Im Gespräch mit Chantal Bamgbala kommt zutage, wie tief Rassismus in Gesellschaft und Struktur verankert ist. Als erste Woman of Color bekam sie für ihr Engagement für eine offenere Gesellschaft in ganz Österreich den Kärntner Menschenrechtspreis 2023 verliehen.
Geboren in Wolfsberg, aufgewachsen in St. Andrä, Fachschule Ehrental, Matura an der HTL Ferlach, Studium der Angewandten Kulturwissenschaft an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und seit einem Jahr in Wien, um internationale Entwicklung zu studieren - eigentlich ein ganz normaler Lebenslauf.
Wenn da nicht, ja, wenn da nicht die Hautfarbe wäre, die manche Menschen in Kärnten noch immer und immer wieder dazu hinreißen lässt, sich rassistisch zu äußern oder sie sogar anzuspucken: Chantal Bamgbala ließ sich dies allerdings nicht bieten und zog vor Gericht. Ein Mann hatte sie regelmäßig mit Aussagen wie „geh Kakaobohnen pflücken“ und Ärgerem belästigt.
Der Grund für ihre Antirassismus-Workshops
Der Prozess im Jahr 2020 hinterließ allerdings die bittere Erkenntnis, dass Rassismus tiefer sitzt, denn es konnte kein Gesetz gefunden werden, welches Diskriminierung auf offener Straße verbietet. „Dies war auch ausschlaggebend für mich, Antirassismus-Workshops zu machen“, erzählt die couragierte Studentin im Gespräch mit der „Krone“.
Rassismus ist nichts Außergewöhnliches, man lebt als People of Color permanent damit.
Chantal Bamgbala
Die mediale Aufbereitung dieser Causa verärgerte die 25-Jährige: „Es entstand der Eindruck, als beträfe es nur diesen einen Mann und mich - doch es ist nichts Außergewöhnliches, man lebt als Person of Color permanent damit.“ Aber auch die Medien und deren Verantwortung thematisiert Bamgbala, denn sie seien „mit Schuld, wenn sich etwa durch falsche Bezeichnungen Bilder einprägen.“ In Sachen Politischer Korrektheit habe sie die Erfahrung gemacht, „dass vor allem Erwachsene Angst haben, etwas Falsches zu sagen.“ Grundsätzlich „braucht es Offenheit“, worin Kärnten noch sehr nachhinke.
In ganz Österreich ist die gebürtige Lavanttalerin unterwegs, um mit Workshops aufzuklären und erreichte bislang an die 2000 Schülerinnen und Schüler. In Salzburg gestaltete sie eine mehrtägige Fortbildung zu Anti-Rassismus-Kompetenzen, und ihr Projekt „Black Voices“ hat einen nationalen Aktionsplan gegen Rassismus in Österreich zum Ziel.
Festival für die Diversität
Am Klagenfurter Kardinalplatz organisierte die sympathische junge Frau seit 2020 das „African Diaspora Festival“, um in offener Atmosphäre die Diversität in Österreich mit Musik, Streetfood und Tanz zu leben. Stetig wachsend, feierten im letzten Juli über 1000 Menschen jeden Alters mit, doch die Förderbedingungen machen eine Weiterführung unmöglich: „Ich müsste tausende von Euro vorstrecken, und die Stadt Klagenfurt fördert gar nicht.“
Viele Begriffe der Politischen Korrektheit kommen aus dem Englischen, da sie internationale Bedeutung haben und in Übersetzungen oft nicht funktionieren.
People of Color bzw. Person of Color/PoC: ist eine selbst gewählte Bezeichnung von verschiedensten Menschen, die sich als nicht-weiß definieren.
BIPoC (Black, Indigenous, and People of Color): ist ein Begriff, der sich auf Schwarze, Indigene und People of Color bezieht. Mit dem Begriff sollen explizit Schwarze und indigene Identitäten sichtbar gemacht werden, um Antischwarzem Rassismus und der Unsichtbarkeit indigener Gemeinschaften entgegenzuwirken.
Die engagierten Aktivitäten von Chantal Bamgbala blieben nicht unbemerkt - sie wurde für den Kärntner Menschenrechtspreis 2023 nominiert und bekam diesen am 9. Dezember gemeinsam mit Radio Agora von Landeshauptmann Peter Kaiser überreicht. Stolz auf den Preis, wird sie ihre Hälfte der dotierten 10.000 Euro für eigene Trainings-Fortbildungen aufwenden, um weiter an einem „guten gemeinschaftlichen Zusammenleben“ arbeiten zu können.
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