Weltmuseum Wien

Geheime grüne Helden auf dem Fensterbrett

Kultur
28.05.2025 14:43

Mit der Ausstellung „Kolonialismus am Fensterbrett“ betreibt das Weltmuseum Wien pflanzliche Ahnenforschung. Bis Mai 2026 können Pflanzenliebhaber und Geschichtsinteressierte die Biografien der weit gereisten grünen Nutzpflanzen erforschen. 

Spätestens in der Pandemie haben sie ihre liebevolle Wiederentdeckung gefeiert – die grünen Mitbewohner. Längst sind Ficus und Veilchen, Begonie und Geranie aus heimischen Wohnzimmern nicht mehr wegzudenken. Und doch haben sie ihren natürlichen Lebensraum weit außerhalb Europas. Das Weltmuseum wirft nun einen Blick auf zehn der beliebtesten Zierpflanzen und erzählt den Weg dieser Gewächse von „exotischen“ Objekte zu alltäglichen Zimmerpflanzen.

Blume der gebrochenen Herzen
Die dabei zu entdeckenden Geschichten, sind erstaunlich. Die beliebte Begonie etwa prägte in China nicht nur die Malerei als „Blume der gebrochenen Herzen“, sie wirkt auch fiebersenkend. Der Ficus wird als Nationalbaum Indiens von Buddhisten für seine spirituelle Kraft geschätzt, einige seiner Sprösslinge wirken gar gegen Skorbut.

Die in zahlreichen Blumenampeln heimisch gewordene Grünlilie gilt afrikanischen Nomaden als Schutzherrin für Schwangere. Die Edelgeranie wurde schon lange vor ihrer Reise nach Europa in Südafrika als Heilpflanze für Erkrankungen der Atemwege geschätzt. Und die filigrane Zimmertanne wird in den Anden als heilig verehrt und ist derart hitzebeständig, dass sie Vulkanausbrüche übersteht.

Blumenkisterl-Eklat
„Haus ohne Augenbrauen“ 

Wie viel Sprengstoff im Blumenschmuck steckt, zeigt die Geschichte des Loos-Hauses. Architekt Adolf Loos hatte das Haus am Michaelerplatz Anfang der 1910er Jahre gänzlich ohne Fassadenschmuck geplant, was einen veritablen Skandal auslöste. Kaiser Franz Josef taufte es gar das  „Haus ohne Augenbrauen“. Erst als Loos kupfernen Blumenkästen zustimmte, konnte der Bau 1912 fertiggestellt werden. Heute schreibt der Denkmalschutz die Anpflanzung roter Geranien für das Haus vor.

Die meisten Pflanzen, für die das Weltmuseum in der kleinen, aber feinen Schau Ahnenforschung betreibt, kamen im 18. Jahrhundert im Rahmen von kolonialen Expeditionen nach Europa. Anfangs als kostbare Statussymbol gehandelt, eroberten sie von höfischen Räumen aus die bürgerlichen Wohnzimmer. Die archaischen Heilkräfte gerieten bei der Wandlung zu lebendigem Dekor oft in Vergessenheit.

Viele der pflanzlichen Erfolgsgeschichten haben auch problematische Aspekte. Die Biografien der weit gereisten grünen Nutzpflanzen erzählen auch von Biopiraterie, von europäischen Patenten auf traditionelles Wissen und von kommerzieller Ausbeutung angeeigneten Kulturguts. Die nicht sehr dicht bestückte Schau aus historischen Objekten und lebendigen Pflanzen richtet sich an Pflanzenliebhaber sowie Geschichtsinteressierte und ist noch bis Mai 2026 zu sehen.

Information: www.weltmuseumwien.at

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