Zumindest 50 Hiebe versetzte Ingo S. (45) einem 16-Jährigen. Mitte Juni steht er nun wegen Mordes vor den Geschworenen. Ein Prozess, der wohl viele Besonderheiten bieten wird. Denn sämtliche Gespräche mit dem Opfer wurden von einer App aufgezeichnet – auch das Letzte.
Mitten in der Nacht, am 7. Oktober, geht der gebürtige Oberösterreicher in den Keller seines Wohnhauses in Wien-Favoriten. Er holt eine Axt – mit der er mindestens 50-mal auf einen erst 16-jährigen Bulgaren einschlug.
„Er wollte mich verlassen“
„Als der Angeklagte erkannte, dass er nicht mehr lebte, trug er diverse Decken, Teppiche und Tücher zusammen, um den Leichnam zu bedecken“, so die Staatsanwaltschaft. Dann setzt sich Ingo S. an seinen Laptop, kopiert zwei Dateien mit den Namen „Info Polizei“ auf USB-Sticks und schreibt noch auf einen Zettel: „Es tut mir so leid! Unter Drogeneinfluss habe ich es gemacht. Ich war zornig und verzweifelt. Er wollte mich verlassen und erpressen.“
Sämtliche Gespräche wurden aufgezeichnet
Am 17. Juni sitzt der 45-Jährige nun wegen Mordes vor den Geschworenen im Wiener Landl. Ein Prozess, der wohl viele Besonderheiten haben wird: Einerseits muss der Mandant von Astrid Wagner nach einem Selbstmordversuch im Gefängnis künstlich ernährt und mittels Tracheostoma medizinisch versorgt werden. Wie seine Aussage verlaufen wird, ist noch unklar.
Übersetzungsapp zeichnete alles auf
Andererseits gibt es Aufzeichnungen über sämtliche Gespräche zwischen dem Angeklagten und dem Jugendlichen – sie kommunizierten nämlich ausschließlich über eine Übersetzungsapp. Der Ministeriumsmitarbeiter lernte das Opfer über Facebook kennen. Der 16-Jährige arbeitete in Bulgarien als Callboy, mehrmals holte ihn der Angeklagte nach Wien.
Crystal Meth als Ritual
Das erste Mal am 23. April 2024. Zusammen mit seinem Bruder reiste der Bursche nach Österreich. „Kurz vor den geschlechtlichen Handlungen konsumierte der Angeklagte Crystal Meth, ein Ritual, das er vor dem sexuellen Verkehr praktizierte“, schreibt die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift. So war es auch am Tag der Bluttat – jedoch war er laut Gutachten zurechnungsfähig.
Alle zwei bis drei Wochen holte sich der 45-Jährige den Jugendlichen für drei bis fünf Tage zu sich, bezahlte ihn und machte ihm Geschenke wie beispielsweise Handys. „Er entwickelte im Laufe des Sommers 2024 Gefühle für den 16-Jährigen“, so die Anklagebehörde.
Für den Burschen war aber immer klar, es geht ums Geschäft. Das machte er Ingo S. auch in der Nacht von 7. auf 8. Oktober klar, als er auch mehr Geld für die Leistungen forderte. „Fasst man die Gespräche des letzten gemeinsamen Wochenendes zusammen, wird deutlich, welchen Stellenwert Sex bzw. sexuelle Befriedigung im Leben des Angeklagten einnahm und wie wichtig es ihm war, die Kontrolle zu behalten. Und genau diese Kontrolle verliert er letzten Endes“, heißt es in der Anklageschrift. Die letzten aufgezeichneten Worte vor dem tödlichen Axtangriff: „Schlaf schön.“
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