Maschine im Hagelsturm

„Dann ist Pilot nur noch Gast im eigenen Cockpit“

Wien
10.06.2024 11:59

„Der Pilot war da kurzzeitig nur noch Gast im eigenen Cockpit“, ist sich ein Luftfahrtexperte beim Anblick der vom Hagel regelrecht zerschossenen AUA-Maschine sicher. Trotz massiver Sichteinschränkung konnte das Flugzeug am Sonntagnachmittag sicher auf den Boden gebracht werden. Doch wie kann es sein, dass die Cockpit-Crew dem Unwetter nicht rechtzeitig ausweichen konnte?

„Das Flugzeug geriet im Anflug auf Wien in eine Gewitterzelle, die für die Cockpit-Crew laut deren Aussage auf dem Wetterradar nicht ersichtlich war“, lautet das offizielle Statement der Austrian Airlines zu dem erschreckenden Vorfall am Sonntagnachmittag.

Laut Ubimet sei das Unwetter für Meteorologen allerdings schon eine halbe Stunde vorher klar ersichtlich gewesen. „Wir haben uns daher auch gefragt, warum es für die AUA-Crew nicht erkennbar war“, so Meteorologe Christoph Matella.

Eine Antwort auf die in dieser Causa wohl meist gestellte Frage, versucht der Luftfahrtexperte Thomas Friesacher zu geben: „Der Wetterradar im Flugzeug zeigt hauptsächlich Feuchtigkeit an. Diese Art von Hagel ist allerdings sehr kalt und damit sehr trocken. Die Hagelkörner werden dann kilometerweit regelrecht aus den Wolken geschleudert. Das erkennt man dann nicht am Radar.“ 

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Der Hagel ist sehr kalt und trocken. Vermutlich war er deshalb nicht am Radar ersichtlich.

Flugunfallsachverständiger Thomas Friesacher

„Immense Lärmentwicklung im Cockpit“
Fakt ist, das Team der AUA-Maschine brachte das Flugzeug und damit all seine Passagiere sicher auf den Boden – nicht zuletzt dank der hoch entwickelten Technik: „In 97 Prozent aller Fälle fliegt so eine Maschine mit Autopilot. Kommt das Flugzeug dann in ein derart heftiges Unwetter, prasselt auf die Cockpit-Crew erstmal eine immense Lärmentwicklung ein. Man muss dann herausfiltern, was genau passiert ist. Im nächsten Schritt wird dann die Geschwindigkeit reduziert und alles versucht, damit der Autopilot weiter in Betrieb bleibt“, so Friesacher, der selbst jahrzehntelang Kapitän bei der AUA war.

„Wenn Technik versagt, muss Mensch übernehmen“
Im aktuellen Fall habe der Pilot mit hoher Wahrscheinlichkeit eine automatische Landung durchführen können. „Wenn die Technik aber versagt, muss der Mensch übernehmen können. Dafür sind die Piloten aber auch intensiv geschult. Die Sicherheitsstandards bei der AUA sind auch wirklich extrem hoch“, weiß der Flugunfallsachverständige.

(Bild: zVg)

Grundsätzlich sei es laut Friesacher nicht vermeidbar, in solche Situationen zu kommen. Insbesondere die Klimaveränderung würde derart extreme Wetterverhältnisse begünstigen. „Da muss man einfach durch. Aber dann ist man kurzzeitig nur noch Gast im Cockpit der Umweltfaktoren“, so der Experte.

Vorfall wird von AUA untersucht
Wie die AUA am Montag mitteilte, werde der Vorfall wie üblich untersucht. Wie hoch der Schaden ist und wie lange die Maschine ausfällt, sei laut Sprecherin Anita Kiefer noch nicht abschätzbar. 

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Wie bei solchen Vorfällen üblich, wurde eine Untersuchung eingeleitet, warum der gestrige Flug OS434 durch eine Zone mit Hagel geflogen ist. Der Vorfall dauerte nur wenige Sekunden.

Austrian Airlines

Die Überprüfung der Flugzeugsysteme bzw. die Beobachtung der aktuellen als auch vorhergesagten Wettersituation entlang der gesamten Strecke seien die Hauptaufgaben der Cockpit-Crews während des Fluges, die „mit sehr großer Gewissenhaftigkeit“ durchgeführt werden, wurde betont.

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