Gemeinsame Überwachung

Russland und Ukraine bei Getreideexport einig

Ausland
22.07.2022 16:36

Russland und die Ukraine haben mit den Vereinten Nationen und der Türkei eine Lösung für die Ausfuhr von Millionen Tonnen Getreide aus dem Kriegsland Ukraine vereinbart. Sowohl Russland als auch die Ukraine unterzeichneten am Freitag in Istanbul getrennt voneinander entsprechende Abkommen unter Vermittlung von UN-Generalsekretär Antonio Guterres. Durch die Abfuhr von Getreide werden auch wieder dringend benötigte Lagerkapazitäten für die heurige Ernte frei (siehe Video oben).

Das Abkommen „eröffnet den Weg für umfangreiche kommerzielle Lebensmittelexporte aus drei entscheidenden ukrainischen Häfen am Schwarzen Meer - Odessa, Tschornomorsk und Juschnyj“, sagte Guterres. „Dies ist eine Einigung für die Welt“. Die Verschiffung von Getreide und Lebensmittelvorräten auf die Weltmärkte werde dazu beitragen, „die globale Versorgungslücke bei Lebensmitteln zu schließen“, und die weltweiten Nahrungsmittelpreise zu stabilisieren. „Es wird den Entwicklungsländern am Rande des Bankrotts und den am meisten gefährdeten Menschen am Rande einer Hungersnot Erleichterung bringen“, so Guterres.

Gemeinsame Überwachung unter UNO-Führung
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der ebenfalls bei der Zeremonie anwesend war, nannte den Tag „historisch“. Milliarden von Menschen werde der nun besiegelte Getreide-Deal vor Hunger bewahren. Die Ukraine zählte vor dem russischen Angriffskrieg zu den wichtigsten Getreideexporteuren der Welt. Die Ausfuhr von Korn soll jetzt von den Konfliktparteien unter UNO-Führung gemeinsam überwacht werden.

Konkret wurde nun nach UN-Angaben ein humanitärer Korridor zwischen der Ukraine und dem Bosporus - der Meerenge zwischen Schwarzem Meer und Mittelmeer. Demnach wird der Export von einem gemeinsamen Koordinationszentrum mit Vertretern der Vereinten Nationen, Russlands der Ukraine sowie der Türkei in Istanbul überwacht. Ein ranghoher UN-Funktionär nannte das Zentrum den „Herzschlag der Operation“.

Schiffe sollen durchsucht werden
Zudem einigten sich die Parteien den Angaben zufolge darauf, dass Schiffe mit dem Ziel Ukraine zunächst in Istanbul durchsucht werden, um sicherzustellen, dass sie keine Waffen oder Ähnliches geladen haben. Eine weitere Kontrolle solle es dann in der Türkei geben, wenn die Schiffe aus der Ukraine kommend das Schwarze Meer wieder verlassen wollen. Damit solle sichergestellt werden, dass ausschließlich Getreide an Bord ist. Das war eine Bedingung Russlands gewesen.

Schiffe in dem humanitären Korridor und die beteiligten Häfen dürften dabei nicht angegriffen werden. Dieser Punkt wird in New York so interpretiert, dass an diesen strategisch wichtigen Orten - zum Beispiel im Hafen Odessas - faktisch eine Waffenruhe gelten soll. Das Abkommen soll den Angaben zufolge zunächst für vier Monate gelten. Der UN-Funktionär machte aber deutlich, dass eine Verlängerung bis zum Ende des Krieges angestrebt werde. Die Umsetzung des Abkommens - und damit die Ausfuhr von Nahrungsmitteln aus der Ukraine - könnte nach UN-Angaben noch einige Wochen dauern.

EU fordert schnelle Umsetzung
„Dieses Abkommen kann Millionen von Menschen auf der ganzen Welt zugutekommen“, schrieb EU-Ratspräsident Charles Michel am Freitag auf Twitter. Die konsequente Umsetzung sei nun von größter Bedeutung. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach von einem „Schritt in die richtige Richtung“. Zugleich forderte er, das Abkommen schnell umzusetzen. Die EU sei entschlossen, den Export von ukrainischem Getreide zu unterstützen. „Durch Russlands illegale Invasion in die Ukraine sind Millionen von Menschen vom Hunger bedroht.“ Michel und Borrell dankten den Vereinten Nationen und der Türkei für ihre Bemühungen um Vermittlung bei der Vereinbarung.

Nehammer: „Erfolge sind möglich, auch wenn sie Zeit brauchen“
Erfreut über die Einigung zeigte sich auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP): „Das ist ein wichtiger Schritt, der unter großer Anstrengung aller Seiten erreicht werden konnte. Die Vereinbarung zeigt, dass der stetige Dialog und das Ringen um Lösungen auch in so schwierigen Situationen wesentlich sind. Denn Erfolge sind möglich, auch wenn sie Zeit brauchen. Wir müssen eine weltweite Hungerkrise mit aller Kraft verhindern und alles dafür tun, dass die Millionen von Tonnen an Getreide, Mais und Ölsaaten exportiert werden können.“

„Exporte überlebenswichtig“
Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) begrüßte die Vereinbarung. „Die Einigung zwischen den Vereinten Nationen, der Türkei, Ukraine und Russland ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Dadurch kann wieder mehr ukrainisches Getreide exportiert werden“, erklärte er in einer Aussendung. „Aktuell liegen rund 20 Mio. Tonnen Getreide in den ukrainischen Schwarzmeer-Häfen. Diese Ernte muss jetzt so schnell wie möglich in die Zielländer kommen, damit drohende Hungerkatastrophen abgewendet werden können“, so Totschnig. „Das ist vor allem für die Lebensmittelversorgung im Nahen Osten und afrikanischen Ländern überlebenswichtig.“

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