten Entscheidungen in Wien mit der Kommission in Brüssel abgestimmt. „Es ist wichtig, dass Österreich konsequent dem mittelfristigen Strukturplan folgt“, betonte der zuständige EU-Kommissar Valdis Dombrovskis. Die Kontrolle durch die Kommission ist also durchaus engmaschig.
Am 15. Oktober muss Österreich laut EU-Kommission den nächsten allgemeinen Budgetplan einreichen. In diesem sollten dann auch weitere Maßnahmen zum Defizitabbau enthalten sein. 2028 will die Bundesregierung wieder aus dem EU-Defizitverfahren herauskommen.
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