Harte Rüge vor Gericht

Polizist riss Klimaaktivistin an den Haaren

Vorarlberg
09.08.2023 11:55

Mehrfach erfolgreich war Marina Hagen-Canaval von Extinction Rebellion Vorarlberg mit ihrer Beschwerde am Vorarlberger Verwaltungsgericht gegen einen Polizisten. Ein Verfassungsschutz-Beamter hatte sie am 14. Dezember 2022 bei einer Protestaktion im Vorarlberger Landtag brutal an den Haaren zu Boden gerissen - dafür gab es jetzt eine deftige richterliche Rüge.

Am 14. Dezember 2022 unterbrach eine Gruppe von Extinction Rebellion Vorarlberg auf der Zuschauertribüne des Vorarlberger Landtags die laufende Sitzung und die Aktivistin Marina Hagen-Canaval las ihrerseits eine Rede vor. Ein Verfassungsbeamter riss sie daraufhin an einem Arm und ihren Haaren zu Boden. Hagen-Canaval legte gegen diesen rauen Umgang Beschwerde ein und bekam nun Recht.

Kritik an brutalem Vorgehen
Das Vorarlberger Verwaltungsgericht erklärte die Maßnahme für rechtswidrig und rügte das respektlose und herabwürdigende Vorgehen des Beamten scharf. Dieser wäre nicht befugt gewesen, einzugreifen. Sein übereifriges Vorgehen sei ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung. Darüber hinaus habe er durch den Einsatz von körperlicher Gewalt gegen „zentrale Richtlinien für Sicherheitsorgane in einem Rechtsstaat“ verstoßen. Und nicht zuletzt sei Marina Hagen-Canaval durch sein herabwürdigendes Verhalten in ihrer Menschenwürde verletzt worden - vor allem, weil er eindeutig gewalttätig gegen sie als Frau handelte, indem er sie an ihren Haaren zog.

„Inakzeptable Gewalt“
Die Vorarlberger Polizei versuchte in ihrer Verteidigungsstrategie, Hagen-Canaval wegen der „offenen Tragweise“ ihrer Haare eine Teilschuld zu geben. „Was ist denn bitte eine adäquate Frisur, um von der Polizei nicht misshandelt zu werden?“, entrüstete sich die 27-jährige Aktivistin. Für sie ist die „inakzeptable Gewalt durch den Verfassungsschutzbeamten“ auch ein Zeichen dafür, dass die Klimabewegung generell von staatlichen Organen abgelehnt werde. 

Staatsorgane müssen aber, vor allem wenn sie Zwangsmittel anwenden, strikt neutral sein. Das Gericht stellt dazu fest: „Gerade bei politisch sensiblen Themen, wie hier die politische Äußerung zum Klimawandel, ist es essenziell, dass Polizeibeamte alles vermeiden, was als Voreingenommenheit (...) aufgefasst werden könnte. Die konkrete Vorgehensweise (...) kann den Anschein erwecken, der Polizeibeamte hätte die Beschwerdeführerin nur deswegen weiterhin an den Haaren gezogen, weil sich diese politisch aktiv betätigt hat.“ Die Kosten des Verfahrens trägt die Vorarlberger Polizei. 

Zitat Icon

Was ist denn bitte eine adäquate Frisur, um von der Polizei nicht misshandelt zu werden?

Marina Hagen-Canaval

Landespolizeidirektion mit Urteil nicht einverstanden
Die Landespolizeidirektion (LPD) hat mit dem Spruch des Verwaltungsgerichts indes keine große Freude. In einer Stellungnahme gegenüber der „Krone“ heißt es: „Die LPD ist nach wie vor der Meinung, dass das Einschreiten korrekt und der Situation angepasst war. Das unbeabsichtigte Verfangen von Haaren im Zuge einer polizeilichen Körperkraftanwendung lässt sich nicht in jedem Fall verhindern und ist nicht geeignet, hier eine Voreingenommenheit zu begründen.“ Zudem hätten auch unbeteiligte Besucher der Landtagssitzung das Einschreiten des Beamten, der im Übrigen „ein umsichtiger, höflicher und professionell agierender langjähriger Mitarbeiter“ sei, als „äußerst zurückhaltend gelobt“. Die Landespolizeidirektion prüft nun den Gang zum österreichischen Verwaltungsgerichtshof.

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