Grafenegg: „Parsifal“

Der Karfreitag muss nicht stumm sein

Kritik
30.03.2024 10:00

Während die großen Bühnen traditionsgemäß schwiegen, wurde der 3. Akt des Wagner’schen Erlösungswerks in Niederösterreich zum orchestralen und gesanglichen Ereignis

(Bild: kmm)

Auch unter prinzipienfesten Christen muss mittlerweile am Karfreitag nicht mehr von Nahrungszufuhr, Wäschewaschen und Nägeleinschlagen Abstand genommen werden. Nur die Theater und die Opernhäuser sind geschlossen. Warum? Weil’s wahr ist. Ein umso packenderes, spirituell aufgeladeneres Erlebnis war dafür in Grafenegg verfügbar: Der am Karfreitag handelnde 3. Akt „Parsifal“ ist ja der Inbegriff aller Schmerzens- und Erlösungsmusik.

Glaubt man nun auch noch der Beobachtung mehrerer Kritikerkollegen, die am Vorabend in der Staatsoper einen bescheiden musizierten und gesungenen Gründonnerstags-„Parsifal“ wahrgenommen haben, so wird das in Niederösterreich Gebotene noch herausragender.

Die Tonkünstler vor allem, in dieses Repertoire nicht eingearbeitet, lassen keine Sehnsucht nach szenischer Umsetzung aufkommen. Diese Art dynamischer Feinarbeit, präziser Steigerungsdramaturgie und delikater Farbgebung vermisst man im Repertoirealltag oft. Dabei machen gerade sie Entäußerung erst möglich! Der österreichische Dirigent Roberto Paternostro ist ein wahrer Wagner- und Strauss-Spezialist. Er ist an diesem Abend nach drei Leidensjahren, in denen er dem Tod bisweilen näher als dem Leben war, in den Beruf zurückgekehrt. Aber es bedarf dieser Subtexte nicht, um mit dem begeisterten Publikum festzustellen, dass hier Außerordentliches geleistet wurde.

Auch der Besetzung ist nur Gutes zu attestieren. Wahrscheinlich hat die am Vorabend in der Staatsoper aufgebotene Elina Garanca Kundrys Ansuchen „dienen, dienen“ noch glaubhafter vorgebracht als die Choristin in Grafenegg. Allerdings beschränkt sich der Anteil der herausfordernden Partie am dritten Akt auf eben diesen Beitrag.

Deshalb ist festzuhalten, dass der jetzt auch ins schwerste Heldenfach tendierende Klaus Florian Vogt als Parsifal heute keinen Konkurrenten hat. Dass Stephen Millings Gurnemanz an Wärme, Fülle und Innigkeit nicht leicht einzuholen ist. Dass der Bayreuth-erfahrene Australier Derek Welton ein schlicht sensationeller Amfortas ist.

Auch als prinzipienabstinenter Konfessionsverweigerer darf man das feststellen.

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