„Bereits durchgeplant“

Kein Platz für ukrainische Künstler auf Benefiz

Niederösterreich
09.04.2022 06:00

Eine geflüchtete ukrainische Artisten-Familie, die bei Freunden in der Nähe von Baden untergekommen ist, ist enttäuscht: Sie würde wahnsinnig gerne beim Benefizkonzert im Stadttheater der Bezirkshauptstadt auftreten und auf ihre Situation aufmerksam machen. Doch für die Ukrainer ist kein Platz auf der Bühne, bei der unter dem Motto „Give Peace a Chance“ Geld für betroffene Kriegsopfer sammelt. Man sei „inhaltlich durchgeplant“, ließ der Veranstalter wissen, dass für Betroffene kein noch so kleiner Zeitslot mehr frei sei. 

Das Benefizkonzert im Stadttheater Baden soll laut Website „ein klares Zeichen für Hilfsbereitschaft und Solidarität“ leisten - doch für tatsächlich Betroffene der russischen Invasion ist kein Raum vorgesehen. Die Top-Artistenfamilie war vor zwei Wochen aus der Hauptstadt Kiew - mit ihrer siebenjährigen Tochter Alisa und dem vier Monate altem Sohn Makar - geflüchtet und hat einen großen Wunsch: Ihre Arbeit als Künstler auch in dem Land, in das sie geflüchtet sind, fortsetzen zu können.

Denn in ihrer Heimat sind Ievgeniia und ihr Mann Mikhail Sozonov gefeierte Stars, die auch regelmäßig auch im Fernsehen Auftritte hatten. Doch die Organisatoren des Benefizkonzertes sind auf das Talent der Artistenfamilie offenbar nicht angewiesen. Auf eine entsprechende Anfrage, die ein Freund der Familie stellte, kam lediglich die Antwort, das Konzert sei „inhaltlich bereits voll durchgeplant“. Auch das Angebot der Flüchtlinge, ein paar Minuten ihre persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse aus erster Hand zu schildern, wurde abgelehnt.

„Ihre Kunst ist das einzige, das ihnen geblieben ist“
Florian Karlreiter, ein Freund der Familie, unterstützt die Artisten schon seit Beginn ihrer Flucht an. „Wenn ich ein Benefizkonzert mache und da ist für Flüchtlinge inhaltlich kein Platz, dann läuft der Hase komplett in die falsche Richtung“, ärgert sich der Wiener. Er versucht, die Familie zu unterstützen und hat auch ein Schreiben an die Sängerin Christina Stürmer geschrieben, ob sie ein paar Minuten ihrer Bühnenzeit opfern könnte. „Ihre Kunst ist das einzige, das ihnen geblieben ist“, will Karlsreiter, der auch in Pfaffstätten wohnt, nicht aufgeben.

Sicherer Ort vor Bomben: Kinder mussten in Badewanne schlafen
Die Familie ist sehr schweren Herzens aus ihrer Heimat geflüchtet und wartete bis zum letzten Moment zu. „Die Entscheidung zur Flucht trafen wir, als wir durch das permanente Bombardement gezwungen waren, unsere Kinder in der Badewanne zu Bett zu bringen, um sie vor allfälligen Querschlägern oder Bombensplittern möglichst gut zu schützen“, so Mikhail, was den Ausschlag zur Flucht gab. Jeder konnte nur eine kleine Tasche mitnehmen - sogar die Großmutter der Kinder und den Familienhund mussten sie in der Ukraine zurücklassen. „Die Oma hat uns erzählt, dass sich durch die Bombardierung des Einkaufcenters die Möbel um ein paar Zentimeter angehoben hatten. Da wussten wir, es war vernünftig, zu fliehen“, schildert Ievgeniia die dramatische Lage.

„Jedes Mal, wenn wir Bilder von zerstörten Städten, Dörfern und getöteten Zivilisten sehen, sind wir der Verzweiflung nahe“, so Mikhail. Sie hoffen, dass sie so schnell wie möglich wieder nach Hause zurückkehren können. „Wir warten ungeduldig auf den Tag, an dem wir mit dem Aufbau unserer Heimat beginnen können“, zeigt die Familie, dass sie ihren Optimismus noch nicht verloren hat.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Niederösterreich



Kostenlose Spiele