Nach der Festnahme eines Paares am Mittwoch in Wien, deren neun Wochen altes Kind schwer misshandelt worden war, hat die 38-jährige Kroatin ihr Schweigen gebrochen. Sie belastete ihren Partner in ihrer Einvernahme schwer und spricht von Drohungen und Gewalt nicht nur gegen sich, sondern auch gegen den Säugling. Am Freitag wurde dann U-Haft über beide Eltern verhängt.
Einzig: Letzteres will sie nicht direkt beobachtet haben, berichtete Polizeisprecher Markus Dittrich am Freitag. Der 35-jährige Deutsche und seine Partnerin waren am Mittwoch gegen 20.30 Uhr noch in dem Spital festgenommen worden, in das sie ihre Tochter wegen eines Krampfanfalls gebracht hatten.
Die umfassenden medizinischen Untersuchungen des Säuglings ergaben den Misshandlungsverdacht. Das Krankenhaus erstattete umgehend Anzeige.
Multiple Verletzungen festgestellt
Die Ärztinnen und Ärzte stellten zahlreiche schwere Verletzungen fest, aufgrund derer das Mädchen notoperiert werden musste. Laut Dittrich könnten die multiplen Blessuren von einem Schütteltrauma herrühren. Diese Form der Gewalt kann tödlich endende Hirnverletzungen oder lebenslange Folgeschäden bewirken.
Immer, wenn das Baby bei ihm war, hat es geschrien.
Die 38-Jährige beschuldigt den Kindsvater massiv.
Zunächst hüllten sich sowohl Vater als auch Mutter des Kindes in Schweigen. Beide wurden auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Wien in eine Justizanstalt eingeliefert. Während sich der 35-Jährige weiterhin nicht äußern wollte, hat die Mutter mittlerweile ausgesagt.
Kindsvater noch während Aussage angezeigt, Verletzungen dokumentiert
Nach der insgesamt sechs Stunden langen Aussage erstattete der Verteidiger der 38-Jährigen, ein renommierter Wiener Rechtsanwalt, Anzeige gegen den Deutschen wegen fortgesetzter Gewaltausübung sowie gefährlicher Drohung. Auch seien Verletzungen der Frau, wie etwa Blutergüsse oder ein blaues Auge, dokumentiert worden.
Zudem belastete die 38-Jährige den Vater, der von Clara Abpurg vertreten wird, auch wegen der Verletzungen des Säuglings schwer. Allerdings will sie dies nicht direkt beobachtet haben: „Sie selbst habe keine Gewalt ausgeübt und sei auch keine direkte Augenzeugin gewesen“, sagte Polizeisprecher Dittrich. Jedoch: „Immer, wenn das Baby bei ihm war, hat es geschrien“, gab die 38-Jährige an.
U-Haft über beide Eltern verghängt
Vater wie auch Mutter sitzen weiterhin in einer Justizanstalt ein. Freitagnachmittag wurde über den von der Staatsanwaltschaft für beide Beschuldigte gestellten U-Haftantrag entschieden, berichtete Gerichtssprecherin Christina Salzborn.
Es habe bei dem Paar im Vorfeld keine Einsätze wegen häuslicher Gewalt gegeben. Auch bei der Kinder- und Jugendhilfe (MA 11) seien die beiden nicht in Erscheinung getreten. Das Kind schwebte weiterhin in Lebensgefahr.
Vater vorbestraft
Beim vorbestraften 35-Jährigen lauten die Haftgründe Tatbegehungsverdacht, Flucht- und Verdunkelungsgefahr, bei der 38-Jährigen Verdunkelungs- und Tatbegehungsverdacht
Jugendamt beantragte Obsorge
Die MA 11 hat vorerst die Obhut über den Säugling übernommen. Zudem habe die Magistratsabteilung die Obsorge bei Gericht am Freitag auch formell beantragt, um zu sehen, welche Zukunft dem Mädchen zu bieten ist, wenn es sich von seinen Verletzungen erholt, so die Sprecherin der MA 11, Ingrid Pöschmann. Die MA 11 sei nun bis auf Weiteres Ansprechpartner für das Krankenhaus, in dem das Baby behandelt werde. Mittlerweile könne man auch ausschließen, dass es Geschwister gibt, sagte Pöschmann.
Viele Eltern sind am Anschlag des Machbaren. Da ist es wichtig zu wissen, dass man nicht allein ist, dass es Hilfe gibt – unter anderem auch bei Kinderärzten oder der Wiener Kinder- und Jugendhilfe.
Ingrid Pöschmann, Sprecherin der MA 11
Appell an Eltern
Die MA 11-Sprecherin richtete in dem Zusammenhang auch einen Appell an Eltern, die bei der Betreuung ihrer Kinder überfordert sind: „Hilfe holen ist keine Schande“, sagte Pöschmann. „Ohne den Fall entschuldigen zu wollen – das darf nicht passieren. Viele Eltern sind am Anschlag des Machbaren. Da ist es wichtig zu wissen, dass man nicht allein ist, dass es Hilfe gibt – unter anderem auch bei Kinderärzten oder der Wiener Kinder- und Jugendhilfe.“
Wenn Eltern eine Überforderung spüren, sei es wichtig, rechtzeitig gegenzusteuern – beispielsweise „das Kind auf einem weichen Untergrund ablegen, rausgehen und Luft holen“.
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