Mona Greussing:

„Ich habe das Gefühl, dass mir alles offen steht“

Vorarlberg
24.03.2024 11:55

Was treibt junge Menschen an, wie blicken sie auf die Welt? In seiner Reihe „Wir sind nicht so!“ sucht Robert Schneider das Gespräch mit Jugendlichen. Kürzlich traf er Mona Greussing.

Die junge Frau, die mir gegenübersitzt, strahlt Lebensfreude und Zuversicht aus. Mit ihren grau-grünen Augen beobachtet sie mich aufmerksam. Sie ist sehr schnell im Kopf, unkompliziert, und sie erzählt gern. Im breitesten Bregenzerwälder Dialekt. Im Gespräch nennt sie ihren Vater noch „Däta“. Ob ich sie eh verstehen könne, fragt sie. „Klar“, antworte ich. „Ich hatte etliche Tanten im Bregenzerwald.“ Mona Greussing besucht derzeit noch die Bezauer Wirtschaftsschulen und wird jetzt im Frühjahr maturieren. Angst vor der Matura habe sie keine. Es sei halt eine große Menge an Stoff, die da auf sie zukomme. „Aber das wird schon“, lacht sie und sticht mit der Gabel genüsslich in den Zwetschgenkuchen mit Schlagobers.

Robert Schneider: Erzählen Sie mir ein wenig von Ihrem Hintergrund. Wo sind Sie aufgewachsen? Was machen Papa und Mama?
Mona Greussing: Ich komme aus Bizau, einem kleinen, versteckten Dörfchen, wo es wunderschön ist. Dort kennt natürlich jeder jeden, was ich nie als unangenehm empfunden habe. Die Eltern sind auch in Bizau aufgewachsen, also ich bin in eine richtige Großfamilie eingebettet. Meine ältere Schwester und ich waren viel bei der Oma. Meinen Eltern war es immer sehr wichtig, dass wir in diese Gemeinschaft der Verwandten eingebettet sind. Mein „Däta“ ist Bürgermeister von Bizau, und die Mama arbeitet als Sekretärin beim Fleischwarenhersteller Broger, ebenfalls in Bizau.

Das heißt, ihr wart viel draußen in der freien Natur?
Ja. Ich habe es gehasst, diese Wanderungen. Immer dieselben Wege. Entweder war es zu heiß oder zu kalt. Erst heute lerne ich schätzen, wenn man nicht nur vor dem Bildschirm sitzt…

Was habt ihr als Kinder gespielt?
„Mensch ärgere dich nicht.“ Mit meiner Oma.

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Ich habe es gehasst, diese Wanderungen. Erst heute lerne ich schätzen, wenn man nicht nur vor dem Bildschirm sitzt…

Mona Greussing

Und wahrscheinlich geflunkert, was das Zeug hielt?
Überhaupt nicht! Ich habe halt meistens gewonnen. Vielleicht hat sie mich auch gewinnen lassen, und ich habe es nicht gemerkt.

Wann haben Sie zum ersten Mal ein Handy bekommen?
Ich glaube, mit elf. Aus Fairnessgründen, weil meine Schwester schon eins hatte und meine Eltern wissen wollten, wo ich bin.

Sie haben gemeinsam mit Ihrer Kollegin Elena Feurstein den ersten Platz in der öffentlichen Präsentation der Diplomarbeiten an den BWS gewonnen. Gratuliere! Wovon handelte die Arbeit?
Sie heißt „Zurück zur Natur – wie können Heilkräuter heute verwendet werden?“ Wir haben sogar ein gesundheitsförderndes Produkt entwickelt, das man schluckweise trinken kann…

Zu meiner Zeit hieß das Kräuterschnaps, wovon man dann betrunken war.
(Sie lacht) Psst! Aber nicht weitersagen... Nein, nein, wir waren schon seriös.

Wissen Sie schon, was Sie studieren möchten?
Jein. Zuerst einmal möchte ich ein Jahr lang arbeiten gehen, weil ich einfach das Berufsleben kennenlernen will. Außerdem gibt es so viele Studienmöglichkeiten, dass ich oft ein wenig ratlos bin, was ich wirklich studieren möchte. Eines ist auf jeden Fall klar: Ich möchte meinen eigenen Arbeitsalltag gestalten können und selbstständig Projekte entwerfen. Ich bin sehr freiheitsliebend.

Stichwort ChatGPT. Haben Sie davon in Ihrer vorwissenschaftlichen Arbeit reichlich Gebrauch gemacht?
Ja und Nein. Ich habe es oftmals benutzt, um gewisse Formulierungen anders zu gestalten als eine Art Vorschlag-Tool. Aber was ChatGPT sicher nicht kann, ist, deine individuellen Gedankenverläufe nachzuempfinden. Das kann es einfach nicht. Es ist ein gutes Hilfsmittel. Mehr aber auch nicht. Jedenfalls jetzt noch nicht.

Sind Sie ein politisch denkender Mensch?
Würde ich schon sagen. Ich bin bei uns an der Schule in der Schülervertretung sehr aktiv, auch im Verein Schülerunion, der sich dafür einsetzt, das Schulsystem zu verbessern. Ich bin zum Beispiel richtig stolz darauf, dass wir an unserer Schule gratis Menstruationsartikel für unsere Schülerinnen durchsetzen konnten. Das belächelt man vielleicht, aber es war für mich ein wirkliches Erfolgserlebnis, das umzusetzen und auch zu sehen, dass es funktioniert.

Sind Sie Klimaaktivistin? Kleben Sie?
Das jetzt gerade nicht, aber ich finde, dass man dringend etwas gegen den Klimawandel unternehmen muss. Nur glaube ich nicht, dass ein Festkleben auf der Straße der sinnbringende Weg ist, obwohl ich es wirklich cool und auch mutig finde, wofür sich diese Menschen einsetzen.

Wie sollen Sie sonst Aufmerksamkeit generieren? Es ist ja ein gewaltloser Widerstand. Ich denke da an meine Generation, an die RAF in Deutschland. Die haben zu offener Gewalt aufgerufen.
Es wird halt kontraproduktiv, wenn mehr Unwillen und Zorn erzeugt werden, anstatt Verständnis. Ich glaube, dass da die sozialen Netzwerke, die heute so gewaltig sind, noch viel mehr ausgeschöpft werden müssten.

Hat sich durch das korrekte Gendern etwas im Umgang zwischen Jungen und Mädchen an Ihrer Schule geändert?
Ich finde schon.

Einem Mädchen hinterherpfeifen ist also ein No-Go?
Es gibt natürlich noch immer die Einstellung: Wir sind die Herren der Schöpfung. Das hängt oft mit der Erziehung im Elternhaus zusammen. Dennoch habe ich das Gefühl, dass die Akzeptanz gerade in Sachen sexueller Orientierung viel offener geworden ist, auch in den sozialen Medien. Und das ist auch wichtig und gut.

Sie haben mir einen Gegenstand mitgebracht, der Ihnen sehr viel bedeutet. Ist das ein E-Book?
Ja, ein „Kindle“. Den habe ich schon ewig lang. Ich habe als Kind extrem viel gelesen. Meine Mama sagte, dass sie es satt hat, alle meine Bücher hin- und herzuräumen. So habe ich ein E-Book bekommen. Das habe ich jetzt schon zehn oder zwölf Jahre, und es ist wie ein Schatz an Erinnerungen, weil alle Bücher darauf gespeichert sind. Nur einmal ist es abgestürzt. Alles war weg. Das war schrecklich. Zum Glück konnte man es reparieren.

Mit welchem Gefühl blicken Sie in die Zukunft?
Motiviert, würde ich sagen. Ich habe das Gefühl, dass mir nach der Matura alles offen steht, und darauf bin ich so gespannt. Ein tolles Gefühl!

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