Nicht nur Gewalttätern galt eine Polizeiaktion in Wien, die von Montagnachmittag bis in die frühen Morgenstunden des Mittwoch lief: Es ging auch um die islamistische Gefahr. Mit Dutzenden Beamten – auch der Fremdenpolizei – durchkämmte die Exekutive die Gegend rund um den Westbahnhof.
Gleich mehrere Stoßrichtungen hatte die Polizei-Schwerpunktaktion rund um den Westbahnhof am Montag: Neben der Kriminalpolizei durchkämmte zwischen 14 Uhr und dem frühen Morgen auch die Fremdenpolizei die Gegend und ihre Asylquartiere. Es ging nicht nur um den Aufenthaltsstatus der Bewohner und Hinweise auf Sozialmissbrauch, sondern auch Indizien für (islamistische) Radikalisierung, etwa durch einschlägige Fahnen in den Unterkünften.
Jeden Tag durchschnittlich 14 Schwerpunktkontrollen
Die Beamten der Kriminal- und Sicherheitspolizei widmeten sich zeitgleich der Sicherheitslage in der Gegend des Christian-Broda-Platzes, der schon öfter für Negativschlagzeilen gesorgt hat. Innenminister Gerhard Karner betonte vor Ort, dass Schwerpunkt-Aktionen wie diese zwar selten von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, für die Exekutive aber Alltag sind: „In Wien finden täglich Schwerpunktaktionen – mit unterschiedlichen Stoßrichtungen – statt. Die Kontrollen werden auf Grundlage einer strategischen Analyse geplant und taktisch durch verschiedene Einheiten der Wiener Polizei umgesetzt.“
Allein heuer gab es in der Bundeshauptstadt schon 2192 Schwerpunktaktionen, also im Schnitt mehr als 14 jeden Tag. Dabei wurden 1198 Personen angezeigt. Für 168 Erwachsene und 30 Minderjährige endeten die Aktionen mit Festnahmen. 32 Waffen wurden den Angezeigten dabei abgenommen, sechs davon hatten Minderjährige bei sich. Außerdem wurden über 13.000 Euro Bargeld und diverse Suchtmittel sichergestellt.
“Je mehr Kontrollen, desto schlimmer die Statistik“
Polizei-Vizepräsident Franz Eigner betonte allerdings, dass die gestiegenen Zahlen auch mit dem gestiegenen Kontrolldruck zu tun hätten: „Je mehr kontrolliert wird, desto schlimmer schaut die Statistik aus.“ Unbestritten sei jedoch: „Die Delinquenten werden jünger, die Gewaltbereitschaft nimmt zu.“ Karner versprach seinerseits, den Fahndungs- und Kontrolldruck in Wien weiterhin hoch zu halten. Das sei auch in Zeiten von Sparbudgets sicher. Denn abgesehen von Einsparungen durch sinkende Asylzahlen gelte: „Wir können – weil wir müssen.“
Zehnmal mehr Anzeigen innerhalb von nur einem Jahr
Laut aktueller Kriminalstatistik für das Jahr 2024 haben sich die Fälle von Einbruchsdiebstählen und Diebstählen unter Einsatz von Waffen bei den unter 14-Jährigen in einem Jahr verzehnfacht – von 193 auf 2093 registrierte Delikte. Eine Steigerung um sagenhafte 1900 Fälle innerhalb eines Jahres. Auch bei den 14- bis 18-Jährigen explodierte diese Deliktgruppe: Statt wie 2023 noch 544 Taten, wurden heuer bereits 2094 Einbruchdiebstähle registriert.
Die Gesamtkriminalität der 10- bis 14-Jährigen in Wien stieg von 2573 auf 4405 Fälle – ein Zuwachs um mehr als 70 Prozent. In der älteren Gruppe (14 bis 18 Jahre) kletterte die Zahl der polizeilich registrierten Delikte von 5566 auf 7269. Wer einmal auffällt, bleibt oft im System: Die Zahl der Intensivtäter, also Jugendlicher mit fünf oder mehr Straftaten pro Jahr, nimmt ebenfalls zu. Besonders besorgniserregend ist das, was Experten „Systemsprenger“ nennen: Jugendliche, die Dutzende Delikte begehen, für die kaum eine Maßnahme greift und bei denen keine Aussicht auf Besserung besteht.
Sechsmal am Tag wird in Wien im Schnitt ein Diebstahl durch Einbruch oder mit Waffen angezeigt, der von Kindern zwischen 10 und 14 Jahren verübt wurde. Dazu kommen weitere sechs Taten, die von Jugendlichen (14-18 Jahre) verübt wurden.
Die aktuellen Entwicklungen setzen die Justiz, Jugendämter und Schulen gleichermaßen unter Druck. Forderungen nach schnelleren Verfahren, gezielteren pädagogischen Maßnahmen und einer besseren Früherkennung werden lauter. Gleichzeitig warnen Experten davor, alle Jugendlichen unter Generalverdacht zu stellen. Die große Mehrheit rutscht nicht in die Kriminalität ab – doch die wachsende Zahl an Ausreißern ist ein Alarmsignal.
Auch Opfer werden immer jünger
Dazu kommt: Nicht nur die Kriminellen werden immer jünger, sondern auch ihre Opfer. Insgesamt wurden im Vorjahr österreichweit 908 Minderjährige ausgeraubt. Besonders feig: 23 Kinder waren unter zehn Jahre alt. In 304 Fällen handelte es sich um die Gruppe der 10- bis unter 14-Jährigen und 581 Opfer waren zwischen 14 bis unter 18 Jahre alt.
Zum Teil führt die Polizei den Anstieg bei den Deliktszahlen auch auf erhöhte Anzeigenbereitschaft zurück. Das ergibt sich laut Polizei etwa daraus, weil es sich bei der Beute häufig um hochpreisige Elektronikartikel oder Designerklamotten handle. Außerdem sei die Bevölkerung stärker sensibilisiert, was dieses Thema betrifft. Es handelt sich dabei um Daten der Anzeigenstatistik und nicht um justizielle Entscheidungen.
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