Leonie Lipburger:

„In meiner Familie bin ich einfach aufgehoben“

Vorarlberg
02.04.2024 06:15

Was treibt junge Menschen an, wie blicken sie auf die Welt? In seiner Reihe „Wir sind nicht so!“ sucht Robert Schneider das Gespräch mit Jugendlichen – so wie jüngst mit Leonie Lipburger.

Sie stamme aus einer Musikerfamilie, deshalb sei sie vorbelastet, weil schon Opa und Papa Musik gemacht hätten. Tontechnik oder Tonmeisterin würde sie nach der Matura gerne studieren. Das sei ein riesiges, breites Feld mit ganz vielen Möglichkeiten. Leonie Lipburger, die junge Frau, die mir gegenübersitzt, strahlt eine gewisse Ruhe aus und auch etwas Tiefgründiges. Beides ist für junge Menschen in ihrem Alter eher untypisch. Sie hört sehr genau zu, wirkt überlegt, wenn sie auf meine Fragen antwortet und ist dabei doch herzlich. Ihre silbernen Ohrringe tanzen, wenn sie nickt oder etwas verneint, und die rehbraunen, verschatteten Augen lassen einen Menschen vermuten, der sich viele Gedanken über sich und die Welt macht.

Robert Schneider: Ihr Vater ist der bekannte Musiker Kurt Lipburger von „Zündstoff“, der u. a. mit der Kabarettistin Gabi Fleisch zusammengearbeitet hat, aber auch viel im Ausland tätig ist. Haben Sie ihn als Kind überhaupt je zu Gesicht bekommen? Ein freischaffender Künstler ist oft unterwegs.
Leonie Lipburger: So schlimm ist es nicht. Wir haben als Familie viel gemeinsam gemacht. Er ist auch Musiklehrer an der Musikschule Bregenzerwald, und ich habe ihn oft zu seinen Auftritten begleitet. Tue das immer noch sehr gern. Beim Aufbau helfen, beim Soundcheck. Das ist wirklich interessant, weil jeder Auftritt, jeder Abend anders ist.

Ist die Mama auch berufstätig?
Die ist an der Rezeption in einem Hotel in Balderschwang.

Haben Sie noch Geschwister?
Ich bin allein.

Also eine Prinzessin.
Genau.

Und Sie leben mit ihren Eltern in Langenegg. Wie ist es da mit den Öffis? Man muss doch irgendwie wegkommen als junger Mensch.
Schrecklich. Da müssen sie sich noch was einfallen lassen. Andererseits bin ich total gern daheim. Meine Familie bedeutet mir sehr viel. Sie gibt mir wirklich Halt. Da fühle ich mich einfach aufgehoben.

Es ist noch nicht so lange her. Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an Ihre früheste Kindheit denken?
Da fällt mir ganz spontan der „Affenberg“ ein. Das war ein Zoogehege in Salem, mitten im Wald. Die Kinder bekamen Popcorn und durften damit kleine Äffchen füttern, die da überall herumturnten. Das ist eine sehr starke Kindheitserinnerung.

Für Ihre Generation ist der Gebrauch von digitalen Medien selbstverständlich. Wie bilden Sie sich wirklich eine Meinung? Stichwort Fake News.
Das ist wirklich eine schwierige Frage. Inzwischen bin ich bei allen Medien grundsätzlich skeptisch, ob Zeitung oder Internet. Wenn ich etwas wirklich genau wissen will, ziehe ich sehr viele Quellen gleichzeitig heran. Das Gefühl, dieser oder jener Quelle vertraue ich ganz, ist leider verloren gegangen. Ich verlasse mich da auf mein Bauchgefühl. Man spürt ja sofort auf YouTube, ob sich der Content-Gestalter etwas angetan hat, wie viel Zeit er investiert hat.

Nehmen Sie das Handy zum Einschlafen mit ins Bett?
Ja, leider. Ich habe zwar angefangen, mir einen Timer zu stellen – eine halbe Stunde TikTok, eine halbe Stunde Instagram am Tag, aber wenn ich nicht aufpasse, bleibt es nicht dabei. Ich weiß, das ist nicht gut.

Mir macht das total Spaß. Ich kann dabei herrlich abhängen.
Das stimmt. Aber es heißt ja, dass das Blaulicht am Handy schädlich ist, weil das Lichtspektrum das Einschlafen erschwert, also die Ausschüttung von Melatonin.

Es heißt auch, dass gerade Ihre Generation am Handy verblödet. Diese Behauptung kann ich allerdings nicht bestätigen. Wenn ich zurückdenke, als ich so alt war wie Sie, dann komme ich mir richtig dumm vor.
Danke, dass Sie das sagen. Das höre ich selten. Das Vorurteil besteht nämlich wirklich.

Mit Büchern haben Sie vermutlich nichts am Hut.
Ich lese total gerne, wenn ich Zeit dazu habe. Da bin ich sehr durch meine Mama geprägt. Besonders Spaß macht es, Bücher in englischer Sprache zu lesen, was ich gerade momentan tue.

Sind Sie ein politisch denkender Mensch?
Leider spielt Politik in meinem Leben nicht so eine große Rolle.

Wieso leider?
Ich würde gerne mehr wissen. Es stehen in diesem Jahr einige Wahlen an, und ich habe noch nicht wirklich darüber nachgedacht. Andererseits bin ich ja eine Wählerin und müsste eigentlich Bescheid wissen. Ich traue mich fast nicht, es zu sagen: Wenn ich in die Welt schaue und weiß, was da überall abgeht, bricht in mir der Weltschmerz aus. Es tut mir weh, aber ich kann nichts daran ändern. Dann muss ich mich einfach schützen. Es ist eine Art Selbstschutz. Das gebe ich ganz offen zu.

Machen Sie sich Gedanken über die Klimadebatte?
Ja, klar. Aber ich bin jetzt nicht jemand, der sich auf der Straße festklebt. Ich finde, das ist der falsche Weg. Was mir sehr entgegenkommt, sind die kleinen Dinge des Alltags. Z. B. das Einkaufen. Ich kaufe fast nichts, das in Plastik eingepackt ist. Heute ist ja jede Gurke in Plastik eingepackt. Ein Brot, das nach vier Wochen noch immer nicht schimmelt... Da will man gar nicht darüber nachdenken, wie viel Chemie da zugesetzt wurde.

Zitat Icon

Ich traue mich fast nicht, es zu sagen: Wenn ich in die Welt schaue und weiß, was da überall abgeht, bricht in mir der Weltschmerz aus. Es tut mir weh, aber ich kann nichts daran ändern.

Leonie Lipburger

Spielt die Religion in Ihrem Leben eine Rolle?
Eigentlich nicht. Aber ich gehe momentan mit meiner Oma fast jeden Sonntag in die Kirche, weil der Opa gestorben ist.

Also einfach ihr zuliebe?
Ja auch. Ich mache das für sie, aber auch für mich selbst und meine Familie generell. Bei uns gibt es noch die Tradition, dass, wenn ein Angehöriger stirbt, die Trauerfamilie die folgenden vier Sonntage gemeinsam zur Kirche geht. Das finde ich eine sehr schöne Tradition.

Sie haben mir etwas mitgebracht, das Ihnen viel bedeutet. Eine Porzellanfigur mit zwei braunen Pferdchen. Können Sie mir erzählen, was es damit auf sich hat?
Die habe ich von meinem Opa geschenkt bekommen, als ich etwa acht Jahre alt war. Er hat sie wiederum von seiner Mutter. Die stehen heute noch auf meinem Nachtkästchen. Ich habe sie immer ganz behutsam in die Hände genommen und darauf aufgepasst. Es ist einfach eine große Freude, die Pferdchen zu betrachten, weil ich weiß, dass sie meinem Opa so viel bedeutet haben. Und das macht dieses Stück für mich so besonders wertvoll.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Vorarlberg Wetter
12° / 16°
leichter Regen
13° / 18°
einzelne Regenschauer
13° / 18°
leichter Regen
13° / 18°
leichter Regen



Kostenlose Spiele