krone.at-Interview

Unsere ‘Geißböcke’ Royer und Wimmer: ‘Polster ist Legende’

Sport
18.10.2012 10:17
Toni Polster war es einmal, jetzt sind sie die rot-weiß-roten Aushängeschilder beim 1. FC Köln: Daniel Royer und Kevin Wimmer. krone.at besuchte die beiden zu Saisonbeginn zu den "Geißböcken" gewechselten Jung-Kicker und sprach mit ihnen über den holprigen Saisonstart mit ihren Kölnern, den Kampf ums Stammleiberl, das seit dem Fall Kevin Pezzoni heiße Fan-Pflaster am Rhein, private juristische Sorgen und die allgegenwärtige Kölner Legende Polster. Auch das vierbeinige Klub-Maskottchen, Geißbock "Hennes", kam natürlich zur Sprache...

krone.at:Der Saisonauftakt ist für den 1. FC Köln einigermaßen in die Hose gegangen. Woran hat's gehapert?
Daniel Royer:Das ist schwer zu sagen. Man hat stets gesehen, dass die Mannschaft immer 100 Prozent gibt, auch immer extrem viel investiert, alles versucht und sich auch ziemlich viele Torchancen erarbeitet – aber die dann eben nicht verwertet. Ich glaub', wir waren in keinem Spiel die schlechtere Mannschaft, wir haben zwar auch teils noch nicht den Fußball gespielt, den wir spielen können, aber trotzdem hätten wir die Spiele für uns entscheiden können. Ja, möglicherweise war es vielleicht ein bisschen der Druck, sofort vorne wegschießen zu müssen.
Kevin Wimmer:In unserer Mannschaft hat ein großer Umbruch stattgefunden, es sind viele Spieler weggegangen und viele sind neu dazugekommen. Uns war im Vorfeld schon klar, dass das seine Zeit brauchen wird, bis die Automatismen auch greifen. In den ersten paar Spielen hat man schon gute Ansätze gesehen, es hat uns immer wieder auch das Quäntchen Glück gefehlt. Zuletzt hat man schon gesehen, dass wir uns immer mehr weiterentwickeln und unsere Arbeit im Training schon langsam Früchte trägt. Wir arbeiten immer hart an unseren Schwächen, und ich glaube, es wird von Spiel zu Spiel besser.

krone.at:Jetzt ist der 1. FC Köln eine Adresse, die man außerhalb von Mönchengladbach oder Leverkusen grundsätzlich als in die Bundesliga gehörig sieht. Inwieweit erschwert euch diese Erwartungshaltung euer Dasein zusätzlich?
Royer:Natürlich, Köln ist ein Verein, der wieder in die erste Liga zurück will und große Ambitionen hat. Aber genau das ist es eben: Wenn man große Erwartungen hat, dann steigt eben der Druck. Dann glaubt man, das läuft von alleine und das ist ja selbstverständlich - dabei wird es eigentlich immer schwieriger. Es ist oft so, dass gerade die ambitionierten Vereine schlecht starten oder nicht das bringen, was man sich erwartet. Zudem sind die anderen Gegner in der Liga ja auch nicht blind. Und trotzdem haben wir selbst die Qualität und die Ambitionen, dass wir oben mitspielen.

krone.at:Und wie seht ihr die Chancen, den Aufstieg doch heuer noch zu verwirklichen? Oder habt ihr das schon ausgeblendet?
Wimmer:Also dass wir uns so richtig krampfhaft an den Aufstieg festklammern, das wollen wir nicht. Wir wollen vielmehr von Spiel zu Spiel schauen und versuchen, in den nächsten Spielen wieder mehr Erfolgserlebnisse einzufahren. Wenn wir uns mit Siegen immer weiter nach vorne arbeiten, kann man eh schauen, was am Ende rauskommt.
Royer: Ich glaub', es wär' nicht schlecht, wenn wir das jetzt ausblenden. Wir müssen uns jetzt wirklich auf die Floskel konzentrieren, "von Spiel zu Spiel zu schauen". Wir können zweifellos einen Lauf starten, wir haben noch sehr viel Zeit, es gibt noch so viele Spiele und es sind noch so viele Punkte zu vergeben. Natürlich können wir es schaffen, dass wir wieder vorne anschließen, aber wir dürfen jetzt nicht damit hadern, dass wir schon so viele Punkte liegen gelassen haben.

krone.at: Kevin, während Daniel schon Nationalteam-Luft geschnuppert hat, warst du bis in die Sommerpause hinein der großen Sportöffentlichkeit Österreichs kaum bekannt. Und jetzt hast du dich nach gerade einmal 28 Spielen beim LASK in der zweiten Liga Österreichs sofort in der Startelf des 1. FC Köln etabliert. Hättest du erwartet, dass das so schnell gehen würde?
Wimmer:Also als ich zum 1. FC Köln gekommen bin, hab' ich schon gewusst, dass die Chancen durchaus realistisch sind, dass ich mich im Laufe der Zeit hineinspiele. Aber dass es gleich am Anfang für die Startelf reicht, das hätte ich mir selber auch nicht erträumt. Auch wenn ich in jedem Spiel versuche, mein Bestes zu geben und mich immer für die Mannschaft aufzuopfern, um durch meine Leistungen der Mannschaft zu helfen. (überlegt lange) Nein, dass es so schnell geht mit der Startformation, das konnte ich nicht erwarten.

krone.at: Du bist von Coach Holger Stanislawski wenn, dann stets von Beginn an eingesetzt worden - einmal links in der Abwehrkette, ansonsten in der Innenverteidigung. Was liegt dir denn deiner Meinung nach besser? Die zentrale Position oder die an der Flanke?
Wimmer:Also ich fühl' mich grundsätzlich auf beiden Positionen sehr wohl, obwohl ich sagen muss, dass ich, speziell vom LASK her, die Innenverteidiger-Position schon mehr gewohnt bin. Dadurch liegt mir die Position vielleicht ein bisschen mehr. Aber ich kann genauso links außen spielen, ich hab' da überhaupt kein Problem damit. Ich spiel' da, wo mich der Trainer aufstellt, und versuche immer, dass ich meine Leistung abrufe...

krone.at: Wo siehst du denn generell deine Stärken und Schwächen? Ich frag' mal so dämlich, weil dich bis auf Zweitliga-Junkies in Österreich ja womöglich nicht so viele kennen...
Wimmer: Also Stärken seh' ich sicher einmal in meinem Zweikampfverhalten. Außerdem kann ich die langen diagonalen Bälle ganz gut schlagen, wenn ich den Ball auf meinem starken linken Fuß hab'. Durch meine Schnelligkeit passt es auch mit den Vorstößen nach vorne ganz gut. Wo es sicherlich noch Schwächen gibt, das ist das defensive Kopfballspiel – obwohl auch das immer besser wird. Aber grundsätzlich gibt's natürlich immer irgendetwas zu verbessern.

krone.at: Kommt das hin, Daniel?
Royer:
Stimmt! So hätt' ich ihn jetzt auch beschrieben. Da kann man eigentlich nicht mehr viel hinzufügen.
krone.at: Apropos - hast du Kevin eigentlich vor eurem Zusammentreffen hier in Deutschland schon gekannt? Du warst ja schon Legionär, als er sein Debüt in der zweiten Liga Österreichs beim LASK gefeiert hat...
Royer: Doch, doch! Ich hab' ja einmal mit ihm im U21-Nationalteam zusammengespielt.

krone.at:Daniel, du selbst bist nach einem Saisonbeginn mit viel Einsatzzeit und einem Platz in der Startelf zuletzt ins Hintertreffen geraten und kommst derzeit meist nur von der Bank. Wie gehst du mit dieser Situation um? Wie erklärt dir das euer auf den ersten Blick sehr kommunikativer Trainer?
Royer:
(lacht)Ja, der Trainer ist echt ein sehr kommunikativer Mensch. Vor allem vor der ganzen Mannschaft hat er eine sehr gute Präsenz, und er weiß genau, was er uns jungen Spielern sagen muss. Spezifisch mit mir hat er über die Situation noch nicht geredet, aber das wird demnächst bestimmt passieren. Ja, wie du gesagt hast, zu Beginn hab' ich noch von Anfang an gespielt, und da ist es noch nicht so gelaufen. Dann ist es natürlich logisch, dass rotiert wird. Tja, und dann haben wir einmal gewonnen, als ich nicht dabei war - so ist das eben im Fußball. Aber keine Sorge, ich werde mich wieder hineinbeißen.

krone.at: Ist deine Situation hier in Köln mit jener in Hannover zu vergleichen, wo du zwar oft gelobt wurdest, aber das Pech hattest, dass die Mannschaft ohne dich Erfolge eingefahren hat?
Royer: Auf den ersten Blick schon, aber von meinen persönlichen Erwartungen oder Ansprüchen her sind das schon zwei unterschiedliche Situationen. In Hannover, das stimmt, hat man mir gesagt, dass ich mich gut entwickle und dass ich gut trainiere - aber davon kann ich mir im Endeffekt nachher nichts kaufen, das ist nur ein Trostpflaster. Nichtsdestotrotz will man ja immer spielen. Aber das wird hier in Köln hoffentlich wieder anders laufen.

krone.at:Wie sehr hat dich eigentlich zusätzlich zur sportlichen Herausforderung deine erstinstanzliche Verurteilung wegen einer vermeintlichen Falschaussage bei einem Prozess belastet? Hast du das hier in Deutschland all habe ich das "wegklicken" können. Ich muss jetzt aber auch dazu sagen, ich bin zwar vor Kurzem freigesprochen worden, aber das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, ich muss jetzt eben noch abwarten, wie das weitergeht. Aber ich kann sagen, dass das auf jeden Fall ein unvorstellbarer Rucksack war, den ich die ganze Zeit mit mir herumgetragen habe. Das hab' ich auf keinen Fall ausblenden können, nur weil ich in Deutschland war. Man kriegt ja trotzdem alles von der Heimat mit, von Familie, Freunden und Medien. Das war sicher die schwierigste Zeit, die ich bis jetzt erlebt habe. Ich glaub', das ist den meisten gar nicht bewusst, die meisten können sich das gar nicht vorstellen. Jetzt schaut aber wieder ein Funken Hoffnung heraus und ich hoffe, dass die Gerechtigkeit jetzt endlich siegt.

krone.at:Ihr seid nicht die ersten Österreicher hier beim 1. FC Köln. Vor allem gab es hier den Toni Polster. Als der hier sein letztes Spiel absolviert hat (Anm.: 9. Mai 1998 beim 2:2 zu Hause gegen Leverkusen) wart ihr beide sieben bzw. fünf Jahre alt. Wie präsent ist der "Toni Doppelpack" hier eigentlich noch? Ist er noch ein Thema?
Wimmer:Also man wird schon oft auf ihn angesprochen. Und ich hab' zudem ja selbst das Vergnügen gehabt, dass ich bei den LASK-Amateuren den Toni Polster als Trainer gehabt habe, zwar nur ein halbes Jahr lang, aber dennoch. Schon da hab' ich in persönlichen Gesprächen einiges erfahren. Aber da hab' ich mir natürlich noch nicht gedacht, dass ich auch einmal hier spielen werde. Nein, man merkt hier stets, dass er viel erreicht hat.
Royer:Und auf keinen Fall ist er vergessen! Das kann man wirklich nicht sagen. Ich glaub', bei den meisten Fans war sofort der Toni Polster im Kopf, als man gehört hat, dass wieder Österreicher bei Köln spielen. Er ist wirklich, das muss man echt sagen, sehr beliebt hier. Ich würd' schon fast sagen, dass er eine Legende ist.

krone.at:Der Fall Kevin Pezzoni hat zuletzt für viel Aufregung gesorgt - wie geht man persönlich mit der Drohkulisse um, "von einzelnen Chaoten gedemütigt und persönlich angegangen zu werden", wie es die FC-Kicker in einem offenen Brief als Reaktion darauf erklärt haben?
Royer: Wir sind als Mannschaft natürlich geschockt gewesen, jeder einzelne für sich natürlich auch... (lange Pause)... Wenn das einem Mitspieler passiert, ist das natürlich schlimm, man trainiert jeden Tag mit dem, kennt den und weiß, dass der ein guter Typ ist. Nein, da sind einfach Grenzen überschritten worden. Fans können enttäuscht und auch böse sein, das ist alles normal. Vor allem in Köln geht alles sehr emotional zu, in beide Richtungen - wenn man Erfolg hat und wenn man Misserfolg hat. Es ist ja in Ordnung, sogar sehr gut, Emotionen zu zeigen. Aber Gewalt oder so weit, wie es beim Kevin Pezzoni gegangen ist, das ist eindeutig zu viel.
Wimmer:So weit sollte es auf keinen Fall kommen. Klar kippt die Stimmung manchmal schnell, aber wir versuchen ja doch immer, dass wir alles für unseren Verein geben. Wenn man dann von solchen Situationen hört... (schüttelt den Kopf)

krone.at:Daniel, aus der steirischen Provinz bist du über Umwege in die Medienmetropole Köln gekommen. Wie lebt es sich hier in der Stadt, wie kommst du mit der rheinischen Art und dem Dialekt hier zurande?
Royer: Also ich sag mal so - der Rheinländer ist ein ziemlich offener und direkter Mensch, der gleich einmal seine Meinung sagt oder Emotionen zeigt. Das kann natürlich sowohl sehr positiv als auch negativ sein. Köln ist auf jeden Fall eine Stadt, die lebt - da wird einem auf keinen Fall langweilig. Natürlich ist es schöner, wenn man nach einem Erfolg durch die Stadt geht, als wenn man Misserfolg hat. Tja, und zum rheinischen... äh... Kölner Dialekt: Den hab' ich mir noch nicht angeeignet, ich glaub' das werde ich auch nicht machen, weil das schon ziemlich eine eigene Sprache ist. (lacht)

krone.at:Ihr habt hier in Köln ein ganz besonderes Maskottchen, einen Geißbock namens "Hennes". Hast du ihn auch schon "kennengelernt"? Bekommt man als Spieler etwas von dem Vierbeiner mit?
Royer:Ja, natürlich, den sieht man bei jedem Heimspiel, wie er durchs Stadion spaziert. Und ja, der "Hennes" ist schon, wie soll ich sagen, ein richtiges Symbol für Köln. Es macht Spaß, wenn er da ist.

krone.at: Ein kleiner Test noch: Der wievielte "Hennes" ist der aktuelle?
Royer: Der Achte!
krone.at: Jawohl! Okay, passt! Test bestanden.

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(Bild: KMM)



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