Am 1. Mai 1873 wurde im Prater die Weltausstellung eröffnet. Ein interessanter Spaziergang mit einer Fremdenführerin in Wien zum 150-Jahre-Jubiläum!
Die Weltausstellung bescherte Wien einen Boom an neuen Hotels, die zum Teil bis jetzt bestehen – wie zum Beispiel das Hansen Kempinski oder das Hotel Imperial – und die noch immer faszinieren. Damals, als Wien etwa eine Million Einwohner zählte und sich etwa 20 Millionen Gäste für dieses Ereignis erhoffte, begann bei uns der moderne Städtetourismus. Wir treffen Fremdenführerin Ilse Heigerth beim Palais Hansen. Das denkmalgeschützte Gebäude zählt zu den historischen Prachtbauten auf der berühmten Ringstraße. Es wurde von Theophil Hansen, einem Stararchitekten seiner Zeit, gebaut und beherbergt seit 10 Jahren ein Luxushotel (bis zum Jahresende noch Kempinski) mit 152 Zimmern und Suiten. Die Kombination von gelebter Geschichte und modernem Lebensgefühl ist bei internationalen Gästen beliebt; Einheimische sind sowohl in den Restaurants, im Day Spa, beim Afternoon Tea, der wie in vielen Luxushotels gepflegt wird, oder am 13. April beim Tag der offenen Tür willkommen.
Mit der Straßenbahn geht es ein paar Stationen auf der Ringstraße weiter zum Weltmuseum. Während der Fahrt ruft uns Ilse in Erinnerung, dass damals auch Infrastruktur entstand, sogar ein eigener Weltausstellungsbahnhof wurde im 233 Hektar großen Ausstellungsgelände im Prater geschaffen. Es war übrigens die fünfte Weltausstellung und die erste im deutschsprachigen Raum. Die Habsburger-Metropole wollte zeigen, dass man noch immer großen Einfluss besaß, man den damaligen Weltstädten Paris und London, wo die vorherigen Ausstellungen angesiedelt waren, in nichts nachstand. Die Eintrittspreise waren mit einem Gulden (etwa 13 € umgerechnet) so gestaltet, dass es sich auch die „normalen“ Leute leisten sollten – nur am Eröffnungstag war es mit 25 Gulden immens teurer. Am 1. Mai regnete es, das ganze Gelände war schlammig, der Andrang demgemäß nicht groß. Die Weltausstellung stand unter keinem guten Stern, nicht nur das Wetter war schlecht, auch der Börsenkrach vom 9. Mai und eine letzte Choleraepidemie waren dafür verantwortlich, dass nur etwa sieben Millionen Besucher kamen, die meisten übrigens am letzten Tag, am 2. November 1873.
Für die Weltausstellung waren 8 Millionen Gulden budgetiert, gekostet hat sie das Doppelte (etwa 219 Millionen €). Nach kaiserlichem Beschluss entstand eine Planstadt von gewaltigem Ausmaß im Prater. Das größte Gebäude war der fast ein Kilometer lange Industriepalast mit der zentralen Rotunde, die einen Durchmesser von 108 m hatte und 8000 m2 Ausstellungsfläche aufwies. 35 Nationen stellten in 194 Pavillons aus, es gab sogar schon WCs – nur zum Vergleich, diese moderne und revolutionäre Hygieneeinrichtung wurde in Schönbrunn erst um 1900 eingeführt. Die Rotunde, erbaut aus Stahl, Holz und Gips, wurde zum neuen Wahrzeichen. Sie brannte übrigens 1937 ab, von den Pavillons gibt es noch drei – einer ist die Meierei, heute ein Café, damals eine American Bar.
ANGEBOT:
Wien-Reise ab 108 € p. P. im Doppelzimmer; Bahnfahrt 2. Klasse z. B. ab/bis Salzburg im Tagzug nach Wien und zurück + 1 Nacht inklusive Frühstück im Star Inn Hotel Premium Wien Hauptbahnhof, gültig z. B. 8. 7.-9. 7. 23. Buchungen unter Tel. 01/899 30, info@railtours.oebb.at oder auf railtours.at unter „MyRailTour“
ORIENT UND JAPAN IM WELTMUSEUM
Eine wahre Sensation damals allerdings war, dass Japan teilnahm und sich erstmalig der Weltöffentlichkeit präsentierte; etwa 6000 Objekte wurden nach Wien geschickt, so wurden zum Beispiel Sojabohnen als Nahrungsmittel vorgestellt oder schöne Lackarbeiten, man führte sogar die Technik vor. Heute kann man im Japan-Saal des Weltmuseums viele Gegenstände besichtigen, die damals ausgestellt wurden und wo heute ein Kleber „Vision und Aufbruch“ auf der Vitrine auf die Weltausstellung hinweist. Nicht nur Japan öffnete sich, auch Marokko, Ägypten, Tunesien, das Osmanische Reich und Persien stellten aus. Der Einfluss des Orientalischen beeinflusste die Kunst, Kunsthandwerk breitete sich in Europa und Wien aus (Wiener Werkstätte). Es entstand ein regelrechter Hype um die fernöstliche Ästhetik, auch Gustav Klimt wurde inspiriert.
MANUFAKTUREN UND HOFLIEFERANTEN
Nächste Station ist das Café Landtmann, das 1873 seine Pforten öffnete und sich für eine Mittagspause wunderbar eignet, bevor es weiter zu den Wiener Traditionsbetrieben geht, die damals ausstellten und auch heute noch einzigartig sind. Am Neuen Markt befindet sich das Stammgeschäft der Juweliere A. E. Köchert. Berühmt sind die für Kaiserin Elisabeth entworfenen „Sisi-Sterne“, die Kaiser Franz Joseph seiner Frau zum ersten Hochzeitstag übergab und die Franz Xaver Winterhalter in einem Gemälde unsterblich gemacht hat.
MOTTO: KUNDE WAR UND IST KAISER
„Früher waren wir stolz darauf, dem Kaiser und seiner Familie dienen zu dürfen. Heute dienen wir jedem Kunden, als wäre er der Kaiser höchstpersönlich.“
Ein ganz besonderer Familienbetrieb, der heuer sein 200-Jahre-Jubiläum feiert und auch einst k. u. k. Hoflieferant war, ist die Firma Lobmeyr. Im Geschäft treffen wir Andreas Rath, einer der Geschäftsführer, die heute in der sechsten Generation für die zeitlos schönen Gläser, Spiegel und Kristallluster zuständig sind. Egal, ob es sich um alte oder neue Entwürfe handelt, es ist ein Fest für die Augen, sich hier umzusehen. Ein prächtiger Spiegel erinnert an die Weltausstellung, es ist lebendige Geschichte, die einem im Stammhaus in der Kärntner Straße 26 begegnet. Ein kleines Museum wird gerade umgebaut. Ob in Schlössern der europäischen Königshäuser oder in der Met (Metropolitan Opera) in New York, es funkeln die Luster aus Wien!
Wir müssen weiter in die Kärntner Straße 51, wo wir beim Gerstner, dem ehemaligen k. u. k. Hofzuckerbäcker, die Spur der Geschichte aufnehmen, denn das Traditionshaus hatte bei der Weltaus-stellung 1873 das Catering gemacht, was damals als Außer-Haus-Geschäft bezeichnet wurde. Im repräsentativen Palais Todesco gegenüber der Oper kann man heute die Gerstner Torte im schönen Rahmen genießen. Die legendäre Pariser Weltausstellung 1867 bescherte der Welt den Eiffelturmund Anton Gerstner eine Goldmedaille für seine Patisserie-Kreationen. Das inspirierte den Zuckerbäcker, mit der Pariser Creme zu experimentieren, und voilà – die Gerstner Torte wird auch heute noch geschätzt.
TIPP: Sisi-Veilchen – echte Veilchenblüten nach Gerstners Originalrezept kandiert und als Lieblingssüßigkeit der Kaiserin Elisabeth bekannt.
HOTEL IMPERIAL AUF DER WIENER RINGSTRASSE
Unser Spaziergang führt uns abschließend in ein ganz besonderes Hotel, erbaut als Stadtpalais für den Herzog von Württemberg, der es allerdings nicht lange selbst nutzte, sondern bald weiterverkaufte, sei es weil der neu gebaute Wiener Musikverein ihm die freie Sicht auf den Wienfluss genommen hatte oder – wahrscheinlicher – weil die Ringstraße damals noch eine große, laute und staubige Baustelle war. Wie auch immer, am 28. April 1873 wurde es als neues Hotel pünktlich zur Wiener Weltausstellung in Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth feierlich eröffnet und wird bis heute – ein Intermezzo in der Besatzungszeit als Quartier für die sowjetischen Streitkräfte ausgenommen – als Luxus-Hotel genutzt. Staatsgäste logieren im Imperial, viele Prominente, das Gästebuch liest sich wie ein Who’s who der Geschichte, eine Aufzählung würde den Rahmen sprengen. Michael Moser, der 31 Jahre lang der Concierge des Imperial war und heute in seiner Pension gerne an seine Wirkungsstätte wiederkommt, kann viel erzählen, und wer Glück hat, erlebt eine spannende Hausführung mit ihm und seinen unzähligen Anekdoten – übrigens kostenlos, es reicht, wenn man dann in einen Kaffee, der nur 50 Cent über dem normalen Preis liegt, und vielleicht in ein Stück Imperial-Torte investiert. Also bitte keine Schwellenangst vor dem vielleicht luxuriösesten Hotel der Welt, einfach in dem prächtigen Ambiente einen Afternoon Tea genießen!
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